Nadelstichverletzungen

Vorkommen, Häufigkeit von Verletzungen

Als Nadelstichverletzung (NSV) wird eine Stich-, Schnitt oder Kratzverletzung der Haut durch ein stechendes oder schneidendes Instrument bezeichnet, das mit Patientenmaterial kontaminiert ist. Jährlich werden rund 50.000 NVS an die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) gemeldet.Hierbei ist eine Dunkelziffer nicht gemeldeter Stichverletzungen anzunehmen.

Nach einer entsprechenden Verletzung besteht eine Gefährdung für die Übertragung von Hepatitis B-Viren (HBV), Hepatitis C-Viren (HCV) und Humanes Immundefizienz-Virus (HIV).

Nach NSV mit einer Hohlnadel liegt das Risiko für eine entsprechende Infektion für HBV bei bis zu 30 Prozent, das für HCV bei 3 Prozent und das für HIV bei 0,3 Prozent.

Vorbeugung

Neben den üblichen Maßnahmen zur Verringerung der Häufigkeit von NSV, wie die Verwendung von durchstichsicheren Behältern, Tragen doppelter Handschuhe, Unterlassen von Recapping usw. wurden Sicherheitskanülen entwickelt, die folgende Mechanismen besitzen:

Kanüle und Behälter

Abb.1: Schmetterlingskanüle mit Sicherheitsverschluss

Passiv ausgelöste Systeme decken spitze oder scharfe Instrumententeile ohne Zutun des Anwenders ab, ehe eine Verletzung mit kontaminierten Instrumenten möglich wird. Es gibt hier verschiedene Systeme. Beispielsweise kann durch das Herausziehen des Instrumentes aus dem Stichkanal ein automatischer Schutzmechanismus ausgelöst werden, der die Kanüle stumpf macht oder in eine Schutzhülse hineinzieht.

Aktiv ausgelöste Schutzmechanismen werden vom Anwender ausgelöst. Es kommt dabei zur Retraktion von Kanülen in eine Schutzhülse, zum Abwurf von Kanülen oder zur Überdeckung von Kanülen mit einem Schutzschild.

Zudem empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) für Personal, das im Rahmen der beruflichen Tätigkeit einem erhöhten Expositionsrisiko ausgesetzt ist, die Impfung gegen HBV. Sie dient dem individuellen Schutz des Personals vor einer HBV-Infektion.

Maßnahmen nach Kontakt mit infektiösem Material

Sofortmaßnahmen

  • Kontamination der Haut: intensive Desinfektion
  • Kontamination von Schleimhäuten oder Auge: Intensive Spülung mit dem nächstmöglich Erreichbarem: Wasser oder isotonische Kochsalzlösung
  • Stich-/Schnittwunde: Blutfluss fördern (aber nicht drücken), anschließend gut ausspülen unter fließendem Wasser oder mit steriler Kochsalzlösung und/oder desinfizieren oder Wundspüllösung verwenden; größere Wunden mit steriler Auflage abdecken.

Direkt im Anschluss daran oder parallel dazu

  • Unfallart bewerten (Zeitpunkt, Verletzungsinstrument, Kontamination, Inkorporation, Schutzmaßnahmen)
  • Benachrichtigung des zuständigen Arztes
  • Infektionswahrscheinlichkeit für die Indexperson klären (Einverständnis der Indexperson für eine Hepatitis- und HIV-Serologie notwendig)
  • Eintrag ins Verbandbuch
  • Information des Durchgangsarztes/ der Durchgangsärztin

Vorgehen des Arztes

  • Immunitätsstatus der/des Verletzten erheben (Impfdokumente, vorhandene Befunde, Blutentnahme für Hepatitis B, C, HIV)
  • Ggf. Infektionsstatus der Indexperson bestimmen
  • Adäquate Maßnahmen für die Erste Hilfe festlegen: HIV-PEP (Beginn innerhalb von zwei Stunden nach der Verletzung), Hepatitis B-Immunisierung

Weiteres Vorgehen

  • Nachsorgeschema je nach Risikobewertung gewährleisten

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