Aromastoffe – Schwerpunktuntersuchung 2005
Bei der Analyse und Beurteilung des Aromaprofils und einzelner Aromastoffe in Lebensmitteln standen 2005 folgende Schwerpunktuntersuchungen im Vordergrund:
- Enthält das Lebensmittel/Aroma das typische, authentische, natürliche Aroma der angegebenen Rohstoffe?
- Ist das Aroma durch synthetische Aromastoffe verstärkt?
- Sind die Höchstmengen bestimmter Aromastoffe nach Vorgabe der Aromen-Verordnung eingehalten?
- Sind sensorische Veränderungen/Wertminderungen auf Fehlaromen oder Kontaminanten zurückzuführen?
Zur Analyse wurden neben der Gaschromatographie, die Hochleistungs-Flüssigchromatographie, die Massenspektrometrie, die enantioselektive Analyse und die Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie eingesetzt.
Aromaanalytik bei Getränken und Konfitüren
Im Berichtsjahr wurden bei 292 Proben von Getränken (Wein, Bier, Spirituosen, Fruchtsaft, alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Mineralwasser) und bei 19 Konfitüren (vorwiegend Erdbeerkonfitüre) spezielle Aromauntersuchungen zur Authentizität und/oder zu Aromaveränderungen durchgeführt.
Negative Aromaveränderungen/Kontaminationen bei Getränken
In 97 Proben, überwiegend Verdachts- und Beschwerdeproben, bei denen sensorische Veränderungen bzw. Mängel festgestellt worden waren, wurde versucht, diese Abweichungen bestimmten Aromastoffen oder geruchswirksamen Komponenten (Kontaminanten) zuzuordnen. Bei den untersuchten Proben handelte es sich überwiegend um alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Mineralwässer und Biere, wobei u. a. Kontaminationen mit folgenden geruchswirksamen Substanzen nachgewiesen werden konnten: Aromatische Kohlenwasserstoffe, Mineralöl, Styrol, Pentadien, Diacetyl sowie Knoblaucharomastoffe (beispielsweise Diallyldisulfid).
Prüfung auf Aromatisierungen von Getränken und Konfitüren
Bei 122 Proben wurde geprüft, ob die Aromastoffzusammensetzung den rechtlichen Vorschriften sowie der Kennzeichnung entsprach, also ob die Erzeugnisse entsprechend den Vorschriften ohne Aromatisierung oder bei Auslobung der natürlichen Herkunft ausschließlich natürliche Aromastoffe enthielten. Es wurden in den meisten Fällen keine unzulässigen Aromatisierungen oder Zusätze naturidentischer (synthetischer) Aromastoffe nachgewiesen. So konnte zum Beispiel bei mit Rosenblütenblättern und Rosenwasser aromatisierten Erzeugnissen auf der Grundlage von Aromauntersuchungen authentischer Rosenblütenblätter über charakteristische Aromastoffe wie beta-Citronellol und Rosenoxid sowie dessen Enantiomerenverhältnis die Authentizität bestätigt werden. Auch bei der Überprüfung der Konfitüren zeigten sich keine Auffälligkeiten im Aromaprofil der untersuchten Produkte. Da eine Aromatisierung von Konfitüren nicht zulässig ist und somit nur das natürliche Aroma der verwendeten Früchte enthalten sein darf, wurde auch hier die Authentizität über die charakteristischen Enantiomerenverhältnisse ausgewählter Aromastoffe belegt.
Eine unzulässige Aromatisierung mit synthetischen (naturidentischen) Aromastoffen wurde bei einem zur Qualitätsweinprüfung angemeldeten Wein (vgl. Abschnitt: Aromatisierung mit naturidentischem Pfirsicharoma) festgestellt. Bei einem südafrikanischen Sauvignon Blanc Wein mit einer intensiven Note nach grüner Paprika wurde ein unnatürlich hoher Gehalt (150 ng/L) an 2-Methoxy-isobutylpyrazin festgestellt. Da authentische Weine aus Südafrika höchstens 15 ng/L dieses extrem geruchsaktiven, aber für die Rebsorte typischen Aromastoffes aufweisen, war von einer unzulässigen Aromatisierung des Weines auszugehen.
Drei alkoholfreie Erfrischungsgetränke und fünf Spirituosen bzw. Spirituosengrundstoffe bei denen in der Kennzeichnung auf eine Herstellung mit natürlichen Rohstoffen bzw. Aromastoffen hingewiesen worden war, enthielten überwiegend synthetische Aromastoffe (u. a. racemische gamma-Lactone bzw. alpha-Ionon).
Nachweis einer Aromatisierung von Wein mit Eichenholzschnitzeln
Seit der Genehmigung des Weinhandelsabkommens der EU mit den USA wird auch das önologische Verfahren der Zugabe von Eichenholzschnitzeln ("Chips") zur Aromatisierung – und damit der Imitation des Aromas von im Barrique oder Holzfass ausgebautem Wein – heftig diskutiert. Die Kosten für eine mehrmonatige Lagerung im klassischen Barrique-Fass (Eichenholzfass mit 225 Liter Volumen) sind aufgrund der hohen Anschaffungskosten der Fässer bei nur begrenzter Wiederverwendbarkeit im Gegensatz zur Behandlung mit Chips (Zeitraum rund vier Wochen, geringe Materialkosten) fast
20-fach höher. Während ein Zusatz von Chips in Drittländern wie den USA oder Australien ohne Kennzeichnungspflicht erlaubt ist, darf dieses Verfahren in den Mitgliedstaaten der EU bislang nicht eingesetzt werden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Verwendung von Chips auch in der EU erlaubt werden wird, um einen Wettbewerbsnachteil für in der EU beheimatete Hersteller zu vermeiden. Eine für den Verbraucher eindeutige Regelung der Kennzeichnung einer Chipsbehandlung im Gegensatz zur zulässigen, im Weingesetz definierten Bezeichnung "im Barrique gereift" steht noch aus.
Im Rahmen einer Diplomarbeit wurde daher versucht, über Aromastoffprofile die Behandlung von Wein mit Chips und Barrique zu unterscheiden. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Migration von Aromastoffen des Holzes in Versuchsansätzen mit Chips und von Vergleichsproben, die im Barrique ausgebaut wurden, zeigen Möglichkeiten auf, künftig "Chipsweine" von "Barriqueweinen" analytisch unterscheiden zu können.
Authentizitätsprüfung von Benzaldehyd in Spirituosen
Bei zehn Kirschwässern und 14 Kirschlikören wurde geprüft, ob der Aromastoff Benzaldehyd, der diesen Erzeugnissen eine oft intensive, an Marzipan erinnernde Note verleiht, natürlichen Ursprungs ist. Naturidentischer, also synthetisch hergestellter Benzaldehyd, der nach der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 für beide Spirituosenkategorien nicht verwendet werden darf, kann von natürlichem Benzaldehyd mit Hilfe der Stabilisotopentechnik über das Verhältnis der Wasserstoffisotope (?2H-Werte) unterschieden werden.
Wie aus der Abbildung "Kirschspirituosen" zu entnehmen ist, wiesen elf Proben (45,8 %) ein Isotopenverhältnis des Wasserstoffes (2H) im Benzaldehyd zwischen -128 und 90 [‰] vs V-SMOW auf, was auf den natürlichen Ursprung dieser Komponente hindeutet. Ein Kirschlikör war eindeutig unter ausschließlicher Verwendung von synthetischem Benzaldehyd hergestellt worden (?2H von +398 [‰] vs V-SMOW). Bei sieben weiteren Likören (29,2 %) lag das Isotopenverhältnis des Wasserstoffes in einem Bereich von
-44 bis +182 [‰] vs V-SMOW; dies ließ zumindest auf eine Mitverwendung von synthetischem Benzaldehyd bei der Herstellung dieser Produkte schließen. Fünf Proben konnten nicht abschließend zugeordnet werden, da die Menge an Benzaldehyd zu gering für eine gesicherte Messung war bzw. eine Überlagerung durch andere Aromakomponenten stattfand.
Insgesamt wurde bei einem Drittel der analysierten Erzeugnisse, die häufig sogar als "Edelliköre" ausgelobt waren, der Zusatz von synthetischem Benzaldehyd nachgewiesen. Wir beurteilten diese Produkte als irreführend gekennzeichnet.
Abbildung 1: Kirschspirituosen, Unterscheidung zwischen natürlichem und synthetischem Aroma