"Schmallenberg-Virus"
Erreger
Das Schmallenberg-Virus (SBV) wird dem Genus Orthobunyavirus aus der Familie Peribunyaviridae (Ordnung Elliovirales) zugeordnet. Die meisten Vertreter dieser mit mehr als 80 bekannten Spezies sehr großen Familie sind Arboviren (englisch arthropod borne: durch Arthropoden übertragene Viren).
Vorkommen und Übertragung
SBV wurde im November 2011 erstmals durch das Friedrich-Loeffler-Institut aus Probenmaterial vom Rind isoliert und charakterisiert. Die Benennung erfolgte nach dem deutschen Ort Schmallenberg (NRW), dem Herkunftsort der betroffenen Rinder. Seitdem wurden SBV-Infektionen auch in den meisten anderen Ländern Europas bei Rindern, Schafen und Ziegen, teilweise auch bei Wildwiederkäuern, nachgewiesen. Der tatsächliche Ursprung ist noch unbekannt. Bisher gibt es jedoch in Europa keinen Hinweis auf das Auftreten von SBV-Infektionen vor dem Jahr 2011. Man geht daher von einem Neueintrag der Infektion nach Zentraleuropa im Frühjahr oder Frühsommer 2011 aus. In Deutschland hat eine schnelle, bundesweite Ausbreitung stattgefunden. Seit Ende August 2012 wird die Infektion auch in Süddeutschland vor allem bei Rindern nachgewiesen.
Die Übertragung des Virus erfolgt durch blutsaugende Insekten (v. a. Gnitzen). Die Ansteckung erfolgt somit hauptsächlich saisonal, wenn Vektor-kompetente Arthropoden in hoher Anzahl präsent sind. Daneben spielt die vertikale Infektion des Fetus während der Trächtigkeit eine besondere Rolle.
Eine gesundheitliche Gefährdung für den Menschen besteht nach bisherigen Erkenntnissen nicht.
Krankheitsbild
Akute Infektionen während der besonders Vektor-aktiven Zeit (Apr - Nov) können bei Rindern zu Milchrückgang, Fieber und Durchfall führen. Diese Symptome, die bei kleinen Wiederkäuern bisher nicht gesichert im Zusammenhang mit SBV beobachtet wurden, klingen in der Regel binnen weniger Tage ab. Experimentelle Infektionsstudien haben gezeigt, dass die Infektion nur mit einer sehr kurzen Virämiephase (1 - 6 Tage) verbunden ist.
Infolge einer Infektion des Fetus während der vulnerablen Phase der Trächtigkeit (Rind: etwa Tag 75-175; Schaf: etwa Tag 30-50) können Entwicklungsstörungen des Nervensystems und eine gestörte Entwicklung von Muskulatur und Gelenken auftreten. Die Fehlbildungen, die in der Folge auftreten, werden unter dem Begriff „Arthrogrypose-Hydranencephalie-Syndrom (AHS)“ zusammengefasst. Neben Aborten und mumifizierten Feten treten insbesondere Früh- oder Totgeburten sowie Geburten von lebensschwachen, missgebildeten Lämmern und Kälbern auf.
Diagnostik
Für den Erregernachweis mittels PCR eignet sich neben Nachgeburtsteilen und Fruchtwasser vor allem Organmaterial von Feten (insbesondere Gehirn, Herzblut, Milz und Mekonium), Aborten, Totgeburten, AHS-Lämmern und -Kälbern. Im Verdachtsfall wird die Einsendung missgebildeter Früchte empfohlen.
Im Falle akuter Erkrankungen können Serum- oder EDTA-Blutproben untersucht werden, diese müssen während der sehr kurzen Phase der Virämie gewonnen werden. Sinnvoll sind daher nur Proben, die von akut klinisch kranken Tieren (Fieber, Durchfall, Milchrückgang) stammen.
Für den Nachweis spezifischer Antikörper können Serumproben auf die Präsenz spezifischer Antikörper mittels ELISA oder Neutralisationstest untersucht werden. Aussagen über den Zeitpunkt der Infektion oder die Ursache eines akuten Krankheitsgeschehens können auf diese Weise allerdings nicht getroffen werden.
Gesetzliche Regelungen
Es besteht Meldepflicht (siehe Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten).
Mehr zu diesem Thema
Allgemeine Informationen zum Thema
- Virusinfektionen
- Staatliche Tierseuchenbekämpfung
- Aktivitäten zur Früherkennung exotischer und neuer Tierseuchen