Blauzungenkrankheit (BT, Bluetongue disease)
Informationen zur Blauzungenkrankheit
Erreger
Das Virus der Blauzungenkrankheit (Bluetongue-Virus, BTV) gehört zum Genus Orbivirus der Familie Reoviridae. BTV enthalten ein segmentiertes RNA-Genom aus zehn Segmenten. Bislang sind über 30 Serotypen bekannt, von welchen 24 rechtlich reglementiert sind (Anzeigepflicht, Seuche der Kategorie C, D und E gem. DVO (EU) 2018/1882). In Zentraleuropa und in Deutschland trat das Virus dieser ehemals "exotischen" Tierseuche mit Ursprung in Südafrika erstmals 2006 durch den Nachweis des BTV vom Serotyp 8 auf. Nach den letzten Fällen im Jahr 2009 war Deutschland von 2012 bis Dezember 2018 offiziell frei von der Tierseuche. Im Dezember 2018 wurden jedoch erste Fälle von BTV-8 Infektionen in Baden- Württemberg bestätigt.
Ab Juni 2023 galt Deutschland wieder als amtlich anerkannt BT-seuchenfrei, bevor am 12. Oktober 2023, ausgehend von den Niederlanden, der erste Ausbruch der BT mit dem Serotyp 3 (BTV-3) in Nordrhein-Westfalen festgestellt wurde. Seitdem gab es weitere Ausbrüche in mehreren Bundesländern, unter anderem auch in Bayern.
Vorkommen und Übertragung
Der Erreger kommt weltweit vor, zum Beispiel in Regionen Afrikas, Süd- und Nordamerikas, Asiens, Australiens und Europas. Die Übertragung von Tier zu Tier erfolgt ausschließlich über blutsaugende Insekten (Gnitzen, Culicoides-Arten), in denen sich das Virus produktiv vermehren und längere Zeit verweilen kann. Das Virus zählt daher zu den sogenannten durch Arthropoden übertragenen Viren (Arboviren, arthropod borne viruses) und auch in Deutschland heimische Gnitzen können BTV übertragen. Eine direkte Ansteckung von Tier zu Tier findet nicht statt. Von der BT betroffen sind vor allem Schafe, Ziegen und Rinder, aber auch Rehe, Hirsche und Neuweltkameliden sind empfänglich. Da BT-Viren über Monate im Blut infizierter Tiere persistieren (Virämie), können diese unabhängig davon, ob sie Krankheitssymptome zeigen, ein Virusreservoir bilden.
Krankheitsbild
Je nach Serotyp, Virusstamm und Wirt sind subklinische oder milde bis schwere klinische Verläufe möglich. Besonders Schafe sind häufig von einer schwerwiegenden, fieberhaften Allgemeinerkrankung mit hoher Mortalität betroffen. Durch die virusbedingte Zerstörung der Gefäßwände (Endothel) kommt es zu Entzündungen und Ödemen unter anderem der Kopfschleimhäute (Maul, Nase, Auge) und Klauen (Lahmheit). In seltenen Fällen kommt es zu einer Hyperämie und Schwellung der Zunge sodass eine sichtbare Blauverfärbung auftritt (namensgebend für die Bluetongue disease).
Infizierte Rinder zeigen in der Regel weniger ausgeprägte Symptome. Aborte sind häufig die einzigen Anzeichen einer BTV-Infektion beim Rind. Es gibt aber, je nach den Eigenschaften der Virusstämme und den jeweils infizierten Tierrassen, auch schwere Krankheitsverläufe. Es können die Kopfschleimhäute, das Flotzmaul, das Zahnfleisch und die Euterzitzen betroffen sein mit gravierend schlechtem Allgemeinbefinden, sodass eine Euthanasie nötig wird.
Diagnostik
Als Untersuchungsmaterial sind ausschließlich EDTA-Blutproben vom lebenden Tier sowie Organe von verstorbenen Tieren geeignet, die zur Sektion eingereicht wurden. Die Methode der Wahl für den Virusnachweis ist die molekulare Diagnostik in Form der Polymerase-Kettenreaktion für RNA-Viren (RT-Realtime PCR). Zuerst wird ein Screening-Test durchgeführt, der alle wesentlichen Serotypen des Virus erfasst. Die genaue Bestimmung des Serotyps erfolgt anschließend in weiterführenden Untersuchungen. Das PCR-Testverfahren ist auch für Pooluntersuchungen zugelassen, hierbei können bis zu 10 EDTA-Blutproben in einem Pool untersucht werden. Für den Antikörpernachweis stehen kommerzielle ELISA-Tests zur Verfügung, die Antikörper gegen alle wichtigen Serotypen erfassen, allerdings keine Unterscheidung zwischen Feldvirusinfektion und Impfung zulassen.
Die Bearbeitungsdauer im Labor liegt i. d. R. bei zwei bis drei Werktagen. Sofern ein aus der HI-Tier Datenbank (HIT) generierter Untersuchungsantrag erstellt und mitgesendet wurde, wird das Ergebnis der PCR-Untersuchung in die HIT gemeldet.
Gesetzliche Regelungen
- EU-Tiergesundheitsgesetz („Animal Health Law - AHL“): VO (EU) 2016/429
- DVO (EU) 2018/1882
- Delegierte Verordnung (EU) 2020/689
- Tiergesundheitsgesetz
- Verordnung über anzeigepflichtige Tierseuchen in der jeweils gültigen Fassung
- Verordnung zum Schutz gegen die Blauzungenkrankheit