Nitrosamine in Blutdrucksenkern
Untersuchungsergebnisse 2018

Hintergrund

Sartane (zum Beispiel Valsartan) helfen, einen hohen Blutdruck zu kontrollieren. Sie gehören zur Wirkstoffklasse der Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten. Etwa Mitte des Jahres 2018 wurde bekannt, dass es bei der Synthese der Wirkstoffe prozessbedingt zur Bildung von Dimethylnitrosamin (NDMA) bzw. Diethylnitrosamin (NDEA) kommen kann, wenn spezielle Reaktionsbedingungen vorherrschen und das Sartan einen Tetrazolring als Strukturelement enthält.

NDMA und NDEA werden von der Internationalen Agentur für Krebsforschung der WHO als möglicherweise krebserregend beim Menschen eingestuft. NDMA und andere Nitrosamine sind auch in Zigarettenrauch, Grillfleisch oder Pökelware enthalten. Aufgrund der Toxizität der Stoffe hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) im Rahmen des Risikobewertungsverfahrens gemäß Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EC sowohl für NDMA als auch NDEA maximal zulässige Grenzwerte bezüglich aller betroffenen Wirkstoffe festgelegt. Für Telmisartan gilt eine Ausnahme, da dieser Wirkstoff keinen Tetrazolring enthält.

Untersuchung von Fertigarzneimitteln und Wirkstoffchargen

Erste Informationen zu einem möglichen Qualitätsmangel Valsartan-haltiger Arzneimittel mit der Empfehlung, betroffene Chargen zu sperren, erreichten die Länderbehörden am 27. Juni 2018 durch eine Schnellwarnung der spanischen Arzneimittelüberwachungsbehörde. Nachdem eine erste Risikoabschätzung durch die spanische Behörde zusammen mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) durchgeführt worden war, erfolgten ab 5. Juli 2018 die Rückrufe Valsartan-haltiger Fertigarzneimittel auf Vertriebsebene. Zeitgleich entwickelte das LGL eine analytische Methode zur Prüfung von Fertigarzneimitteln auf NDMA mittels Headspace-GC-MS. Mit der noch nicht validierten Methode untersuchte das LGL Fertigarzneimittelchargen, die aus dem regulären Probenplan vorhanden waren, auf NDMA. Die Ergebnisse wurden den in Bayern zuständigen Arzneimittelüberwachungsbehörden am 19. Juli 2018 mitgeteilt. In der Folge nahmen die bayerischen Überwachungsbehörden Stichproben aller Sartan-haltigen Fertigarzneimittel sowie der entsprechenden Wirkstoffchargen und sandten sie ans LGL zur Prüfung. Erste Untersuchungsergebnisse auf Basis einer vollständig validierten Analysenmethode konnte das LGL drei Wochen nach Veröffentlichung der ersten Rückrufe weitergeben. Insgesamt lagen 1.331 Proben zur Prüfung auf Nitrosamine (NDMA und NDEA) vor. Nachdem die Grenzwerte für NDEA deutlich geringer sind als für NDMA, entwickelte das LGL für NDEA eine analytische Methode auf LCMS/MS-Basis und validierte sie für die verschiedenen Sartane. Aufgrund der höheren Empfindlichkeit wird diese Methode zur Bestimmung von NDEA in Fertigarzneimitteln verwendet. Bis Mitte Februar 2019 konnte das LGL trotz der aufwendigen Analytik alle vorliegenden Proben untersuchen. Neben einigen Irbesartan-haltigen Fertigarzneimitteln waren im Wesentlichen Valsartan-haltige Fertigarzneimittel zu beanstanden. Die Kontamination durch NDMA in Valsartan-Wirkstoff bzw. entsprechenden Fertigarzneimittelchargen umspannte in den Untersuchungen Konzentrationen von 0,5 μg/Tablette bis 16,0 μg/Tablette bzw. bezogen auf die der jeweiligen Dosierung zugrundeliegende Wirkstoffmenge von 1,7 ppm bis 82,3 ppm. Dank der neuen, am LGL entwickelten Methode konnte NDEA in den Fertigarzneimitteln in Konzentrationen von 0,09 ppm (entspricht 30 ng/Tablette) bis 0,31 ppm (entspricht 90 ng/Tablette) nachgewiesen werden. Sämtliche beanstandeten Fertigarzneimittel wurden entweder bereits nach der ersten Schnellwarnmeldung oder spätestens nach Befundung durch das LGL durch die jeweils zuständige Behörde zurückgerufen.

Tabelle 1: Grenzwerte für NDMA und NDEA nach Artikel 31 Risikobewertungsverfahren Wirkstoff Max. tägliche Dosis (mg)
Wirkstoff Max. tägliche Dosis (mg) NDEA max. Grenzwert (ng/Tag) NDEA
max. Grenzwert (ppm/Tag
bezogen
auf Wirkstoff)
NDMA max. Grenzwert (ng/Tag) NDMA
max. Grenzwert
(ppm/Tag
bezogen
auf Wirkstoff)
Valsartan 320 26,5 0,082 96,0 0,300

Losartan

150

26,5

0,177

96,0

0,640

Olmesartan

40

26,5

0,663

96,0

2,400

Irbesartan

300

26,5

0,088

96,0

0,320

Candesartan

32

26,5

0,820

96,0

3,000

Telmisartan*

80

26,5

0,331

96,0

1,200

* Stand 22. Februar 2019

Tabelle 2: Anzahl der ans LGL gesandten Wirkstoff- und Fertigarzneimittelchargen und Beanstandungen*
Wirkstoff Anzahl
Wirkstoffproben
Anzahl
Fertigarzneimittelproben
Summe Beanstandungen/
Werte über Grenzwert*
Valsartan 136 138 274 87
Losartan 121 132 253 1
Olmesartan 43 56 99 --
Irbesartan 142 166 308 52
Candesartan 85 202 287 --
Telmisartan 48 62 110 --

* Da für Telmisartan keine offiziellen Grenzwerte gelten, wurden vom LGL die Grenzwerte in Analogie zu den anderen Wirkstoffen berechnet.

OMCL

Die Arzneimitteluntersuchungsstelle Bayern (OMCL) war eines der ersten amtlichen Labore, das Daten zur Kontamination auf Basis vollständig validierter Verfahren liefern konnte. Diese Daten waren mit ausschlaggebend, dass beispielsweise das Risikobewertungsverfahren gemäß Artikel 31 auf NDEA in Sartanen ausgeweitet wurde. Das LGL arbeitet aktiv in einer „Sartan testing group“ des OMCL-Netzwerks des Europäischen Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln (EDQM) mit, welche die Methodenetablierung sowie Probenverteilung innerhalb der europäischen Arzneimitteluntersuchungsstellen koordiniert.

 

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