Glyphosat-Untersuchungen in Futtermittel – Ergebnisse und Risikobewertung

Allgemeines

Glyphosat ist der weltweit am häufigsten eingesetzte Herbizidwirkstoff (1) und wirkt unselektiv auf verschiedene ein- und zweikeimblättrige Pflanzen, indem es das Enzym des Aminosäurestoffwechsels 5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase hemmt, was letztlich zum Absterben der Pflanze führt. Da von der wirkweise des Herbizids auch Nutzpflanzen betroffen sein können, ist der Einsatz von Glyphosat im konventionellen Ackerbau auf die Verwendung zur Unkrautbekämpfung vor der Saat und aktuell noch vor der Ernte zur so genannten Abreifebeschleunigung (Austrocknung der Nutzpflanzen zur Ernteoptimierung) begrenzt (2). Durch den Anbau gentechnisch veränderter-glyphosat-resistenter Nutzpflanzen (wie z. B. der transgenen Sojabohne "Roundup-Ready", welche gegen das Glyphosat-haltige Breitbandherbizid "Roundup" resistent ist) ergibt sich für die Landwirtschaft die Möglichkeit zur Unkrautbekämpfung auch während des Wachstums der Nutzpflanze, weil diese gentechnisch veränderten Pflanzen den Wirkstoff aufnehmen können, ohne geschädigt zu werden.

Allerdings steht die Unbedenklichkeit von glyphosathaltigen Herbiziden immer wieder in der Diskussion, weil bekannt geworden ist, dass die Kombination von Glyphosat und Polyoxyethylierten Alkylaminen (POEA), welche im Herbizid als Formulierungshilfsstoff (Netzmittel) enthalten sind, eine höhere Toxizität zeigt, als der als unschädlich eingestufte Wirkstoff alleine (3,4). Für Glyphosat gelten gesetzliche Höchstgehalte (laut VO (EG) 396/2005 für Gerste, Hafer, Sonnenblumen und Soja: 20 mg/kg; für Weizen, Lein und Raps: 10 mg/kg; für Mais: 1 mg/kg; für Hirse und Reis: 0,1 mg/kg). Für das Glyphosat-Abbauprodukt "Aminomethylphosphonsäure" (AMPA), die im Herbizid enthaltenen Formulierungshilfsstoffe (z. B. POEA) oder etwa Summen oder Kombinationen von Wirkstoffen wurden bislang noch keine Höchstgehalte festgelegt.

Belastungssituation

Aufgrund regelmäßig wiederkehrender Anfragen und wegen des großen öffentlichen Interesses hat sich das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebenmittelsicherheit (LGL) im Jahr 2011 entschlossen, die in Bayern in den Verkehr gebrachten bzw. hofeigenen Futtermittel risikoorientiert auf Glyphosat, dessen Metaboliten AMPA und auf POEA zu untersuchen. Im Zeitraum von mehr als 3 Jahren wurden 193 Proben untersucht und bei fast jeder zweiten Probe (in der Summe etwa bei 45%) Glyphosat (22,3%), AMPA (1,0%) oder deren Kombination (21,8%) gefunden. Bei den Rückstandspositiven Futtermitteln handelt es sich vor allem um Sojaextraktionsschrot. Hier konnte der Wirkstoff in etwa 84% der auf Glyphosat untersuchten Proben nachgewiesen werden, zum Teil mit Gehalten bis zu 2,83 mg/kg. In 58% dieser Produkte war darüber hinaus auch noch der Metabolit AMPA mit Gehalten bis zu 2,92 mg/kg bestimmbar. Im Fall von Sojaprodukten ist anzumerken, dass es sich in den meisten Fällen um Importware handelt, da das heimische Klima keine optimalen Wachstumsbedingungen für Sojapflanzen bietet.

Auch bei Lein- (5 von 6 Proben) und Rapsprodukten (8 von 25 Proben) konnte Glyphosat festgestellt werden, wobei hier der Metabolit AMPA jeweils nicht nachweisbar war.
Von den 71 untersuchten Getreide bzw. Getreideprodukten waren insgesamt 9 Glyphosat-positiv (zwei Gerste, mit 0,05 und 0,21 mg/kg, drei Weizen, mit 0,01 bis 1,04 mg/kg sowie vier Mais, mit 0,02 bis 0,12 mg/kg).

Bewertung

Bei keiner der am LGL untersuchten Proben konnte eine Überschreitung des Höchstgehalts festgestellt werden, wobei aber zu bedenken ist, dass die genannten Grenzwerte nur für die Ausgangserzeugnisse gelten. Für Verarbeitungsprodukte wie z. B. Sojaextraktionsschrote sind diese nicht anzuwenden. Zur Beurteilung von verarbeiteten Produkten sind zusätzlich sogenannte Verarbeitungsfaktoren zu berücksichtigen. Der Verarbeitungsfaktor ist immer speziell für die Kombination aus einem bestimmten Pflanzenschutzmittelwirkstoff und einem verarbeiteten Erzeugnis zu ermitteln. Durch Multiplikation des Verarbeitungsfaktors mit dem zugehörigen Höchstgehalt im Ausgangserzeugnis kann dann der entsprechende Höchstgehalt im verarbeiteten Produkt errechnet werden. Derzeit existiert keine EU-weite Datenbank für Verarbeitungsfaktoren, so dass jeder Mitgliedstaat diese national selber festlegen muss. Für Deutschland ist dies durch das Bundesinstitut für Risikobewertung geschehen (5). Im Fall des Sojaextraktionsschrotes beträgt der Verarbeitungsfaktor für Rückstände von Glyphosat "1" und für kombinierte Rückstände von Glyphosat und AMPA "0,89", so dass die höchsten hier nachgewiesenen Gehalte in Sojaextraktionsschrot auch unter Berücksichtigung der Verarbeitungsfaktoren immer noch unterhalb des zulässigen Höchstgehaltes lagen.

Die hohen Nachweisraten an Glyphosat und AMPA bei Sojaprodukten sind vermutlich auf die Anwendung des Herbizids bei glyphosat-resistenen gentechnisch veränderten Sojasorten zurückzuführen. Da der Metabolit AMPA teilweise mit bis zu 78 % des Gesamtrückstandes (Summe Glyphosat und AMPA) in erheblichen Mengen vorhanden war und die Toxizität von AMPA als vergleichbar mit Glyphosat eingeschätzt (6) wird, sollte aus Sicht des LGL bei der Risikobewertung auch der AMPA-Gehalt nicht außer Acht gelassen werden. Selbst unter sehr konservativen Expositionsannahmen wird durch den höchsten hier gemessenen Gehalt an AMPA der bei Williams et al., 2000 (7) aufgeführte niedrigste NOAEL-Wert (no observed adverse effect level, also diejenige Dosis, bei der im Tierversuch noch keine negativen Auswirkungen auf die Tiergesundheit beobachtet wurden) von 400 mg/kg Körpergewicht und Tag, zu deutlich weniger als 0,1% ausgeschöpft. Durch den höchsten nachgewiesene Gehalt an Glyphosat wird unter denselben Expositionsannahmen der durch das BfR in seiner Neubewertung des Wirkstoffs herangezogene NOAEL-Wert von 50 mg/kg zu maximal 0,2% (Geflügel) ausgeschöpft. Demnach lassen nach derzeitigem Kenntnisstand die hier maximal nachgewiesenen Gehalte an Glyphosat und AMPA kein erhöhtes Risiko für die Tiergesundheit erkennen. Weder Glyphosat noch AMPA weisen ein Potential zur Bioakkumulation auf. Beide Verbindungen werden schnell über die Nieren ausgeschieden. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass tierische Lebensmittel einen nennenswerten Beitrag zur Exposition des Verbrauchers leisten.

Anhand der beschriebenen Risikoeinschätzung schlägt das LGL jedoch vor, anstelle eines isolierten Grenzwertes für Glyphosat einen Summengrenzwert von Glyphosat und AMPA einzuführen. Ein entsprechender Vorschlag soll in den Bund-Länder Gremien diskutiert werden.

Die Untersuchung der 74 Glyphosat-positiven Proben auf POEA ergab zwar keine quantifizierbaren Gehalte. Allerdings konnten aus den insgesamt 193 Proben bei drei Glyphosat-negativen Ergebnissen POAE-Gehalte über der Bestimmungsgrenze, d. h. im Bereich zwischen 0,010 und 0,013 mg/kg ermittelt werden. Für diese Gehalte lässt sich nach den derzeit hier vorliegenden Informationen ebenfalls kein erhöhtes Risiko für die Tiergesundheit ableiten.

Tabelle: Ergebnisse der Untersuchungen von Futtermitteln auf Glyphosat und AMPA.
Futtermittel Proben- zahl Glyphosat AMPA Glyphosat + AMPA
nachweisbar Gehalte (mg/kg) nachweisbar Gehalte (mg/kg) Gehalte (mg/kg )
Anzahl % Max Anzahl % Max Max
Sojaextraktionsschrot 68 57 84 2,83 39 57 2,92 4,54
Getreide(produkte) 71 9 13 0,12* - - - 0,12
davon Gerste 19 2 11 0,21 - - - 0,21
Weizen 36 3 8 1,04 - - - 1,04
Leinprodukte 6 5 83 1,96 - - - 1,96
Rapsprodukte 25 8 32 0,84 - - - 0,84
Sonnenblumenprodukte 5 - - - - - - -
Pflanzenöle 8 3 38 0,02 4 50 0,07 0,09
Sonstige 10 3 33 0,99 1 11 0,04 1,03
Insgesamt 193 82 44 2,83 44 22,8 2,92 4,54

*höchster Wert bei Körnermais

Literatur

  1. Duke and Powles (2008) Pest Managment Science 64, 319-325
  2. Dickeduisberg et al. (2012) Julius-Kühn Archiv 434,2012
  3. Benachour et al. (2007) Arch. Environ. Contam. Toxicol. 53,126-133
  4. Isenring (2004) Pesticide News 64
  5. Bundesinstitut für Risikobewertung, 2011, http://www.bfr.bund.de/de/a-z_index/verarbeitungsfaktoren-8400.html
  6. Bundesinstitut für Risikobewertung, 2014, http://www.bfr.bund.de/cm/343/stand-der-toxikologischen-neubewertung-von-glyphosat-durch-das-bfr.pdf
  7. Williams G. M., Kroes R. and Munro I. C. (2000) Safety Evaluation and Risk Assessment of the Herbicide Roundup and Its Active Ingredient, Glyphosate, for Humans. Regulatory Toxicology and Pharmacology 31:117–165.

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema