Forschungsprojekt: Etablierung einer Nukleindsäure- und Datenbank für Gewebsmaterialien von Wildtieren aus Bayern und Pilotstudie zur Reservoirfunktion von Rotwild für zoonotische und vektorübertragene Erreger
Kurzbeschreibung
Hintergund
Im Rahmen der sich ändernden Umweltbedingungen und der wachsenden weltweiten Mobilität im Fracht- und Güterverkehr ist mit einer Ausbreitung von zoonotischen und vektorübertragenen Pathogene zu rechnen. Aufgrund der klimatischen Veränderungen, kommt es zu simultanen und konsekutiven Veränderungen der Umwelt die dazu beitragen, dass bisher in den gemäßigten Breiten seltene oder nicht verbreitete Pathogene endemisch werden.
Neben den Haus- und Nutztieren stellen insbesondere Wildtiere (u.a. Vögel, Nager, Rot- und Schwarzwild) ein potentielles Reservoir für zoonotische und vektorübertragenen Erreger dar. Dabei ist weitestgehend unklar, in welchem Ausmaß und für welche Pathogene Wildtiere eine Reservoirfunktion besitzen. Zu diesen Fragestellungen stehen europaweit nur wenige punktuelle Untersuchungen zur Verfügung. Seroprävalenzstudien aus Dänemark weisen darauf hin, dass Hirsche als Reservoir für Borrelien, Anaplasmen und das FSME Virus dienen (Skarphedinsson et al. 2005). Die Ergebnisse einer bayerischen Studie im Rahmen der Gesundheitsinitiative Bayern aktiv sprechen allerdings gegen Rotwild als Reservoir für Borrelien und zeigen einen zooprotektiven Effekt von Hirschen bezogen auf Borrelien. In einer spanischen Studie wurde Schwarzwild als wichtiges Reservoir für Brucella suis identifiziert (Munoz et al. 2010). In einer belgischen Studie konnte das Blauzungenvirus in einem virologischen und serologischen Survey in Hirschen nachgewiesen werden (Linden et al. 2010); dabei korrelierte die Seroprävalenz in Wildtieren zu der bei Nutztieren gemeldeten Verbreitung des Virus.
Darüber hinaus ist auch kritisch zu sehen, dass bislang keine zugreifbare Sammlung von gut dokumentierten und unter standardisierten Bedingungen gelagerten Materialien von Wildtieren für Bayern existiert. Die Verfügbarkeit solcher Materialien wäre eine wesentliche Grundlage um in einer Surveillance bei Auftreten eines neuen Pathogens möglichst zeitnah und effizient Fragen wie Ausbreitungsgeschwindigkeit, Infektiosität oder mögliche Reservoirtiere zu bearbeiten.
Der Mangel an epidemiologischen Daten von hoher Qualität behindert das Verständnis des Zusammenspiels zwischen Umweltfaktoren und zoonotischen- bzw. vektorübertragenen Pathogenen. Belastbare Daten sind einerseits notwendig, um eine empirische Grundlage zur Abschätzung der Umweltvariablen als Einflussgrößen zu erhalten andererseits um durch Abgleich mit belastbaren Datenquellen abnorme Abweichungen frühzeitig zu erkennen und präventive Maßnahmen einleiten zu können. Dies gilt insbesondere für das Auftreten und für die Ausbreitung bislang nicht beobachteter oder seltener tier-und humanpathogener Organismen.
Vorhaben
Im Rahmen des Projektes werden Organe bzw. Organproben von u.a. bzgl. Spezies, Herkunft, Alter und Geschlecht gut dokumentierten Wildtieren gesammelt. Aus diesen Proben wird DNA extrahiert und in aliquotierter Form bei -80°C gelagert. Derzeit sind schon 300 Proben mit 15-25 Aliquots a 25 μl eingelagert.
Die Daten der Tiere von denen die entsprechenden Proben stammen werden in eine relationale ACCESS Datenbank eingepflegt.
Bei künftig neu auftretenden (emerging) zoonotischen bzw. vektorübertragenen Erkrankungen kann auf die Daten- und Materialbanken zurückgegriffen werden um zeitnah relevante epidemiologische Daten zu generieren für die Risikoanalyse und als Entscheidungshilfe für Interventionsmaßnahmen.
Das Projekt soll für Bayern eine erweiterbare Basis zur zukünftigen Risikoabschätzung zu Zoonosen und vektorübertragene Erkrankungen im Kontext zu den sich ändernden Umweltfaktoren (Landnutzung, Renaturierungsmassnahmen, Besiedelung) bieten und damit die Planung von Interventionsmaßnahmen auf verschiedenen Ebenen im Öffentlichen Gesundheitsdienst unterstützen.
Laufzeit: 2012