Aflatoxine

Aflatoxine sind Schimmelpilzgifte (Mykotoxine), die von bestimmten Stämmen von Aspergillus flavus oder Aspergillus parasiticus gebildet werden können. Dabei kann sich das Aflatoxinspektrum je nach Stamm unterscheiden. Der Name ist abgeleitet aus der Kurzform für Aspergillus flavus Toxine [1].

Vorkommen und Bildung

Aflatoxine können in einem Temperaturbereich von 9 bis 42 °C gebildet werden. Da der optimale Temperaturbereich für die Mykotoxinbildung jedoch bei 2235 °C liegt, sind diese Toxine trotz des weltweiten Vorkommens der toxinbildenden Pilzstämme vor allem in subtropischen und tropischen Gebieten und weniger in Anbaugebieten der gemäßigten Klimazonen bedeutsam [1, 2].

Betroffen sind vor allem ölhaltige Samen und Nüsse (z. B. Pistazien, Erdnüsse, Mandeln, Walnüsse, Haselnüsse) und deren Verarbeitungsprodukte (z. B. Erdnussbutter), sowie Kräuter und Gewürze (z. B. Pfeffer, Chili, Paprika, Ingwer, Kreuzkümmel). Daneben sind des Öfteren Getreidesorten wie Reis oder Mais betroffen. Aber auch getrocknete Früchte, vor allem Feigen, sind immer wieder mit Aflatoxinen belastet [1, 3].

Die Bildung von Aflatoxinen hängt sehr stark von den Ernte- und Lagerbedingungen in den jeweiligen Erzeugerländern ab. Sie wird beispielsweise durch Verschmutzung der Produkte aufgrund von Bodenkontakt, lang andauernden Trocknungsprozessen im Freien, hohen Temperaturen sowie hoher Luftfeuchtigkeit gefördert [1, 3].

Es wird davon ausgegangen, dass der Klimawandel einen Einfluss auf das Vorkommen von Aflatoxinen in Europa haben wird. Die steigende Erderwärmung hat zur Folge, dass die wärmeren Temperaturen sich dem Optimum für die Mykotoxinbildung angleichen und somit die Wahrscheinlichkeit einer Aflatoxinkontamination in Europa steigt. In besonders heißen Jahren wurden auch in Europa (Italien 2003, Serbien 2012) bereits höhere Kontaminationen festgestellt [1].

Chemische Struktur

Chemisch sind die Aflatoxine fluoreszierende, heterozyklische Verbindungen. Die Difurancoumarin-Derivate unterscheiden sich durch verschiedene Strukturelemente (s. Abbildung 1) [4].

Die Gruppe der Aflatoxine umfasst mehr als 20 verschiedene Einzelsubstanzen, jedoch treten als Kontaminanten von pflanzlichen Lebensmitteln insbesondere die Aflatoxine B1, B2, G1 und G2 auf. Von diesen vier natürlicherweise vorkommenden Aflatoxinen wird Aflatoxin B1 meist in den größten Mengen produziert [1, 5]. Die Namensgebung basiert auf der Farbe der jeweiligen fluoreszierenden Verbindung. So fluoreszieren B-Aflatoxine blau und G-Aflatoxine grün [1].

chemische Struturformeln von Aflatoxin B1, B2,M1, G1 und G2

Abbildung 1: Strukturformeln der Aflatoxine B1, B2, G1, G2 und M1

Aflatoxin M1

Als Folgeprodukt einer Hydroxylierungsreaktion im Stoffwechsel entsteht aus Aflatoxin B1 das Aflatoxin M1. Bei laktierenden Tieren, einschließlich dem Menschen, kann Aflatoxin M1 in die Milch gelangen, wenn diese stark kontaminierte Nahrungs- oder Futtermittel zu sich genommen haben [1]. Der Übergang von Aflatoxinen aus Futter in tierische Produkte wird als so genannter „carry over“-Effekt von Mykotoxinen bezeichnet [6].

Der Eintrag von Aflatoxinen aus verschimmeltem Futter in Muskelfleisch oder Eier hat nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand eine untergeordnete Bedeutung. Allerdings können nach einer Aflatoxin-Aufnahme durch belastetes Futter messbare Gehalte an Aflatoxinen in Innereien (v.a. Leber und Nieren) vorkommen [6]. Aflatoxine und deren Metabolite können über den Urin und die Milch ausgeschieden werden, so wird Aflatoxin M1 vor allem in Milch und Milchprodukten gefunden [1, 5].

Aflatoxin B1 kann in Milch zu 0,3 bis 6,2 % in Aflatoxin M1 umgelagert werden [7]. Allerdings schwankt dieser Wert stark von Tierart zu Tierart und in Abhängigkeit von der Jahreszeit aufgrund der Verwendung von frischem oder gelagertem Futter [5, 8]. Es wird jedoch von einem weitgehend linearen Zusammenhang zwischen der Aflatoxin-Kontamination des Futters mit der in der Milch zu messenden Aflatoxin M1- Konzentration ausgegangen. Innerhalb kurzer Zeit wird Aflatoxin M1 dann aber über den tierischen Körper wieder ausgeschieden, so dass bei einer 14-tägigen Gabe von 128 µg Aflatoxin B1 drei Tage nach der letzten Gabe keine Gehalte mehr nachweisbar sein sollen [9].

Gesundheitliche Beurteilung

Von den bekannten Aflatoxinen weist Aflatoxin B1 die stärkste Wirkung auf [1, 10]. Es besitzt eine hohe akute Toxizität, Hauptzielorgan ist die Leber. Eine chronische Zufuhr von Aflatoxin B1 kann das Immunsystem schwächen und Schäden am Erbgut bewirken. Die Möglichkeit der Krebserzeugung durch Aflatoxin B1 ist in verschiedenen Tierversuchen sicher bewiesen [1]. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (International Agency for Research in Cancer, IARC) ordnete die natürlicherweise durch Schimmelpilze gebildeten Gemische von Aflatoxinen als krebserzeugende Stoffe der Gruppe 1 ("ausreichende Hinweise auf Kanzerogenität beim Menschen") ein [10]. Es ist außerdem bekannt, dass Personen mit einer Hepatitis B-Virusinfektion (HBV) besonders empfindlich auf Aflatoxine reagieren können. Die Gefährlichkeit von Aflatoxin M1 wurde im Verhältnis zu Aflatoxin B1 als geringer eingestuft. Die Kanzerogenität soll etwa um den Faktor 10 niedriger sein [1].

Den größten Beitrag zur Aufnahme über die Nahrung liefert die Gruppe Getreide und Getreideprodukte. Diese Produkte weisen im Vergleich zu anderen Lebensmitteln wie Nüssen oder Gewürzen nicht die höchsten Aflatoxingehalte auf, jedoch spielen sie aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Verzehrmengen eine wichtige Rolle. Beispielsweise ist der Beitrag von Gewürzen zur gesamten Aflatoxin-Aufnahme über die Nahrung eher gering, obwohl Gewürze höher belastet sein können. Der Grund dafür ist, dass von Gewürzen nur kleine Mengen verzehrt werden [1].

Höchstgehaltsregelungen

Wegen der Gesundheitsschädlichkeit der Aflatoxine wurden in vielen Ländern der Erde und auch innerhalb der Europäischen Union Grenzwerte (Höchstgehalte) festgelegt [1, 4, 11]. Die in der europäischen Verordnung (EU) 2023/915 festgelegten Höchstgehalte für Aflatoxin B1 bzw. die Summe aus den Aflatoxinen B1, B2, G1 und G2 liegen je nach Lebensmittel im niedrigen ppb-Bereich, das heißt. zwischen 0,1 und 15 µg/kg [11].

Aufgrund des hohen gesundheitsschädlichen Potenzials von Aflatoxin B1, B2, G1 und G2 wurden in Deutschland zusätzlich für alle Lebensmittelmittel, die nicht bereits den europaweiten Höchstgehalten unterliegen, pauschale, sehr niedrige Höchstgehalte von 2 µg/kg für Aflatoxin B1 und 4 µg/kg für die Summe der Aflatoxine B1, B2, G1 und Gfestgelegt [12].

Im Rahmen des europäischen Schnellwarnsystems (RASFF: Rapid Alert System for Food and Feed) ist eine Belastung mit Aflatoxinen neben Pflanzenschutzmittelrückständen, pathogenen Mikroorganismen und Allergenen einer der Hauptgründe für einen Eintrag [13]. Die Durchführungsverordnung (EU) 2019/1793 enthält Vorgaben zu Kontrollen von bestimmten Waren, die in die EU eingeführt werden. Unter anderem wird hier geregelt, welche Produkte mit welcher Häufigkeit auf bestimmte Kontaminanten und Rückstände untersucht werden müssen [14]. Dadurch können bestimmte risikobehaftete Waren bereits an der europäischen Grenze kontrolliert und belastete Erzeugnisse zurückgewiesen werden, bevor sie auf den Markt kommen.

Für Aflatoxin M1 gilt ein EU-weiter Höchstgehalt von 0,050 µg/kg in Rohmilch, wärmebehandelter Milch und Werkmilch [11]. Als Rohmilch gilt das unveränderte Gemelk von Nutztieren, das nicht über 40°C erhitzt und keiner Behandlung mit ähnlicher Wirkung unterzogen wurde. Damit wird neben Kuhmilch auch die Milch anderer Nutztiere (z. B. Schafe und Ziegen) erfasst [15].

Für Säuglingsanfangsnahrung Folgenahrung und Kleinkindnahrung, einschließlich Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, die eigens für Säuglinge bestimmt sind, gilt in der EU ein Höchstgehalt für Aflatoxin M1 von 0,025 µg/kg [11].

Für Einzelheiten zu Höchstgehaltsregelungen siehe Link unter „Mehr zu diesem Thema“.

Untersuchungen

Ein breites Spektrum an Lebensmitteln wird am LGL regelmäßig auf Aflatoxine untersucht. Dabei werden vor allem diejenigen Produkte analysiert, bei denen Aflatoxingehalte vermehrt auftreten oder erwartet werden. In den letzten Jahren wurden vom LGL unter anderem Nüsse bzw. nussähnliche Produkte (z. B. Haselnüsse, Mandeln, Melonenkerne, Pistazien, Erdnüsse), getrocknete Früchte (Feigen, Datteln) und Gewürze (Kurkuma, Ingwer) mit Höchstgehaltsüberschreitungen von Aflatoxinen beanstandet.

Stangen aus Erdnussmehl, die auf Grund des hohen Gehaltes an Aflatoxinen im UV-Licht fluoresziern; Hintergrund: royalblau, Stengel: hellblau

Abbildung 2: Stangen aus Erdnussmehl, die aufgrund ihres hohen Gehalts an Aflatoxinen unter UV-Licht fluoreszieren

Außerdem untersucht das LGL alljährlich Rohmilchproben auf Aflatoxin M1. Zudem werden wärmebehandelte Milch und verarbeitete Milchprodukte, wie Käse oder auch Milchpulver, auf ihren Aflatoxin M1-Gehalt untersucht. Die Untersuchungsergebnisse belegen ein hohes Maß an Sicherheit für den Verbraucher in Bayern sowohl für Rohmilch als auch daraus hergestellte Produkte.

Quellen

[1] EFSA: risk assessment of aflatoxins in food, EFSA Journal (2020) Volume 18 Issue 3: e06040, 112 ff.
[2] Weiß C. (2010) Mykotoxine. Ernährungs Umschau 6: 316-24
[3] Filazi A., Sireli U. (2013) Occurence of Aflatoxins in Food, Aflatoxins - Recent Advances and Future Prospects, Mehdi Razzaghi-Abyaneh, IntechOpen, DOI: 10.5772/51031
[4] Lebensmittel-Mykologie, Martin Weidenbörner, 1. Aufl., Hamburg: Behr, 1998
[5] Encyclopedia of Food Mycotoxins, Martin Weidenbörner, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2001
[6] BfR: Übergang von Aflatoxinen in Milch, Eier, Fleisch und Innereien, Stellungnahme Nr. 009/2013
[7] Creppy, E. E. (2002). Update of survey, regulation and toxic effects of mycotoxins in Europe. Toxicology Letters, 127, 19-28.
[8] Bognanno, M.; La Fauci, L.; Ritieni, A.; Tafuri, A.; De Lorenzo, A.; Micari, P.; Di Renzo, L.; Ciappellano, S.; Sarullo, V,; Galvano, F. (2006). Survey of the occurrence of Aflatoxin M1 in ovine milk by HPLC and its confirmation by MS. Molecular Nutrition and Food Research, 50, 300-305.
[9] Battacone, G.; Nudda, A.; Cannas, A.; Cappio Borlino, A. (2003). Excretion of aflatoxin M1 in milk of dairy ewes treated with different doses of Aflatoxin B1. Journal of Dairy Science, 86, 2667-2675.
[10] World Health Organization, International Agency for Research on Cancer (IARC), IARC Monographs on the evaluation of carcinogenic risks to humans, Vol. 100 F, Chemical agents and related occupations, IARC press, Lyon, 2012.
[11] Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (ABl. L 119, S. 103), zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2024/1987 vom 30.7.2024 (ABl. L, 2024/1987)
[12] Verordnung zur Begrenzung von Kontaminanten in Lebensmitteln (Kontaminanten-Verordnung – KmV) vom 19. März 2010 (BGBl. I S. 286), zuletzt geändert durch Art. 1 ZweiteÄndVO vom 1.7.2020 (BGBl. I S. 1540)
[13] European Commission: 2022 Annual Report, Alert and Cooperation Network, Luxembourg: Publications Office of the European Union, 2023
[14] Durchführungsverordnung (EU) 2019/1793 der Kommission vom 22. Oktober 2019 über die vorübergehende Verstärkung der amtlichen Kontrollen und über Sofortmaßnahmen beim Eingang bestimmter Waren aus bestimmten Drittländern in die Union zur Durchführung der Verordnungen (EU) 2017/625 und (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 669/2009, (EU) Nr. 884/2014, (EU) 2015/175, (EU) 2017/186 und (EU) 2018/1660 der Kommission (ABl. L 277 S. 89), zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2024/1662 vom 11.6.2024 (ABl. L, 2024/1662)
[15] Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139 S. 55), zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2024/1141 vom 14.12.2023 (ABl. L, 2024/1141)