Acrylamid

Wie entsteht Acrylamid?

Acrylamid ist eine sehr reaktionsfähige Verbindung, die beim Zubereiten von Lebensmitteln als Nebenreaktion der Bräunung entstehen kann. Besonders viel Acrylamid bildet sich, wenn kartoffel- und getreidehaltige Lebensmittel trocken über 120 °C erhitzt werden. Hierfür reicht auch eine dünne, trockene Schicht aus, z. B. die gebräunte Oberfläche von Pommes frites oder eine Brotkruste.

Der wichtigste Ausgangsstoff für Acrylamid in Lebensmitteln ist die Aminosäure Asparagin, die vor allem in Kartoffeln und in Getreide vorkommt. Gefördert wird die Acrylamid-Bildung durch reduzierende Zucker wie z. B. Fructose und Glucose und einen hohen pH Wert, z. B. durch die Verwendung von Hirschhornsalz (Ammoniumbicarbonat).

Kann Acrylamid die Gesundheit schädigen?

Acrylamid ist im Tierversuch krebsauslösend, und es schädigt das Erbgut. Deshalb kann ein Schwellenwert, unterhalb dessen sicher kein Krebsrisiko besteht, nicht abgeleitet werden. 2015 wurde die Acrylamid-Aufnahme über die Nahrung von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit ausführlich bewertet. Es wurde festgestellt, dass die Gesamtaufnahme über die Nahrung als bedenklich anzusehen ist, da Acrylamid in vielen Lebensmitteln und im Vergleich zu anderen krebsverdächtigen Substanzen teilweise in relativ hohen Konzentrationen vorkommt.

In welchem Umfang die ernährungsbedingte Exposition gegenüber Acrylamid beim Menschen Krebs verursacht, ist noch nicht ausreichend geklärt. Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen der Höhe der Acrylamid-Belastung des Menschen und der Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken, erbrachten bisher keine eindeutigen Ergebnisse. Unabhängig von der weiteren wissenschaftlichen Erforschung des Risikos ist eine Minimierung der Belastung als vorbeugender Verbraucherschutz unbedingt notwendig.

Eine wirksame Strategie zum Schutz der Verbraucher liegt deshalb darin, unabhängig von der gesundheitlichen Bewertung den Acrylamidgehalt von Lebensmitteln soweit wie möglich zu senken.

Minimierungskonzept als Schutzmaßnahme

Von der Lebensmittelüberwachung wurde in Deutschland seit dem Jahr 2002 ein Minimierungskonzept als Strategie zum Schutz des Verbrauchers angewandt. Dabei berechnete das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aus den Untersuchungsergebnissen der amtlichen Lebensmittelüberwachung der Länder für verschiedene Warengruppen einen sogenannten Signalwert. Überschritt ein Hersteller bei einer folgenden Untersuchung den Signalwert seiner Warengruppe, so wurde im Rahmen des Minimierungsdialogs durch die Überwachungsbehörde (in Bayern die Lebensmittelüberwachung der Kreisverwaltungsbehörden mit Unterstützung des LGL) geprüft, ob bzw. welche Änderungen an Rezeptur und Herstellungsprozess möglich sind, um den Acrylamidgehalt des Produktes zu senken.

Im Januar 2011 trat dann eine Empfehlung der EU-Kommission zur Untersuchung des Acrylamidgehaltes von Lebensmitteln in Kraft, die mit den Signalwerten vergleichbare, europaweit geltende Richtwerte vorgab. Eine Richtwertüberschreitung zog wiederum den in Deutschland bereits durchgeführten Minimierungsdialog mit den Herstellern nach sich. Die Empfehlung aus dem Jahr 2011 wurde im Jahr 2013 durch eine weitere ersetzt und ergänzt.

EU-Verordnung hat die Senkung der Acrylamidgehalte im Fokus

Seit die Bildung von Acrylamid in Lebensmitteln bekannt wurde haben die Forschung zu den Bildungsprozessen, die Minimierungsstrategien, die Umstellung von Herstellungsprozessen durch die Lebensmittelbetriebe und auch die Aufklärung der Verbraucher bereits zu einer Reduktion der Belastung geführt. Um diesen Prozess in größerem Rahmen weiter zu forcieren, hat die Europäische Union am 21.11.2017 in ihrem Amtsblatt die Verordnung (EU) 2017/2158 zur Festlegung von Richtwerten und Minimierungsmaßnahmen für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln veröffentlicht. Diese Verordnung nimmt Bezug auf die im Jahr 2015 veröffentlichte Stellungnahme zur Acrylamid-Aufnahme über die Nahrung von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) und gilt ab dem 11. April 2018. Damit erhält die Lebensmittelüberwachung einen neuen gesetzlichen Rahmen zur Beurteilung von Produkten hinsichtlich ihres Acrylamidgehalts.

Die EU hat nun für verschiedene Produkte Herstellungsbedingungen definiert, die zu möglichst niedrigen Aufnahmen von Acrylamid führen. Als weitere Maßnahme senkte die Europäische Union die Richtwerte im Vergleich zu den früheren Empfehlungen weiter ab. Eine vollständige Vermeidung der Acrylamidbildung ist jedoch bei bestimmten Lebensmitteln nach derzeitigem Wissensstand – auch aufgrund der Erwartung der Verbraucher an Röstgrad, Bräunung und Geschmack – nicht möglich. Bei einer Richtwertüberschreitung muss der Lebensmittelhersteller nach der neuen Verordnung gegenüber der Lebensmittelüberwachung nachweisen, dass er die dort genannten Regeln für eine gute Herstellungspraxis einhält. Verstöße dagegen bzw. wiederholte Richtwertüberschreitungen werden von der Lebensmittelüberwachung mit entsprechenden Maßnahmen verfolgt.

Für Acrylamid in Trinkwasser gibt es zum Schutz der Verbraucher in Anlage 2 der Trinkwasserverordnung einen Grenzwert von 0,0001 mg/l. In das Trinkwasser kann Acrylamid gelangen, wenn in Ausnahmefällen bei der Wasseraufbereitung Polyacrylamide zur Flockung eingesetzt werden.

Weitere Quellen und Hinweise