Einsamkeit: Ein unterschätzter Risikofaktor

Signet Jahresbericht 2023

Abstract

Einsamkeit ist das Gefühl, nicht ausreichend soziale Beziehungen zu haben. Einsamkeit kann krank machen, beispielweise im Hinblick auf Diabetes, Herz-Kreislauf- oder Demenzerkrankungen. Die Datenlage weist darauf hin, dass im Jahr 2017 rund 2 bis 3 % der Bevölkerung in Bayern häufig einsam waren. Mit der Corona-Pandemie ging zumindest vorübergehend ein starker Anstieg des Einsamkeitsempfindens einher. Das Thema Einsamkeit stellte den Präventionsschwerpunkt 2023 des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention dar, in dessen Zuge das LGL in Zusammenarbeit mit dem INIFES-Institut einen ausführlichen Gesundheitsbericht mit den epidemiologischen Eckdaten, den Risikofaktoren, den gesundheitlichen Folgen und Maßnahmen gegen Einsamkeit erstellte (siehe rechte Spalte).

Hintergrund

Als subjektives Empfinden unterscheidet sich Einsamkeit gegenüber den objektiven Sachverhalten der „sozialen Isolation“ und des „Alleinseins“.

Einsamkeit kann jeden treffen. Ein erhöhtes Einsamkeitsrisiko haben Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen sowie Menschen in sozial schwierigen Lebenslagen. Dabei gibt es viele Formen der Einsamkeit: Die Einsamkeit von Menschen, die ihre Partner verloren haben, ist anders als die von Mobbing-Opfern oder krankheitsbedingt einsamen Menschen, die Einsamkeit junger Menschen anders als die von Menschen im Alter oder die Einsamkeit von Sterbenden. Studien zeigen, dass chronische Einsamkeit das Risiko für viele Krankheiten und Befindlichkeitsstörungen deutlich erhöht: für psychische Störungen wie Depressionen, Angst- und Suchterkrankungen sowie körperliche Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus. In der Summe erhöhen die gesundheitlichen Folgen der Einsamkeit auch das Risiko für einen vorzeitigen Tod.

Ergebnisse

Die Datenlage weist darauf hin, dass (in Abhängigkeit von der Erfassungsmethodik und des Befragungszeitraums) im Jahr 2017 rund 2 bis 3 % der Bevölkerung in Bayern häufig oder sehr häufig einsam waren. Mit der Corona-Pandemie ging zumindest vorübergehend ein starker Anstieg des Einsamkeitsempfindens einher, dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) zufolge in Bayern bei Erwachsenen auf 16,2 % im Jahr 2021. Frauen waren im Jahr 2021 mit 21,0 % deutlich häufiger von Einsamkeit betroffen als Männer mit 11,3 %. Unterteilt nach einzelnen Altersgruppen zeigten sich im Jahr 2021 besonders hohe Einsamkeitshäufigkeiten bei den 18- bis 25-Jährigen (31,7 % häufig oder sehr häufig einsam).

Die Abbildung zeigt ein Säulendiagramm, das die Anteile häufig oder sehr häufig einsamer Menschen in Bayern darstellt.

Abbildung: Anteil häufig oder sehr häufig einsamer Menschen in Bayern (Datenquelle: SOEP, Berechnungen: INIFES, gewichtete Daten)


Insgesamt stieg das Einsamkeitsempfinden im Zuge der Corona-Pandemie bei so gut wie allen betrachteten Gruppen, zudem auch bei Kindern und Jugendlichen sowie Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen, die in der SOEP-Befragung nicht erfasst waren.

Daten zur Einsamkeitshäufigkeit nach der Corona-Pandemie lagen zum Zeitpunkt der Berichtlegung (Stand: Dezember 2023) für Bayern noch nicht vor, allerdings zeigen erste Ergebnisse der Nationalen Mental Health Surveillance, dass der Anteil der von Einsamkeit betroffenen Erwachsenen in Deutschland zwischen August 2021 und Oktober 2022 um rund 4 % zurückging. Junge Erwachsene wiesen auch in dieser Befragung ein höheres Einsamkeitsempfinden auf als ältere Menschen, die Rückgänge der Einsamkeit seit August 2021 waren jedoch in allen Altersgruppen zu beobachten.

Fazit und Maßnahmen

Einsamkeit stellt ein bedeutsames Public-Health-Thema dar, dessen gesundheitliche, mediale und politische Relevanz in den letzten Jahren auch vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie erheblich zugenommen hat. Da es zahlreiche unterschiedliche Formen der Einsamkeit gibt, sollten Maßnahmen zur Linderung und Bekämpfung der Einsamkeit an den jeweiligen individuellen Bedarfslagen ansetzen. Dies beinhaltet einerseits, die individuellen Ressourcen der Menschen zu stärken, andererseits aber auch, die Alltagsbedingungen für das Miteinander zu verbessern. Zudem gilt es, die gesundheitlichen Folgen von Einsamkeit zu mildern. Beiträge dazu können alle Politikfelder liefern („Health in all Policies“). Zu den Handlungsansätzen gegen Einsamkeit zählen die Stärkung von sozialen Sicherungssystemen und gemeindlichen Sozialräumen ebenso wie personenbezogene Förderungen, Beratung und Aufklärung sowie Öffentlichkeitsarbeit und Entstigmatisierung.