10 Jahre Ohrkan-Studie: Entwicklung der Freizeitlärmexposition bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Hintergrund
Viele Jugendliche und junge Erwachsene setzen sich vor allem durch Musikhören über Kopfhörer an Smartphones oder Diskothekenbesuche riskantem Freizeitlärm aus. Zu hohe Lärmexposition kann auf Dauer zu Hörverlusten führen. Im Rahmen der Ohrkan-Kohortenstudie wurde die Freizeitlärmexposition bei Jugendlichen ab dem Alter von 15 Jahren über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren in bisher fünf Befragungswellen per Fragebogen erhoben. Die Ohrkan-Kohortenstudie wird am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Regensburg durchgeführt und durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) gefördert. An der ersten Erhebung nahmen 2.148 Schülerinnen und Schüler teil, in der aktuellen 5. Welle waren es noch 1.209 Teilnehmende.
Die Freizeitlärmexposition wurde für insgesamt 18 Freizeitaktivitäten anhand von Schalldruckpegeln aus der Literatur und der von den Studienteilnehmenden angegebenen Expositionsdauer geschätzt. Eine riskante Freizeitlärmexposition wurde in Anlehnung an den Schwellenwert aus dem Arbeitsschutz definiert als das Überschreiten von 85 dB(A), gemittelt über eine 40-Stunden-Woche. Auch die Hörfähigkeit der Teilnehmenden wurde bislang dreimal, im Abstand von jeweils etwa fünf Jahren audiometrisch am Universitätsklinikum Regensburg untersucht.
Ergebnisse
Riskante Freizeitlärmexposition
Es zeigte sich, dass sich ein großer Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen riskantem Freizeitlärm aussetzt. In der zweiten Welle, als die Befragten ca. 18 Jahre alt waren, war der Anteil am größten (74 %). Anschließend ging dieser Anteil während des jungen Erwachsenseins kontinuierlich zurück (64 % in Welle 3; 53 % in Welle 4 und 32 % in Welle 5). Die fünfte Welle fand während der Covid-19 Pandemie statt, die zu einem starken Rückgang der Besucherzahlen bei Musikveranstaltungen führte. Es ist daher anzunehmen, dass dies den Rückgang riskanten Freizeitlärms mitbeeinflusste.
Hauptquellen der Freizeitlärmexposition
Im Alter von ca. 15 Jahren trug das Musikhören über Kopfhörer an Smartphones mehr als die Hälfte (52 %) zur Freizeitlärmexposition der Teilnehmenden bei. Bis zum Alter von ca. 20 Jahren ging der Anteil des Musikhörens über Kopfhörer an Smartphones an der Freizeitlärmexposition zurück, während der Anteil der Diskothekenbesuche zunahm. Im Alter von ca. 20 und 23 Jahren stellten Diskothekenbesuche ca. die Hälfte (53 % und 50 %) der Freizeitlärmexposition dar. In der fünften Welle (Alter: ca. 26 Jahre) ging der Anteil der Diskothekenbesuche an der Freizeitlärmexposition besonders stark zurück (von 50 % auf 36 %). Zugleich änderte sich der Anteil des Musikhörens über Kopfhörer an Smartphones nur minimal (25 % auf 27 %).
Lärmbedingte Hörminderung
Während zu Studienbeginn bei 2,4 % der Teilnehmenden eine hörbedingte Lärmminderung festgestellt wurde, konnte nach etwa 10 Jahren ein Anstieg auf 4,9 % beobachtet werden. Es zeigte sich bislang kein statistischer Zusammenhang mit einer riskanten Freizeitlärmexposition.
Fazit und Ausblick
Ein großer Teil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen setzt sich in der Freizeit einer riskanten Freizeitlärmexposition aus. Hauptquellen der Freizeitlärmexposition sind Diskothekenbesuche und Musikhören über Smartphone. Ein Zusammenhang zwischen der riskanten Freizeitlärmexposition und einer lärmbedingten Hörminderung konnte in der noch jungen Kohorte nicht beobachtet werden. Aufgrund der hohen Freizeitlärmexposition unter Kindern und Jugendlichen, die langfristig zu einem erhöhten Risiko einer Hörminderung führen könnte, verdient die Hörgesundheit Heranwachsender besondere Aufmerksamkeit. Beispielsweise könnten Präventionsprogramme in Schulen dazu beitragen, die Freizeitlärmexposition zu reduzieren. Als Präventionsmaßnahme auf individueller Ebene eignet sich die Nutzung einer Lautstärkenbegrenzung auf Smartphones. Das LGL wird die Ohrkan-Studie auch zukünftig fortsetzen, um die riskante Freizeitlärmexposition und ihren möglichen Einfluss auf eine lärmbedingte Hörminderung im Verlauf des Erwachsenenalters weiterhin zu beobachten.
Weiterführende Literatur
- Senninger, S., Gerstner, D., Huß, J., Stadler, A., Schreiber, F., Herr, C., Heinze, S., Weiln-hammer, V., Risky listening behaviour to music via headphones and its determinants – 7.5 years OHRKAN cohort study. International Journal of Audiology, 2023; 1-9. https://doi.org/10.1080/14992027.2023.2261075
- Stadler, A., Gerstner, D., Senninger, S., Kutzora, S., Huß, J., Schreiber, F., Herr, C., Heinze, S., Weilnhammer, V., Ten-year results of leisure noise exposure among adolescents and young adults–findings from the OHRKAN cohort study. International Journal of Audiology, 2023; 1-9. https://doi.org/10.1080/14992027.2023.2207115