Patulin

Vorkommen und Bildung

Das Mykotoxin Patulin wird von gewissen Schimmelpilzen der Arten Penicillium, Aspergillus und Byssochlamis, vor allem von Penicillium (P.) expansum gebildet [1].

P. expansum ist ein häufig vorkommender Verderbniserreger in Äpfeln. Patulin kann aber auch in Birnen und anderen Früchten, seltener in Gemüse und Getreide vorkommen [2, 3, 4]. Besonders braunfaule Äpfel können dieses Toxin enthalten, wobei Patulin sich vor allem bei weichen Früchten von der gefaulten Stelle aus in gesundes Gewebe ausbreiten kann [5].

Wird angefaultes Fallobst weiterverarbeitet, kann das enthaltene Patulin außerdem in Säfte, Kompott oder Konfitüren übergehen. Falls die Produkte bei der Herstellung pasteurisiert oder anderweitig hitzebehandelt werden, kann das relativ hitzestabile Patulin trotzdem nicht vollständig entfernt werden. Alkoholische Gärung führt hingegen zu einem Abbau von Patulin. Vereinzelt wurde Patulin zwar auch in gegorenen Produkten nachgewiesen, bei diesen Erzeugnissen wurde jedoch nach der Gärung wieder Apfelsaft zugesetzt [5].

Chemische Struktur

Chemisch ist das Mykotoxin Patulin ein fünfgliedriges ungesättigtes Lacton (s. Abbildung 1) [1].

Patulin ist gegenüber Hitze relativ beständig und bei einem sauren pH-Wert unter pH 6 stabil [1, 5]. Ein pH-Wert zwischen 3 und 6,5 ist optimal für die Bildung von Patulin [5].

Chemischer Aufbau von Mykotoxinen

Abbildung 1: Chemischer Aufbau von Mykotoxin Patulin

Gesundheitliche Beurteilung

Patulin hat antibiotische Eigenschaften und wurde als genotoxisch (erbgutschädigend) eingestuft, nicht jedoch als krebserzeugend [3, 5]. Es gilt als Zellgift und kann zu Erbrechen und Verdauungsstörungen (Magenschleimhautentzündungen einschließlich Blutungen) führen [4, 5].

Der Wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der Europäischen Union (SCF: Scientific Committee on Food) hat in seiner Sitzung am 8. März 2000 eine vorläufige maximal tolerierbare tägliche Aufnahme (PMTDI) von 0,4 µg/kg Körpergewicht festgelegt [3].

In einer EU-weit durchgeführten Studie (SCOOP, 2002) wurden Daten zu Patulingehalten von verschiedenen Apfelerzeugnissen sowie Birnen-, Trauben- und anderen Säften gemeldet. Aufgrund der mittleren Verzehrmengen für bestimmte Bevölkerungsgruppen wurde berechnet, wie stark der PMTDI ausgeschöpft wird. Dabei kommt die Studie zu dem Schluss, dass die mit diesen Gehalten berechneten Expositionen mit Patulin für alle Bevölkerungsgruppen unterhalb des PMTDI liegen und die vorläufige maximal tolerierbare tägliche Aufnahme im Allgemeinen nicht ausgeschöpft wird [2].

Höchstgehaltsregelungen

Seit 2003 sind in der Europäischen Union Höchstmengen für Patulin in verschiedenen Fruchtsäften, Fruchtsaftprodukten und Fruchtprodukten, insbesondere aus Äpfeln, festgelegt. Diese sind aktuell in der Verordnung (EU) 2023/915 zu finden [1, 6].

Darüber hinaus hat die Europäische Kommission für Unternehmen der Apfel verarbeitenden Industrie Empfehlungen zur Prävention und Reduzierung der Patulinkontamination von Apfelsaft und Apfelsaftzutaten in anderen Getränken erarbeitet [1].

Diese sind in folgende zwei Abschnitte unterteilt:

  • Empfohlene Verfahren auf der Grundlage der guten landwirtschaftlichen Praxis: vor der Ernte, bei Ernte und Transport bis zur Handhabung und Lagerung der Früchte nach der Ernte für den Frischobstmarkt.
  • Empfohlene Verfahren auf der Grundlage der guten Herstellungspraxis: Transport, Kontrolle und Pressen von Früchten sowie Verpackung, Endverarbeitung und Qualitätsbewertung von Fruchtsäften.

Ein wichtiger Punkt dieser Empfehlungen ist die Vermeidung von mechanischen Beschädigungen. Ist die Haut von Äpfeln verletzt, können die patulinproduzierenden Schimmelpilze leichter eindringen. Aus diesem Grund sollen Schädlinge und Krankheiten bekämpft werden, die Schaden an der Außenhülle verursachen können. Aber auch bei der Ernte und insbesondere beim Transport muss darauf geachtet werden, physische Beschädigungen nach Möglichkeit zu verhindern.

Entscheidend für die Minimierung des Patulingehalts ist jedoch das Aussortieren von angefaulten Äpfeln. Empfohlen wird zudem, alle Früchte mit beschädigter Haut oder freiliegendem Fruchtfleisch auszuschließen.

Da sich Schimmel normalerweise in warmer Umgebung entwickelt, sollten Äpfel nach der Ernte möglichst schnell auf unter 5 °C heruntergekühlt werden. Zudem wird eine Lagerung bei kontrollierter Atmosphäre unter ULO-Bedingungen (ultra-low oxygen – unter 1,8 % Sauerstoff) sowohl für Äpfel, als auch für den zubereiteten Saft empfohlen, bis dieser konzentriert, verpackt oder pasteurisiert wird.

Untersuchungen

Die europaweit gesammelten Gehaltsdaten zeigen, dass die Belastung mit Patulin überwiegend nicht besorgniserregend ist. Vereinzelt können jedoch insbesondere Apfelprodukte große Mengen an Patulin enthalten [2]. Deswegen untersucht das LGL regelmäßig Apfelsäfte und Apfelerzeugnisse, wie z. B. Apfelmus und Apfelmark, sowie andere Fruchtprodukte hinsichtlich Patulin.

Quellen und weiterführende Hinweise

[1] Empfehlung der Kommission (2003/598/EG) vom 11. August 2003 zur Prävention und Reduzierung der Patulinkontamination von Apfelsaft und Apfelsaftzutaten in anderen Getränken

[2] Europäische Kommission, Report on Task for scientific cooperation (SCOOP). Report of experts participating in Task 3.2.8, Assessment of dietary intake of Patulin by the EU Member States, March 2002

[3] Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA), Evaluation of certain food additives and contaminants, Forty-fourth report, WHO Technical Report Series 859, 1995

[4] Degen (2017) Mykotoxine in Lebensmitteln. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz 7, 745-756

[5] Weiß C. (2010) Mykotoxine. Ernährungs Umschau 6: 316-24.

[6] Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (ABl. L 119 vom 5.5.2023, S. 103), zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2024/1987 vom 30.7.2024 (ABl. L, 2024/1987, 31.7.2024)