Feinstaub
Neben gasförmigen Luftschadstoffen wie Ozon und NOx wird Feinstaub als ein weiterer Indikator zur bestehenden Luftschadstoffbelastung der Bevölkerung herangezogen. Partikuläre Luftinhaltsstoffe werden, wenn sie dispers in der Luft verteilt sind, auch als Aerosol bezeichnet. Der Begriff umfasst sowohl "feste " (Stäube) als auch "flüssige " Partikel (Nebel). Neben den natürlichen Aerosolquellen (z. B. Seesalz der Meere, Vulkanausbrüche, aufgewirbelter Saharasand) und biogenen Aerosolen (z. B. Pollen) spielen anthropogene Quellen (z. B. Verbrennungsprozesse) eine wichtige Rolle. Nach ihrer Freisetzung bilden die anorganischen und organischen Reaktionszwischenprodukte schnell ultrafeine Partikel (Nukleation), die im weiteren Verlauf aus thermodynamischen Gründen zu größeren Einheiten aggregieren (Koagulation).
In der wissenschaftlichen Literatur werden die verschiedenen Begriffe zur Partikelcharakterisierung oft nicht einheitlich gebraucht. Dies liegt insbesondere daran, dass sich die Begrifflichkeit in unterschiedlichen Bereichen (z.B. Arbeitsschutz, Umweltschutz, Regulation) entwickelt hat und an die speziellen Bedürfnisse und analytischen Möglichkeiten angepasst wurden. Feinstaubfraktionen werden messtechnisch im Umweltbereich nach der Teilchengröße (particulate matter, PM) unterschieden. PM10 steht dabei für eine Partikelfraktion, die einen größenselektiven Lufteinlass passiert, der für einen aerodynamischen Durchmesser von 10 µm eine Abscheidewirksamkeit von 50 % hat und eine maximale Größe der Partikel bis ca. 20 µm. PM2,5 steht für eine entsprechend kleinere Partikelfraktion. Außerdem gibt es noch ultrafeine Partikel mit einem Durchmesser von weniger als 0,1 µm, oft auch als PM0,1 bezeichnet. Die Eigenschaften und Wirkungen des Feinstaubs werden einerseits durch den Partikel selbst und andererseits durch die an der Partikeloberfläche anhaftenden anorganischen Stoffe wie z. B. Metalle oder organischen Verbindungen wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) beeinflusst.
Quellen für Feinstäube
Feinstaubeinträge in die Umwelt können natürlicher Herkunft wie z.B. Seesalz der Meere sein. Beim Feinstaubeintrag in die Innenraum- oder Außenluft spielt der Mensch eine große Rolle.
Die Emissionen an PM2,5 in Deutschland sind insbesondere durch Haushalte und Kleinverbraucher bzw. den Verkehr geprägt. Messungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) zeigen, dass der Verkehr auch die größte Quelle für PM10 in der Außenluft darstellt. Dabei ist der Hauptanteil auf Auspuffemissionen zurückzuführen, aber auch Aufwirbelungen des Straßenverkehrs und Reifenabrieb tragen zur Belastung bei. Zu weiteren Verursachern zählen Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs sowie Diesel-Fahrzeuge aus der Land- und Forstwirtschaft, der Industrie und des Militärs. Auch Kleinfeuerungs- und Industrieanlagen, die landwirtschaftliche Viehhaltung, der Umschlag staubender Güter und die Ackerlandbewirtschaftung gehören zu den Feinstaubquellen. Ausführliche Informationen findet man hier.
Für die Feinstaubbelastung in der Innenraumluft können neben der Außenluft auch z. B. Emissionen aus Öfen, Heizungen, Küchen- und Reinigungsgeräte wie Backöfen und Staubsauger sowie der Eintrag über Zigarettenrauch verantwortlich sein.
Wirkungen von Feinstäuben auf die menschliche Gesundheit
Wie stark das Einatmen von Feinstaub gesundheitsschädlich wirkt, hängt von der Größe und Oberflächenbeschaffenheit der Partikel und ihrer chemischen Zusammensetzung ab, die u.a. mit der Emissionsquelle im Zusammenhang steht. Je kleiner die Staubpartikel sind, desto tiefer können sie in die Atemwege eindringen. PM10-Partikel dringen beispielsweise in die Nasenhöhle, PM2,5-Teilchen bis in die Bronchien und Lungenbläschen sowie ultrafeine Partikel bis in die Lungenbläschen vor. So können bei einer ausreichenden Luftbelastung die Schleimhäute der Nase oder der Bronchien gereizt werden und es u.U. zu lokalen Entzündungen in der Luftröhre und den Bronchien kommen. Gelangen Partikel bis tief in die Lungenbläschen, können sie von dort auch ins Blut gelangen und mit dem Blutkreislauf in andere Körpergewebe verteilt werden.
Zahlreiche epidemiologische Studien haben im Rahmen einer Kurzzeitexposition einen Zusammenhang zwischen der Feinstaubkonzentration in der Luft und der Morbidität bei Kindern und Erwachsenen nachgewiesen. Untersucht wurden beispielsweise die Änderung von Lungenfunktionsparametern, die Medikamenteneinnahme von Asthmatikern, die Veränderung kardiovaskulärer Parameter wie Herzfrequenzvariabilität und Blutviskosität oder die Zahl von Arztbesuchen und Krankenhausaufnahmen. Auch die Wirkungen auf die tägliche Sterblichkeit und das Herz-Kreislaufsystem werden als gesichert angesehen.
Epidemiologische Studien zu Langzeiteffekten von partikelförmiger Luftbelastung haben ebenfalls einen Zusammenhang mit z. B. der Änderung der Lungenfunktion, dem Auftreten von Atemwegserkrankungen (Bronchitis) oder atopischen Erkrankungen sowie auf die Mortalität (Gesamtsterblichkeit, kardiopulmonare Mortalität) beobachtet. Darüber hinaus wird ein möglicher Zusammenhang auf die kindliche Entwicklung diskutiert.
Zusätzliche Literatur zu gesundheitlichen Kurz- und Langzeitwirkungen findet man im Kapitel Weiterführende Informationen.
Kontrollierte Expositionsstudien an Probanden und tierexperimentelle Untersuchungen unterstützen die vorgenannten Zusammenhänge aus den epidemiologischen Studien.
Neuere Arbeiten verweisen zudem auf gesundheitliche Auswirkungen ultrafeiner Partikel, die unabhängig von den Gesundheitseffekten der größeren Partikel sind. Auch wenn die Datenlage hierzu noch nicht ausreichend ist, wird den gesundheitlichen Effekten ultrafeiner Partikel zukünftig insofern Beachtung geschenkt werden müssen, da bisherige regulatorische Maßnahmen für PM10,die darauf abzielen, die Partikelmasse zu reduzieren, nicht zwingend die Partikelanzahl ultrafeiner Partikel verringern.
Luftbelastung und Grenzwerte
In der „Vorläufigen Jahreskurzauswertung 2018 für Stickstoffdioxid und Feinstaub Jahresmittel“ des Bayerischen Landesamt für Umwelt sind die derzeitig vorherrschenden Belastungen in unterschiedlichen bayerischen Regionen dargestellt.
In der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind Immissionsgrenzwerte festgelegt. Es handelt sich um Werte, die auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse von den Parlamenten mit dem Ziel festgelegt werden, schädliche bzw. erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die Umwelt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen. Diese Grenzwerte müssen innerhalb eines bestimmten Zeitraums (z. B. eines Tages oder Kalenderjahrs) eingehalten werden.
Für PM10 und PM2,5 liegen folgende Grenzwerte vor:
- als 24-Stunden-Grenzwert 50 µg/m³ PM10, der nicht öfter als 35mal im Jahr überschritten werden darf. Als der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert gilt 40 µg/m³ PM10.
- Seit Januar 2015 gilt für PM2,5, der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3.
Weiterführende Informationen
DGP (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.v. (2018) Positionspapier der DGP. Atmen: Luftschadstoffe und Gesundheit. Online: https://pneumologie.de/fileadmin/DGP_Luftschadstoffe_Positionspapier_20190129.pdf
Gredner T, Behrens G, Stock C, Brenner H, Mons U. (2018) Cancers Due to Infection and Selected Environmental Factors. Dtsch Arztebl115(35-36): 586-593.
Health Canada (HC) (2016) Human health risk assessment for coarse particulate matter. Ottawa, Canada. Online: https://www.canada.ca/en/health-canada/services/publications/healthy-living/human-health-risk-assessment-coarse-particulate-matter-executive-summary.html
Lippmann M. (2014) Toxicological and epidemiological studies of cardiovascular effects of ambient air fine particulate matter (PM2.5) and its chemical components: Coherence and public health implications. Crit. Rev. Toxicol. 44, 299–347.
Luben TJ, Nichols JL, Dutton SJ, Kirrane E, Owens EO, Datko-Williams L, Madden M, Sacks JD. (2017) A systematic review of cardiovascular emergency department visits, hospital admissions and mortality associated with ambient black carbon. Environ Int 107, 154-162.
Martin RS et al. (2009) Environmental effects of ashfall in Argentinia from the 2008 Chaiten volcanic eruption. Journal of Volcanology and Geothermal Research 184: 462-472
Meola M, Lazzaro A, Zeyer J. (2015) Bacterial Composition and Survival on Sahara Dust Particles Transported to the European Alps. Front Microbiol. 6: 1454
Nhung NTT, Amini H, Schindler C, Kutlar Joss M, Dien TM, Probst-Hensch N, Perez L, Künzli N. (2017) Short-term association between ambient air pollution and pneumonia in children: A systematic review and meta-analysis of time-series and case-crossover studies. Environ Pollut 230, 1000-1008.
Pope CA 3rd, Burnett RT, Krewski D, Jerrett M, Shi Y, Calle EE, Thun MJ. (2009) Cardiovascular mortality and exposure to airborne fine particulate matter and cigarette smoke: shape of the exposure-response relationship. Circulation 120, 941-948.
Raaschou-Nielsen O, Beelen R, Wang M, et al. (2016) Particulate matter air pollution components and risk for lung cancer. Environ Int 87, 66-73.
Weltgesundheitsorganisation (2005) Air Quality Guidelines – Particulate Matter, ozone, nitrogen, dioxide and sulfur dioxide (PDF, 1.77 MB)
Weltgesundheitsorganisation (2016) Ambient air pollution-A global assessment of exposure and burden of disease
Weltgesundheitsorganisation (2018) WHO Global Ambient Air Quality Database (update 2018)