Ausgewählte Ergebnisse zur Schuleingangsuntersuchung 2004 bis 2007
Bei der Schuleingangsuntersuchung handelt es sich um die derzeit einzige Screeninguntersuchung, bei der alle Schulanfänger erfasst werden. Unter einer „Screeninguntersuchung“ versteht man ein Untersuchungsprogramm für alle Kinder. Diese Untersuchung ist für alle Kinder und Eltern ein Angebot, um bestimmte gesundheitliche Beeinträchtigungen, die für den Schulbesuch relevant sind, wie z. B. Seh-, Hör- und Sprachstörungen zu erkennen. Dies ist speziell für Kinder, die nicht bzw. nicht regelmäßig an Früherkennungsuntersuchungen teilgenommen haben, von großer Bedeutung. Rechtliche Grundlagen der Schuleingangsuntersuchungen in Bayern sind Art. 80 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) und Art. 14 des Gesundheitsdienst- und Verbraucherschutzgesetzes (GDVG).
Die statistische Auswertung der Daten ermöglicht zudem einen Gesamtüberblick über den Gesundheitszustand der Kinder. Daraus lassen sich Folgerungen für den individuellen Förderbedarf der Kinder sowie für die Entwicklung gesundheitspolitischer Konzepte zur Prävention und Gesundheitsförderung ableiten. Insbesondere die Identifikation bestimmter Risikogruppen ist von Interesse, um zielgerichtete Präventions- bzw. Interventionsmaßnahmen einleiten zu können. In der Förderung und Begleitung einer gesunden Entwicklung der Kinder und Jugendlichen besteht eine wichtige Aufgabe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Darstellung der Ergebnisse
Dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wurden für das Schuljahr 2005/06 Daten von 131.984 Kindern von den bayerischen Gesundheitsämtern übermittelt. Die wichtigsten Befunde betreffen die Sprachentwicklung, die körperliche Entwicklung und die gesundheitliche Versorgung. Jungen waren deutlich häufiger von Sprachstörungen betroffen als Mädchen. Bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen sollten eigentlich bereits zum Zeitpunkt der Einschulung Maßnahmen zur Förderung ergriffen worden sein - dies war jedoch nur teilweise der Fall.
Etwa 8,8 % der Mädchen und Jungen waren übergewichtig, 3,4 % davon adipös. In Tabelle 1 sind zum Vergleich die Häufigkeiten von Übergewicht und Adipositas nach Bundesland dargestellt. Die aufgeführten Daten stammen aus den Schul- bzw. Untersuchungsjahren 2004/05 bis 2006/07. Im Bundesdeutschen Vergleich liegen die Prävalenzraten von Übergewicht und Adipositas in Bayern etwas niedriger.
Übergewicht und Adipositas bei Einschulungskindern, Abfrage 2007 | |||||||
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(Referenzsystem Kromeyer-Hauschild et al.) | |||||||
Schul-/ Untersuchungsjahr | Übergewichtige ("einschl. adipöser) Kinder in % | Adipöse Kinder in % | |||||
insgesamt | männlich | weiblich | insgesamt | männlich | weiblich | ||
Baden-Württemberg | 2006 | 11,5 | 11,1 | 4,9 | 4,6 | ||
Bayern | 2005/2006 | 8,8 | 9,0 | 8,6 | 3,4 | 3,6 | 3,3 |
Berlin | 2005 | 12,0 | 12,0 | 12,0 | 5,1 | 5,4 | 4,7 |
Brandenburg | 2006 | 9,7 | 9,9 | 9,4 | 4,1 | 4,3 | 3,8 |
Bremen (Stadtgemeinde) | 2005 | 10,5 | 10,4 | 10,6 | 4,3 | 4,3 | 4,3 |
Hamburg | 2004/2005 | 11,8 | 12,1 | 11,5 | 5,4 | 6,0 | 4,5 |
Hessen | 2005/2006 | 11,1 | 11,3 | 10,9 | 4,7 | 5,1 | 4,4 |
Mecklenburg-Vorpommern | 2005/2006 | 12,8 | 6,0 | ||||
Niedersachsen | 2005/2006 | 10,2 | 10,2 | 10,3 | 4,4 | 4,6 | 4,3 |
Nordrhein-Westfalen | 2006 | 10,9 | 10,9 | 10,8 | 4,6 | 4,8 | 4,3 |
Rheinland-Pfalz | 2005/2006 | 10,1 | 3,8 | ||||
Saarland | 2006/2007 | 11,0 | 10,7 | 11,2 | 5,1 | 5,5 | 4,6 |
Sachsen | 2005/2006 | 9,4 | 3,9 | ||||
Sachsen-Anhalt | keine Daten verfügbar | ||||||
Schleswig-Holstein | 2005 | 10,4 | 10,8 | 4,9 | 4,5 | ||
Thüringen | 2005/2006 | 7,2 | 6,8 | 7,7 | |||
Datenzusammenstellung: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Gesundheitsberichterstattung, 2007 | |||||||
in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Gesundheitsberichterstattung, Prävention, Rehabilitation und Sozialmedizin der AOLG | |||||||
Hinweis: Bei der Interpretation der Daten sind Unterschiede in der Populationszusammensetzung nach Land und Jahr zu beachten, z. B. sind die Kinder nicht völlig altershomogen |
Impfraten, Teilnahmeraten an den Früherkennungsuntersuchungen und Häufigkeiten von Übergewicht und Adipositas weisen unterschiedliche regionale Verteilungen auf. So liegt in einem Landkreis der Anteil übergewichtiger Kinder mit 11,1 % deutlich über dem bayerischen Durchschnitt, gleichzeitig finden sich in diesem Landkreis weit überdurchschnittliche Durchimpfungsraten und Teilnahmeraten an den Früherkennungsuntersuchungen, in anderen Landkreisen ist es umgekehrt. Im Hinblick auf die gesundheitliche Versorgung weisen die bayerischen Kinder sehr gute Teilnahmeraten an den U-Untersuchungen auf – an der U1 nahmen ca. 99 % teil, an der U9 noch ca. 92 % (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen U1-U9 in der Schuleingangsuntersuchung zum Schuljahr 2005/06. Datenbasis: Kinder mit Angaben zu Früherkennungsuntersuchungen.
Auch die Durchimpfungsraten sind für die meisten empfohlenen Impfungen hoch (Schuljahr 2007/08; siehe Abbildung 2). Bei einigen Impfungen, wie z. B. der zweiten Masern-Mumps-Röteln-Impfung (MMR), bestehen, je nach Region, jedoch noch Lücken. Mit den derzeitigen Impfraten kann das Ziel der von der Weltgesundheitsorganisation geforderten Elimination der Masern noch nicht erreicht werden.
Abbildung 2: Durchimpfungsraten bei Schuleintritt zum Schuljahr 2007/08. Datenbasis: Kinder mit vorgelegten Impfdokumenten.
Häufig fällt ein Kind mit einer Seh- oder Hörschwäche in der Schule nur durch Unkonzentriertheit, schlechte Leistungen oder Kopfschmerzen auf, ohne dass beim Kind die genauen Ursachen gleich erkannt werden. Darum wird im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung bei allen Kindern in Bayern ein apparativer Seh- und Hörtest durchgeführt. Dieser ist erheblich zuverlässiger als nicht apparative Seh- und Hörtests, wie sie oft bei der U9 durchgeführt werden. So war bei der Schuleingangsuntersuchung zum Schuljahr 2005/06 der Sehtest bei 6,4 % der Kinder auffällig, obwohl die Kinder mit einer bekannten Sehstörung mit ihrer Brille getestet wurden. Der Anteil Kinder mit auffälligem Sehtest unter den Brillenträgern lag bei 19,9 %. Das heißt bei diesen Kindern war die Brille nicht optimal angepasst. Oft ist der letzte Augenarzttermin zu lange her.