Kontrolle von Direktvermarktern von Ziegen- und Schafmilchprodukten

Signet Jahresbericht 2023

Abstract

Schaf- und Ziegenmilchverarbeitende Betriebe stellen in Bayern im Vergleich zur Verarbeitung von Kuhmilch einen eher kleinen Betriebszweig dar. Die Vermarktung der Produkte erfolgt im Regelfall im Rahmen der Direktvermarktung oder über den lokalen Einzelhandel. Besonderheiten im Hinblick auf lebensmittelrechtliche Kontrollen werden nachfolgend dargestellt.

Hintergrund

Bei der Erzeugung und Vermarktung von Ziegen- und Schafmilch sowie daraus hergestellten Produkten handelt es sich im Gegensatz zur Verarbeitung von Kuhmilch um eine Nischenproduktion. Viele Erzeugerbetriebe von Ziegen- und Schafmilch gehen vermehrt dazu über, die erzeugte Milch selbst weiter zu verarbeiten, anstatt diese an Molkereien abzugeben. Produkte wie beispielsweise Weich- und Hartkäse, Quark, Joghurt oder Butter der Tierarten Schaf und Ziege werden deshalb oft im Rahmen der Direktvermarktung hergestellt und vermarktet.

Bayern ist im deutschlandweiten Vergleich mit etwa 40.000 Tieren das ziegenreichste Bundesland, in dem sich auch die meisten der schätzungsweise 300 erwerbsorientierten deutschen Milchziegenbetriebe befinden. Ziegen geben je nach Rasse, Alter, Laktationsnummer, -periode und -dauer zwischen 600 und 1.200 Liter Ziegenmilch pro Jahr. Das entspricht bei einer Melkphase von durchschnittlich 250 bis 300 Tagen einer Tagesleistung von zwei bis vier Litern. Bayern ist mit rund 250.000 Tieren auch das schafreichste Bundesland, von denen aber nur ein minimaler Teil der Milchgewinnung dient (Quellen: Destatis; Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Thünen-Institut).

Die Milchzusammensetzung von Ziegen- und Schafmilch unterscheidet sich insbesondere beim Fett- und Eiweißgehalt (siehe Tabelle). Schafmilch hat im Vergleich einen deutlich höheren Fett- und Eiweißgehalt und enthält mehr Kalzium, Vitamin A und Zink, wobei die Ziegenmilch im Vergleich den höchsten Gehalt an Vitamin A (doppelt so viel wie Kuhmilch) bietet. Ernährungsphysiologisch interessant ist, dass die Fette von Schaf- und Ziegenmilch leichter verdaulich sind als die von Kuhmilch. Vermutlich liegt dies an der Zusammensetzung des Fettes mit mehr mittel- und kurzkettigen Fettsäuren. Für Verbraucher, die auf spezifische Molkenproteine aus Kuhmilch unverträglich reagieren, kann Schaf- und Ziegenmilch gegebenenfalls eine Alternative darstellen.

Zusammensetzung von Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch im Vergleich
Tierart % Fett % Protein % Kohlenhydrate % Salze
Kuh 3,8 3,3 4,7 0,7
Schaf 2 – 13 5,3 4,7 0,9
Ziege 3,4 - 5 3,7 4,2 0,8

Quelle: Souci/Fachmann/Kraut; 8., revidierte und ergänzte Auflage 2016

Grundvoraussetzungen an den Tierbestand

Damit die Ziegen- und Schafmilch für die Lebensmittelproduktion verwendet werden darf, sind bestimmte Anforderungen an den Tierbestand zu stellen. Der Nachweis der Tuberkulosefreiheit des Tierbestandes durch den Tierhalter ist beispielsweise rechtlich verpflichtend. Untersuchungen zum Brucellosestatus werden, insbesondere bei der Herstellung von Rohmilcherzeugnissen, im Rahmen der Sorgfaltspflicht des Lebensmittelunternehmers angeraten.

Grundsätzlich ist bei der Gewinnung von Milch kleiner Wiederkäuer und der Verarbeitung dieser zu Milchprodukten besonders auf qualitativ hochwertige Fütterung und angemessene und saubere Haltung zu achten, da es sonst verstärkt zu einer typischen und kräftigen Geruchs- und Geschmacksveränderung der Schaf- und Ziegenmilch sowie der daraus hergestellten Produkte kommen kann. Für das sogenannte „Bockeln oder Böckeln“ ist vornehmlich die Caprinsäure, umgangssprachlich auch „Bocksäure“ genannt, verantwortlich. Dieser sensorische Aspekt wird von den meisten Verbrauchern und Verbraucherinnen als unangenehm und störend empfunden.

Milchgewinnung

Der Melkvorgang findet in der Regel angrenzend zum Stall in einem Melkstand statt. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass das Melken unter hygienischen Bedingungen erfolgen muss. Nach dem Melkprozess darf die Milch so weit als möglich keiner negativen Beeinflussung mehr ausgesetzt sein und wird deshalb mittels Kannen oder Leitung in den Kühltank transportiert. Je nach Verweildauer im Tank erfolgt das Kühlen der Milch auf unter +6 °C bzw. +8 °C.

Milchverarbeitung

Im Anschluss erfolgt die Weiterverarbeitung sowie Lagerung in Reife- oder Lagerräumlichkeiten. Eine schnelle Weiterverarbeitung der Milch kann negativen Einflüssen in Form von Geschmacks- und Geruchsabweichungen vorbeugen. Da an diesem Punkt der Bereich der Primärproduktion verlassen wird, müssen diese Räumlichkeiten und Ausrüstungen für die Lebensmittelverarbeitung einen höheren Hygienestatus erfüllen (siehe Grafik).

Melken und Lagern der Milch sind Produktionsschritte der Primärproduktion. Bei Weiterverarbeitung des Primärerzeugnisses Milch beispielsweise zu Käse ist ein erhöhtes Hygieneniveau z.B. bei Betriebs- und Produktionshygiene zu erfüllen. Die Anforderungen für Primärproduktion und Lebensmittelverarbeitung sind in der VO (EG) Nr. 852/2004 festgelegt.

Anforderungen für Primärproduktion und Lebensmittelverarbeitung nach VO (EG) Nr. 852/2004

Der erste Verarbeitungsschritt entscheidet über die Art der herzustellenden Produkte. Soll die Milch für Rohmilchprodukte verwendet werden, wird diese nicht erhitzt. Andernfalls erfolgt das Pasteurisieren oder Thermisieren der Milch in einem Milcherhitzer. Die zu erreichenden Temperatur-Zeit-Kombinationen für die Pasteurisation sind gesetzlich vorgegeben, eine Abweichung davon bedarf einer selbst durchgeführten Gefahrenanalyse. Bei Gewährleistung der vorgegebenen Erhitzungsparameter werden pathogene Keime ausreichend abgetötet. Die Herstellung von Rohmilchprodukten birgt durch den fehlenden Pasteurisationsschritt ebenso wie beim ausschließlichen Thermisieren der Milch ein höheres mikrobiologisches Produktrisiko (wie dies auch bei Verarbeitung von roher Kuhmilch der Fall ist).

Der Betrieb muss für jedes herzustellende Produkt den gesamten Produktionsprozess auf das Vorhandensein möglicher mikrobiologischer, chemischer oder physikalischer Gefahren für das Endprodukt prüfen. Der Einsatz eines nicht funktionstüchtigen Erhitzers kann beispielsweise dazu führen, dass die Milch nicht ausreichend pasteurisiert wird und pathogene Keime nicht abgetötet werden. Deshalb sind entsprechende Maßnahmen zu etablieren, wie die Funktionsfähigkeit sichergestellt wird: Temperatursoll- und Grenzwerte festlegen, Maßnahmen bei Temperaturabweichungen, Wartung des Erhitzers. Bei Verarbeitung von Rohmilch zu Rohmilchkäse ist die schnelle Absenkung des pH-Wertes auf ein niedriges Niveau ein wichtiger Kontrollpunkt, um pathogenes Keimwachstum zu unterdrücken.

Vertrieb und Vermarktung

Viele landwirtschaftliche Betriebe führen heute die Direktvermarktung der selbst erzeugten Primärerzeugnisse durch, egal ob Obst und Gemüse oder weiterverarbeitete Produkte wie Kuh-, Schaf- oder Ziegenmilchprodukte. Vermarktet werden die erzeugten Produkte beispielsweise im eigenen Hofladen des Betriebes oder mobil auf Wochenmärkten. Deshalb hat der Deutsche Bauernverband eine „Leitlinie für eine gute Lebensmittelhygienepraxis und zur Durchführung betrieblicher Eigenkontrollen in landwirtschaftlichen Betrieben mit Direktvermarktung“ (in 3. aktualisierter und überarbeiteter Auflage Juni 2020) zur Orientierung für die Betriebe herausgegeben.

Das LGL hat sich 2023 mit der Herstellung und Vermarktung von Schaf- und Ziegenmilchprodukten beschäftigt und einen Leitfaden für die amtlichen Kontrollen erarbeitet. Hierbei werden lebensmittelrechtliche Anforderungen an die Tiergesundheit zur Lebensmittelproduktion bezüglich Zoonosen, Aspekte der Melkhygiene, Anforderungen an die Räumlichkeiten und Eigenkontrollen berücksichtigt (insbesondere mikrobiologische Eigenkontrollen). In Zusammenarbeit mit den Kreisverwaltungsbehörden wird aktuell dieser Leitfaden bei Betriebskontrollen getestet und evaluiert. So kann bayernweit ein einheitlicher Kontrollstandard sichergestellt. werden.

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