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Bisphenole
Abb. 1: © fotolia.com – Bernd Jürgens
Vorkommen und Verwendung
Bisphenole sind eine Stoffgruppe aus 16 verschiedenen Verbindungen. Alle Stoffe haben eine ähnliche Grundstruktur: eine variable chemische Gruppe zwischen zwei Phenolringen.
Exemplarisch sind die Strukturformeln von Bisphenol A, Bisphenol F und Bisphenol S dargestellt.
Abb. 2: Bisphenol A
Abb. 3: Bisphenol F
Abb. 4: Bisphenol S
Bisphenol A, F und S sind wichtige Ausgangstoffe der Kunststoffindustrie. So werden sie zu Epoxidharzen und Polykarbonaten verarbeitet. Als Farbentwicklungskomponente werden sie auch in Thermopapier zum Beispiel für Kassenquittungen, Fahr- und Eintrittskarten, Barcode-und Preisschilder eingesetzt.
Epoxidharze
Bei Epoxidharzen handelt es sich um flüssige Kleb-, Lack- und Gießharze, die durch Mischen von Bisphenolen mit Epichlorhydrin entstehen. Durch Vernetzung der Stoffe oder durch Zugabe von Härtern bilden sich Kunststoffe, die gut auf Materialien haften, hitzebeständig und strapazierbar sind und von Chemikalien wenig angegriffen werden. Lebensmittel und Getränke werden seit Jahrzehnten als Konserven in Weißblechdosen mit einer Innenbeschichtung aus Epoxidharzlacken abgefüllt.
Auch die Innenflächen von Wasserrohren können im Rahmen einer Sanierung mit Epoxidharzen ausgekleidet werden. Die Epoxidharzbeschichtung verhindert, dass das Weißblech der Dosen bzw. die Metallrohre angegriffen werden, sich Metallionen herauslösen und ins Trinkwasser bzw. Lebensmittel übergehen. Allerdings lösen sich Bisphenole unter bestimmten Bedingungen aus den Epoxidharzen heraus und gelangen ins Lebensmittel bzw. Wasser.
Polykarbonat-Kunststoffe
Polykarbonat-Kunststoffe wiegen nur wenig, sind durchsichtig und robust, verfügen über eine hohe Wärmebeständigkeit und elektrisches Isolationsvermögen. Sie sind deshalb wichtige Ausgangsmaterialien in der Elektrotechnik und Elektronik und als Konstruktionswerkstoffe für die Bauindustrie bedeutsam. Aber auch Lebensmittelbehältnisse, wie Mehrweg-Getränkeflaschen, Vorratsbehälter und Plastik-Essgeschirr können aus Polykarbonaten bestehen. Babyflaschen wurden früher aus Bisphenol A-haltigem Polykarbonat hergestellt. Allerdings darf Bisphenol A seit 2011 in Europa nicht mehr für die Herstellung von Babyflaschen aus Polykarbonat verwendet werden. Bekannt ist, dass aus dem Polykarbonat-haltigem Material Bisphenole in geringen Mengen freigesetzt werden und ggf. ins Lebensmittel übergehen können. In vielen, unterschiedlichen Lebensmitteln, wie vor allem Fleisch- und Fischprodukten wurden Bisphenol A, Bisphenol F und Bisphenol S nachgewiesen, dabei wurde Bisphenol A sehr häufig, Bisphenol S und Bisphenol F dagegen seltener gefunden.
Zunächst vermutete man, dass auch hohe im Senf bzw. Senf-Dressing nachgewiesene Bisphenol F-Gehalte aus damit belasteten Lebensmittelverpackungsmaterialien stammen könnten. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass das Bisphenol F im Senf aus einem Pflanzeninhaltsstoff, einem bestimmten Senfölglycosid, bei der Senfherstellung gebildet wird. Bisphenol F ist somit ein Naturstoff, der auch in den Knollen bestimmter Orchideenarten vorkommt.
Können Bisphenole die Gesundheit schädigen?
Die Bisphenole A, F und S zeigen hormonähnliche Wirkungen. Sollte eine wirksame Dosis eines hormonähnlichen Stoffes im Körper erreicht werden, können Schädigungen der Gesundheit durch Veränderungen der Hormonsysteme zum Beispiel des Sexualsystems auftreten. Die toxikologischen Wirkungen des Bisphenols A wurden bzw. werden intensiv erforscht und vor allem im Niedrigdosisbereich wissenschaftlich kontrovers diskutiert. Im Jahr 2015 kam die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zum Schluss, dass bei einer lebenslangen täglichen Aufnahme, die nicht mehr als 4 µg Bisphenol A/kg Körpergewicht beträgt, kein Gesundheitsrisiko besteht. Im Dezember 2017 kündigte die EFSA eine Überprüfung dieser Bewertung an, da neue amerikanische Studienergebnisse insbesondere aus Langzeitstudien an Ratten vorliegen.
Bisphenol F und Bisphenol S wurden bisher weniger ausführlich auf ihre schädlichen Wirkungen untersucht. Allerdings ist der Forschungsbedarf erkannt, Studien werden durchgeführt und erste Ergebnisse sind bereits veröffentlicht. Für Bisphenol F vermutet das Bundesinstitut für Risikobewertung ein dem Bisphenol A-vergleichbares Gefährdungspotenzial. Die Behörde benutzt deshalb in ihren Bewertungen den für Bisphenol A festgelegten Wert in Höhe von 4 µg/kg Körpergewicht auch für Bisphenol F. Außerdem wurde von Dietrich und Hengstler ein duldbarer täglicher Aufnahmewert von 11 µg/kg Körpergewicht veröffentlicht, der in der gleichen Größenordnung wie der Wert des Bundesinstitutes für Risikobewertung liegt. Man geht in Fachkreisen davon aus, dass kein Gesundheitsrisiko besteht, wenn zwischen 4 und 11 µg Bisphenol F/kg Körpergewicht täglich aufgenommen werden.
Für Bisphenol S ist bisher nicht bekannt, wie hoch die tägliche Aufnahme sein darf, damit kein Gesundheitsrisiko zu erwarten ist.
Welche rechtlichen Regelungen gibt es?
Zum Schutz der Gesundheit des Verbrauchers gibt es für Bisphenol A europaweite Regelungen. Nach der Kosmetikverordnung gehört Bisphenol A zu den Stoffen, die beim Herstellen oder Behandeln von kosmetischen Mitteln nicht verwendet werden dürfen.
Seit dem 1. Juni 2011 ist die Einfuhr in die europäische Union und das Inverkehrbringen von Säuglingsflaschen aus Polycarbonat, die unter Verwendung von Bisphenol A hergestellt wurden, verboten.
Ab dem 06. September 2018 gilt die Verordnung (EU) 2018/213, eine Änderungsverordnung der Verordnung (EU) 10/2011 sowie eine Verordnung über die Verwendung von Bisphenol A in Lacken und Beschichtungen, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen.
In der Verordnung (EU) 10/2011 werden spezifische Migrationsgrenzwerte (SML), das sind höchstzulässige Mengen eines bestimmten Stoffes, der aus Kunststoff in Lebensmittel oder Lebensmittelsimulanzien abgegeben wird, festgelegt. Durch die Änderungsverordnung wird der bisher festgelegte SML der Verordnung (EU) 10/2011 von 0,6 mg Bisphenol A/kg Lebensmittel auf 0,05 mg Bisphenol A/kg Lebensmittel herabgesetzt. Zusätzlich tritt mit dieser Änderungsverordnung, das Verwendungsverbot von Bisphenol A bei der Herstellung von Trinkgefäßen und Flaschen, die aufgrund ihrer auslaufsicheren Ausführung für Säuglinge und Kleinkinder bestimmt sind, in Kraft.
Neben den Änderungen der Verordnung (EU) 10/2011 legt die Verordnung (EU) 2018/213 außerdem einen SML von 0,05 mg Bisphenol A/kg Lebensmittel für den Übergang, in oder auf Lebensmitteln, aus Lacken und Beschichtungen, welche auf Materialen und Gegenständen aufgebracht werden, fest. Nicht zulässig ist die Migration von Bisphenol A aus Lacken und Beschichtungen, die auf Materialien und Gegenständen aufgebracht werden, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln gemäß der Verordnung (EU) 609/2013, beispielsweise Säuglingsanfangsnahrung, Folgenahrung, Getreidebeikost, sowie Milchgetränke und gleichartige Erzeugnisse, die für Kleinkinder bestimmt sind, in Berührung kommen.
Seit Januar 2020 ist nach der Verordnung (EG) 1907/2006 die Verwendung von Bisphenol A in Konzentrationen von mehr als 0,02 % in Thermopapier verboten.
Nach Richtlinie (EU) 2017/898 darf maximal 0,04 mg/l Bisphenol A aus Material von Spielzeug, das zur Verwendung durch Kinder unter 36 Monaten bestimmt ist, bzw. in anderem Spielzeug, das dazu bestimmt ist, in den Mund genommen zu werden, freigesetzt werden.
Um das Trinkwasser vor Bisphenol A-Verunreinigungen zu schützen, senkte das Umweltbundesamt im Jahr 2018 den Trinkwasserhöchstwert für die Freisetzung von Bisphenol A aus Materialien, die mit dem Trinkwasser in Kontakt kommen, in der Beschichtungsleitlinie auf 2,5 µg/l ab.
Für Bisphenol F, Bisphenol S oder weitere Bisphenole gibt es bisher keine gesetzlichen Regelungen.
Quellen und weiterführende Literatur
Ahsan N, Ullah H, Ullah W, Jahan S. (2018) Comparative effects of Bisphenol S and
Bisphenol A on the development of female reproductive system in rats; a neonatal
exposure study. Chemosphere. 197: 336-343
Bundesinstitut für Risikobewertung (2010) Fragen und Antworten zu endogenen Disruptoren. FAQ des BfR vom 19. April 2010
Björnsdotter MK, de Boer J, Ballesteros-Gómez A (2017) Bisphenol A and replacements
in thermal paper: A review. Chemosphere 182:691-706
Dietrich D, Hengstler JG (2016) From bisphenol A to bisphenol F and a ban of
mustard due to chronic low-dose exposures? Arch Toxicol 90(2):489-91
Liao C, Kannan K (2013). J Agric Food Chem 61(19):4655-62 Concentrations and profiles of bisphenol A and other
bisphenol analogues in foodstuffs from the United States and their implications
for human exposure
Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV Bisphenol F im Senf
Umweltbundesamt 2018 Neue Regelungen von Bisphenol A- Konsequenzen für Materialien im Kontakt mit Trinkwasser