Forschungsprojekt: Methodenentwicklung zur Bestimmung der internen Belastung der Bevölkerung mit Hexabromcyclododecan

Kurzbeschreibung:

Bromierte Flammschutzmittel (BFR) werden weltweit verwendet, um die Entflammbarkeit von verschiedensten Materialien wie Plastik, Holz, Papier und Textilien herabzusetzen. Vor allem der zunehmende Einsatz von erdölbasierten Kunststoffpolymeren in Konsumgütern wie Elektrogeräten, Computern, Fahrzeugen, Polstermöbeln, Teppichen und Kleidung und die resultierende leichte Entflammbarkeit dieser Produkte erfordern den Zusatz von Flammschutzmitteln, um nationale und internationale Brandschutzbestimmungen einzuhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der prozentuale Anteil von Flammschutzmitteln in vielen Materialien mit bis zu 30 % sehr hoch sein kann. Den positiven Eigenschaften der Flammschutzmittel stehen eine Reihe an unerwünschten Wirkungen und Eigenschaften gegenüber. Die sehr lipophilen Substanzen können sich beispielsweise in tierischem und menschlichem Gewebe anreichern. Daher wurden einige BFR mittlerweile auf EU-Ebene als persistente organische Verbindungen (persistent organic pollutants, POP) klassifiziert und ihre Produktion und Anwendung verboten.

Daten aus Tierstudien weisen weiterhin für einzelne bromierte Flammschutzmittel auf eine mögliche Wirkung als endokrine Disruptoren, als entwicklungsneurotoxische Substanzen und als immuntoxische Stoffe hin. Zu den „neuen“ bromierten Flammschutzmitteln, die als Ersatzprodukte für die verbotenen Flammschutzmittel aus der Gruppe der polybromierten Diphenylether eingesetzt werden, zählt auch das Hexabromcyclododecan (HBCD). HBCD wurde etwa ab 1960 in den Markt eingeführt, die Verwendung als Flammschutzmittel für Polystyren setzte etwa ab 1980 ein. Im Jahr 2001 wurden etwa 16.700 technisches HBCD (t-HBCD) produziert, im Jahr 2005 bereits ca. 22.000 HBCD weltweit hergestellt und verwendet. Technisches HBCD besteht im Wesentlichen aus den drei Diastereoisomeren alpha-, beta- und gamma-HBCD. Im technischen Produkt dominiert in der Regel das gamma-HBCD mit etwa 80 %. Die Anteile an alpha- und beta-HBCD betragen zwischen 5 und 10 %.

In der wissenschaftlichen Literatur waren nur wenige Untersuchungen zur internen Belastung mit HBCD publiziert worden, wobei keine Ergebnisse aus Deutschland vorlagen. Insgesamt zeigten die Ergebnisse der Untersuchungen mediane Konzentrationen zwischen 0,2 und 1,7 ng/g Blutfett, wobei durchaus maximale Gehalte bis zu 52 ng/g Fett beschrieben wurden. Allerdings musste bei der Bewertung dieser Ergebnisse berücksichtigt werden, dass unterschiedliche Analyseverfahren (GC/MS und LC/MS-MS) angewandt wurden. HBCD wird im Säugetierorganismus anscheinend relativ schnell metabolisiert und im Urin ausgeschieden. Diese Ergebnisse aus Tierexperimenten wurden bis zur Planung der Studie nicht auf den Menschen übertragen, um z. B. zu versuchen die Metabolite im Urin bzw. Blut zu bestimmen.

Ziel

Folgende wesentliche Ziele sollten mit dem Projekt erreicht werden:

  • Durchführung einer experimentellen Untersuchung zur Ausscheidung von HBCD-Metaboliten im Urin von Ratten, denen t-HBCD oral verabreicht wurde.
  • Ermittlung und Bestimmung der HBCD-Metabolite im Urin dieser Ratten.
  • Synthese von internen Standards der/des im Rattenversuch ermittelten Hauptmetaboliten.
  • Erarbeitung einer Analysenmethode zur Bestimmung von HBCD-Metaboliten im Urin der Bevölkerung.
  • Bestimmung der internen Belastung in Urinproben der allgemeinen Bevölkerung. Derartige Daten fehlten vollkommen.

Schlussfolgerungen

Die in der Literatur beschriebene Bildung von Metaboliten, die im Urin von Ratten nachweisbar wären, können nach Auswertung des Tierversuches nicht bestätigt werden. Daher wurde eine Methode zum Nachweis von HBCD im Blut entwickelt.

Mit der erarbeiteten Methode können HBCD-Gehalte im Blut (inkl. Serum, Plasma) von ca. 0,1 bis 0,5 ng/ml nachgewiesen werden. Dazu würde man nur 200 µl Serum benötigen. Allerdings reicht diese Nachweisempfindlichkeit im Normalfall nicht aus, HBCD-Isomere im Blut von unbelasteten Personen zu bestimmen. Hierzu müsste die Bestimmungsgrenze noch mindestens um den Faktor 100 gesenkt werden. Erste Versuche zur Aufkonzentrierung und dem Einsatz von 1 ml Serum verliefen negativ. Die Aufkonzentrierung führt wohl auch dazu, dass die Ionenausbeute reduziert wird und somit keine Empfindlichkeitssteigerung eintritt. Weitere Versuche wurden nicht unternommen, da für HBCD im Rahmen eines Kooperationsvertrages zwischen dem Bundesministerium für Umwelt (BMU) und dem Verband der chemischen Industrie eine HBM-Methode entwickelt werden sollte.

Für HBCD wurden auch vorläufige Biomonitoring Equivalents (BE; HBM-Richtwerte) abgeleitet [1]. Je nach Ausgangswert (Point of Departure - POD) ergaben sich BEs von 10.000 ng/g Fett (Health Canada) bis 20.000 ng/g Fett (EU) berechnet. Dies entspricht 50 bzw. 100 ng/g Serum. Diese Gehalte sind mit der erarbeiteten Methode problemlos zu bestimmen. Die von Szabo et al. [2] beschriebenen Befunde, dass HBCD und seine hydroxylierten Metabolite über die Niere in den Urin ausgeschieden werden, konnten nicht bestätigt werden. Es ließen sich nur sehr geringe Mengen im Urin nachweisen, weshalb sich die Matrix Urin nicht als Ansatz für ein Humanbiomonitoring eignet. Aufgrund der Molekulargewichte von HBCD und seiner Metabolite mit deutlich über 500 Da überrascht es nicht, dass nur sehr geringe Mengen über die Nieren ausgeschieden werden. Substanzen mit einem Molekulargewicht > 400 Da (Ratte 300 Da) werden beim Menschen bevorzugt biliär, kleinere Moleküle vorwiegend renal ausgeschieden.

Literatur

[1] Aylward, L.L. and S.M. Hays, Biomonitoring-based risk assessment for hexabromocyclododecane (HBCD). International Journal of Hygiene and Environmental Health, 2011, 214: 179-187.

[2] Szabo, D.T., et al., Toxicokinetics of the Flame Retardant Hexabromocyclododecane Gamma: Effect of Dose, Timing, Route, Repeated Exposure and Metabolism. Toxicological Sciences, 2010, 117(2): 282-93.

Laufzeit: 2011 bis 2012