Untersuchung von lebensmittelbedingten Erkrankungsfällen und Ausbruchsgeschehen

Hintergrund

Die Aufklärung von lebensmittelbedingten Erkrankungsfällen oder insbesondere auch von größeren Ausbruchsgeschehen erfordert eine intensive Zusammenarbeit von Lebensmittelüberwachung, Humanmedizin und Veterinärmedizin. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) vereint diese Fachdisziplinen unter einem Dach. Zur Koordinierung der betroffenen Fachbereiche des LGL und zur Unterstützung der Vor-Ort-Behörden im Rahmen von lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüchen wurde die Fachgruppe Zoonosen zum 1. Januar 2018 etabliert. Ein Instrument hierfür ist der seit mehr als zehn Jahren am LGL etablierte, regelmäßig stattfindende fachliche Austausch zur Ausbruchskoordination. Dabei werden alle am LGL vorliegenden Erkenntnisse der Gesundheitsämter, Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärbehörden sowie relevante Untersuchungsergebnisse aus den Laboren oder Ermittlungsergebnisse anderer Behörden wie zum Beispiel dem Robert Koch-Institut (RKI) oder dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zusammengeführt. Aktuelle Fälle analysiert das LGL unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Sichtweisen, erfragt erforderliche Informationen bei den Vor-Ort-Behörden und protokolliert die Ergebnisse. Ein Fall gilt erst dann als abgeschlossen, wenn er unter Berücksichtigung der jeweils vorliegenden Untersuchungsergebnisse auch angemessen epidemiologisch aufgearbeitet ist. Ziel ist eine zielgerichtete, erfolgreiche Aufklärung lebensmittelbedingter humaner Krankheitsausbrüche und den auf diesem Wege übertragbaren Krankheiten vorzubeugen, sie frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Neben den klassisch lebensmittelbedingten Erkrankungsfällen, hervorgerufen etwa durch Salmonella spp. oder Listeria monocytogenes, hat sich die Ausbruchskoordination am LGL im Jahr 2018 auch mit eher außergewöhnlichen Ausbruchsgeschehen wie Hepatitis-A-Erkrankungsfällen befasst, die mit einer Eisdiele in Verbindung standen.

Ausbruch von Hepatitis A im Zusammenhang mit Beerenobst

Ab Mitte August 2018 wurden aus einem bayerischen Landkreis vier Fälle von Hepatitis A (HAV) Genotyp 1b gemeldet. Zwei dieser Fälle standen im Zusammenhang mit dem Verzehr von zu Erdbeersoße und Erdbeereis verarbeitetem Tiefkühl-Beerenobst in einer Eisdiele. In einem weiteren Fall hat die epidemiologische Befragung ergeben, dass die erkrankte Person frisches und tiefgefrorenes Beerenobst verzehrt hat. Der vierte Fall war ein Erkrankungsfall aus dem familiären Umfeld eines der Erkrankten. Eine chargengenaue Rückverfolgung war weder bei den Produkten aus dem betroffenen Privathaushalt noch bei den Tiefkühl-Beerenmischungen, die im Inkubationszeitraum in der Eisdiele verwendet wurden, möglich.
Die Tiefkühl-Beerenmischungen wurden über einen Händler aus Polen vertrieben, als primäres Herkunftsland kam Ägypten in Betracht.
Beerenobst (Tiefkühlware) ist als Vehikel für die Übertragung von HAV bekannt. Ausbrüche im Zusammenhang mit unterschiedlicher Tiefkühlware wurden auch aus anderen EU-Staaten (unter anderem Polen, Bulgarien) und Nicht-EU-Staaten (unter anderem Ägypten) über das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) gemeldet. Eine chargen- bzw. betriebsgenaue Zuordnung ist allerdings im Regelfall ebenso schwierig wie der labordiagnostische Nachweis in den betroffenen Lebensmitteln. Auf gemeldete HAV-Erkrankungsfälle wird weiterhin besonderes Augenmerk gerichtet. DieEU-Kommission setzt im Rahmen von Audits der Generaldirektion (DG) „Health and Food Safety“ auf präventive Maßnahmen statt auf umfassende labordiagnostische Monitoringprogramme.

Interdisziplinäre Ausbruchsworkshops

Das Wissen und die langjährigen Erfahrungen bei der Ausbruchsaufklärung am LGL fließen auch in die Aus- und Weiterbildung ein. Für Fachpersonal, welches in den Vor-Ort-Behörden im humanmedizinischen und lebensmittelhygienischen Bereich mit der Aufklärung von Ausbruchsgeschehen betraut ist, bietet das LGL regelmäßig stattfindende Workshops an. In diesen Workshops werden die unterschiedlichen Facetten der Ausbruchsaufklärung von der Diagnostik über die Epidemiologie bis hin zu praktischen Fragestellungen hinsichtlich der Entnahme von Lebensmittelproben aus allen Blickwinkeln diskutiert. An einem praktischen Fallbeispiel üben die Ausbruchsteams der Kreisverwaltungsbehörden die unterschiedlichen
Schritte einer Ausbruchsuntersuchung. Ziel der Workshops ist es, den Mitarbeitern in den Kreisverwaltungsbehörden das entsprechende Hintergrundwissen zur Aufklärung regionaler Ausbruchsgeschehen in Eigenregie zu vermitteln. Der Workshop stärkt zudem die Zusammenarbeit der interdisziplinären Teams, die mittlerweile an jeder Kreisverwaltungsbehörde für die Aufklärung lebensmittelbedingter Ausbruchsgeschehen etabliert sind.
Ein interdisziplinär zusammengestelltes Team der Ausbruchskoordination am LGL führt seit vielen Jahren auch in allen Ausbildungslehrgängen der Amtsärzte, der Amtstierärzte, der Lebensmittel- und der Hygienekontrolleure theoretische und workshop-basierte Lerneinheiten durch.
Durch die Aufnahme der Thematik „Ausbruchsgeschehen“ in unterschiedliche Schulungsprogramme des LGL wird in Bayern ein hohes Niveau bei der Ausbruchsaufklärung erreicht.



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