Landarzt- und ÖGD-Quote – Bayerns Reaktion auf den Ärztemangel
Einführung
„Im Schnitt sind Bayerns Ärzte laut Bundesarztregister Mitte 50, Hausärzte gar Mitte 60. Tausende wollen in den nächsten Jahren aufhören. Aber der Job des Hausarztes in der Provinz - Generalist, Einzelkämpfer, ständig für Patienten erreichbar - scheint für Medizinstudenten weniger attraktiv zu sein als Spezialistentum mit geregelteren Arbeitszeiten in den Städten.“ (Günther, 2019). Als Reaktion auf den Ärztemangel im ländlichen Raum einerseits und im Öffentlichen Gesundheitsdienst andererseits hat der Bayerische Landtag im Dezember 2019 das Bayerische Land- und Amtsarztgesetz verabschiedet, so dass Bayern als eines der ersten Bundesländer im Jahr 2020 die Landarztquote eingeführt hat. Ein Jahr später folgte die Quote für den Öffentlichen Gesundheitsdienst.
Nach den durch das Gesetz geschaffenen Quoten werden bis zu 5,8 % bzw. 1 % aller Medizinstudienplätze in Bayern an Bewerberinnen und Bewerber vergeben, die sich nach Abschluss des Studiums zu einer Facharztweiterbildung für Allgemein- oder Innere Medizin bzw. einer Weiterbildung im Fachgebiet Öffentliches Gesundheitswesen sowie einer anschließenden mindestens zehnjährigen Tätigkeit in einem mit Hausärzten unterversorgten Gebiet bzw. im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in Bayern verpflichten. Es wird davon ausgegangen, dass die im Rahmen der Quote ausgebildeten Ärzte eine enge Bindung an ihren Arbeitsort aufbauen und auch nach den zehn Jahren ihre Tätigkeit vor Ort fortführen werden (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2020c)).
Das LGL ist für das Bewerbungs- und Auswahlverfahren, die Administration und das Monitoring der Landarzt- und ÖGD-Quote Bayern zuständig. Im Auswahlverfahren der Landarztquote Bayern können sich Bewerberinnen und Bewerber unabhängig vom Numerus Clausus für ein Humanmedizinstudium bewerben. Der Bewerbungszeitraum läuft einmal jährlich in der Zeit vom 1. bis zum 28. Februar.
Das zweistufige Zulassungsverfahren
In der ersten Auswahlstufe werden das Ergebnis eines fachspezifischen Studieneignungstests (Test für Medizinische Studiengänge), Vorliegen einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einem Gesundheitsberuf, sowie eine freiwillige oder ehrenamtliche Tätigkeit, die einen medizinischen Bezug aufweist, als Auswahlkriterien herangezogen.
In der zweiten Auswahlstufe finden strukturierte und standardisierte Auswahlgespräche statt; daran nehmen diejenigen Bewerberinnen und Bewerber teil, welche sich in der ersten Stufe des Auswahlverfahrens qualifiziert haben (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2020a)). Mittels der Auswahlgespräche sollen die Bewerberinnen und Bewerber hinsichtlich ihrer persönlichen Eignung und Motivation für das Medizinstudium und ihrer späteren Tätigkeit als Landärztin und Landarzt bzw. Amtsärztin und Amtsarzt geprüft werden. Die über die Quoten ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten beginnen ihr Studium jeweils im Wintersemester an allen medizinischen Fakultäten in Bayern. Dabei werden Ortspräferenzen nach Möglichkeit berücksichtigt (vgl. Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2020b)).
Die Vorabquoten werden regelmäßig auf der Grundlage einer Bedarfsprognose festgelegt und dürfen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht höher sein als der prognostizierte Bedarf. Der Anteil der Studienplätze in der Landarzt- und der ÖGD-Quote werden dabei bezogen auf die Gesamtzahl der Studienplätze pro Jahr errechnet und jeweils zum Wintersemester vergeben. Geht man von den aktuell in Bayern ausgewiesenen Medizinstudienplätzen aus stehen für die Landarztquote jährlich ca. 113 und für die ÖGD- Quote ca. 20 Medizinstudienplätze zur Verfügung.
Bewerbungsturnus 2023 in Zahlen
Dass die Landarzt- und die ÖGD-Quote attraktiv für Studierende ist, zeigt sich an den Bewerberzahlen: so haben sich seit dem ersten Vergabeverfahren der Landarztquote Bayern im Februar 2020 auf die in den letzten vier Bewerbungsjahren zu vergebenden 460 Studienplätze insgesamt 1.972 Studieninteressierte beworben; in der ÖGD-Quote haben sich seit Februar 2021 auf die in den letzten drei Turnussen zu vergebenden 58 Studienplätze 91 Bewerberinnen und Bewerber beworben.
Im Bewerbungsturnus 2023 haben sich auf 118 Studienplätze in der Landarztquote 475 beworben. Das Durchschnittsalter der Studienanfängerinnen und Studienanfänger für die Landarztquote 2023 liegt bei 23 Jahren, 67 % davon sind Frauen; 88 % der erfolgreichen Kandidatinnen und Kandidaten kommen aus Bayern. Von den Landarztquoten-Studentinnen und -Studenten konnten 72 % einen fachspezifischen Studieneignungstest vorweisen, knapp 40 % haben einen gesundheitsbezogenen Beruf erlernt; vor Studienbeginn übten 41 % der Studierenden ein Ehrenamt bzw. 35 % eine freiwillige Tätigkeit mit medizinischem Bezug aus.
Für die ÖGD-Quote haben sich im Frühjahr 2023 39 potentielle Studierende auf 20 Plätze beworben. Die Studienanfängerinnen und Studienanfänger der ÖGD-Quote kommen mit 95 % vorrangig aus dem bayerischen Raum und haben ebenfalls ein Durchschnittsalter von 23 Jahren. Die Hälfte der ÖGD-Studierenden legten das Ergebnis eines fachspezifischen Eignungstests vor, ein Viertel von ihnen hat eine medizinische Berufsausbildung abgeschlossen; von den 20 ÖGD-Studenten übten 15 % eine ehrenamtliche Tätigkeit bzw. 10 % eine freiwillige Tätigkeit mit medizinischem Bezug aus.
400. Studentin der Landarztquote Bayern
Im September 2023 beglückwünschte der damalige bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek die 400. Studentin der Landarztquote Bayern am LGL-Standort in Memmingen und betonte: „Mit unserer Landarztquote gehen wir genau den richtigen Schritt, um mehr motivierte Nachwuchskräfte für eine hausärztliche Tätigkeit auf dem Land zu gewinnen.“ (Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2023b)).
„Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, dass wir mehr junge Mediziner benötigen“ (Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2023a)), welche sich für die unverzichtbaren Berufe der Hausärztin und Hausarzt bzw. der Amtsärztin und Amtsarzt begeistern und ihn auch dort ausüben wollen, wo sie besonders gebraucht werden: in den unterversorgten bzw. von Unterversorgung bedrohten Regionen und Gesundheitsämtern.
Literatur
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2020a): „Huml: Bewerbungsfrist für die Landarztquote startet am 1. Februar – Bayerns Gesundheitsministerin übergab 249. Und 250. Förderbescheid im Rahmen des Medizinstipendiatenprogramms“ [Pressemitteilung], Nr.14/GP, https://www.stmgp.bayern.de/presse/huml-bewerbungsfrist-fuer-die-landarztquote-startet-am-1-februar-bayerns (abgerufen am 10. Januar 2024).
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2020b): „Huml: Bewerbungsfrist für die Landarztquote endet am 28. Februar – Bayerns Gesundheitsministerin: Wir bieten auch jungen Menschen ohne Einserabitur die Möglichkeit eines Medizinstudiums“ [Pressemitteilung], Nr.43/GP, https://www.stmgp.bayern.de/presse/huml-bewerbungsfrist-fuer-landarztquote-endet-am-28-februar-bayerns-gesundheitsministerin (abgerufen am 10. Januar 2024),
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2020c): „Huml: Vereinfachtes Zulassungsverfahren für Landarztquote wegen Corona-Pandemie“ [Pressemitteilung], Nr.119/GP, https://www.stmgp.bayern.de/presse/huml-vereinfachtes-zulassungsverfahren-fuer-landarztquote-wegen-corona-pandemie/ (abgerufen am 10. Januar 2024).
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2023a): „Holetschek: Bayern startet neue Runde zur Landarzt- und ÖGD-Quote für Medizinstudienplatzbewerber – Bayerns Gesundheitsminister: Das Bewerberportal ist ab 1. Februar 2023 geöffnet – Bisher 327 Medizinstudierende über die Landarztquote und 33 Studierende über die ÖGD-Quote“ [Pressemitteilung], Nr.4/GP, https://www.stmgp.bayern.de/presse/holetschek-bayern-startet-neue-runde-zur-landarzt-und-oegd-quote-fuer/ (abgerufen am 10. Januar 2024).
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (2023b): „Holetschek: Die bayerische Landarztquote ist ein großer Erfolg – Bayerns Gesundheitsminister überreichte bei Besuch am LGL-Standort Memmingen Urkunde an die 400. Studentin im Rahmen der Bayerischen Landarztquote“ [Pressemitteilung], Nr.300/GP, https://www.stmgp.bayern.de/presse/holetschek-die-bayerische-landarztquote-ist-ein-grosser-erfolg-bayerns-gesundheitsminister/ (abgerufen am 10. Januar 2024).
Günther, Anna (2019): „Medizinstudium in Bayern Rauskaufen kann sich nur die Oberschicht" [online], in: Süddeutsche Zeitung, https://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-medizinstudium-numerus-clausus-1.4592452 (abgerufen am 09. Januar 2024).