Tierexperimentelle Befunde
Die Wirkung feiner Partikel wurde in einer großen Zahl von Tierversuchen untersucht. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass Proben unterschiedlicher Herkunft (Dieselruß, Ölflugasche, Filterstaub, Industrieruß, konzentrierter Umweltstaub) eingesetzt und auch unterschiedlich (inhalativ oder durch Instillation in die Luftröhre) verabreicht wurden.
Die Wirkungen und der Wirkungsmechanismus
In den mit Partikeln aus unterschiedlichen geographischen Regionen und verschiedenen Quellen durchgeführten Untersuchungen konnten weitgehend übereinstimmende morphologische Veränderungen, Entzündungsreaktionen und Schädigungen in den Lungen von Versuchstieren nachgewiesen werden. Dabei ist auch die chemische Zusammensetzung der Partikel von Bedeutung. Diese Wirkungen scheinen relativ typisch für alle granulären, unlöslichen Feinstäube zu bestehen und wesentlich von der physikalischen Oberflächeneigenschaft der Partikel abzuhängen. Darüber hinaus konnte z. B. für Ölflugasche und Dieselrusspartikel gezeigt werden, dass die biologischen Effekte auch von dem Gehalt an wasserlöslichen Übergangsmetallen (Eisen, Nickel, Vanadium, Zink) und von den sonstigen adsorbierten organischen Substanzen abhängen.
Der Wirkungsmechanismus wird bisher noch nicht vollständig verstanden. Man geht, insbesondere aufgrund von Experimenten mit Dieselrusspartikeln, jedoch davon aus, dass verschiedene Zelllinien der Atemwege in Anzahl und Funktion beeinflusst werden und vermehrt Botenstoffe (Chemokine) gebildet werden, die zu einem Einstrom von Granulozyten in das Bronchiallumen führen. In der Folge werden vermehrt bioaktive Substanzen (z. B. Cytokine) gebildet, die zu Entzündungsreaktionen, Zellschäden, Zellproliferationen und ggf. Tumorentstehung führen können. Darüber hinaus kommt es zur Bildung von hochreaktiven Verbindungen (z. B. reaktive Sauerstoffspezies, Radikale), die bei vielen biochemischen Prozessen (u. a. Entzündungsreaktionen) eine Rolle spielen und durch Reaktionen mit DNA und der Zellmembran zu strukturellen und funktionalen Veränderungen führen können.
In Versuchen mit jungen und älteren Ratten wurde eine Altersabhängigkeit der Partikelwirkung im Atemtrakt gefunden. So reagierten junge Tiere empfindlicher auf Umweltstaub. Dagegen wurde bei Kombination von Industrieruß und Ozon eine stärkere Reaktion älterer Ratten beobachtet.
Neben der Wirkung im Atemtrakt wurde in Tierversuchen auch eine systemische, insbesondere kardiovaskuläre Toxizität nachgewiesen. Entsprechende Untersuchungen wurden überwiegend an Versuchstieren durchgeführt, die experimentell erzeugte kardiopulmonale Schädigungen aufwiesen und somit als Tiermodelle für entsprechende Erkrankungen beim Menschen fungieren können. Es zeigte sich, dass es nach Inhalation von Partikeln zu Veränderungen kardiopulmonaler Funktionen kommt, die vermutlich über Veränderung der Fließeigenschaften des Blutes erklärbar sind.
Das Ergebnis der Untersuchungen
Die Tatsache, dass Wirkungen meist bei älteren und bei vorgeschädigten Tieren beobachtet wurden, steht im Einklang mit epidemiologischen Befunden, die einen Anstieg der Mortalität und Morbidität vor allem bei alten Menschen und Personen mit Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen zeigen.
Ultrafeine Partikel
Verschiedene toxikologische Untersuchungen haben sich mit Unterschieden in der Wirkung feiner und ultrafeiner Partikel befasst. Allgemein wurde bei gleicher Massendosis eine stärkere Wirkung ultrafeiner Partikel beobachtet. Außerdem scheint die Toxizität ultrafeiner Teilchen stark von ihrer chemischen Zusammensetzung abzuhängen. Die bereits bei Feinstaub beobachtete Altersabhängigkeit der Wirkung konnte auch bei ultrafeinen Partikeln nachgewiesen werden. Eine Erklärungsmöglichkeit könnte darin begründet sein, dass ultrafeine Partikel zwar eine kleine Masse haben, aber dafür in großer Anzahl auftreten und eine sehr große (wirkungsrelevante) Oberfläche besitzen.
Kanzerogene Wirkung
Für bestimmte unlösliche Partikel wurde in Tierversuchen eine Krebs erzeugende Wirkung nachgewiesen. So zeigten entsprechende Untersuchungen die Induktion von Tumoren z. B. durch Dieselabgas, Carbon Black (Industrieruß) und Titandioxid. Diese Wirkungen waren insbesondere im Rattenmodell zu beobachten, während andere Tierspezies widersprüchliche oder negative Ergebnisse zeigten. Für einzelne Feinstäube, wie z. B. dem Dieselruß, gehen jedoch verschiedene nationale und internationale Organisation davon aus, dass aufgrund der tierexperimentellen Ergebnisse ein krebserzeugendes Potential angenommen werden muss.
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