STELLA - Studie zum Ernährungsverhalten im Säuglingsalter - Ein Interventionsprojekt zur Verbesserung der Stillbedingungen in einer Modellregion
Laufzeit: 2007-2010
Der Sachbereich Arbeits- und Umweltepidemiologie und das Sachgebiet Chemikaliensicherheit und Toxikologie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit führten STELLA als klinikbasierte und gemeindebezogene Interventionsstudie durch. Das Projekt wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit im Rahmen der Gesundheitsinitiative Gesund.Leben.Bayern. gefördert.
Hintergrund
Die vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in den Jahren 2005 bis 2006 durchgeführte prospektive Kohortenstudie „Stillverhalten in Bayern“ hatte unter anderem gezeigt, dass die Stillraten sowohl im Krankenhaus als auch im weiteren Verlauf der nachgeburtlichen Zeit regional sehr unterschiedlich sein können.
Neben vielen anderen Faktoren werden der Stillwunsch der Mutter und die Überwindung von auftretenden Stillproblemen sehr stark von der Betreuung der Mütter durch das Gesundheitspersonal gebahnt. Vor diesem Hintergrund beschlossen die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Kinderhilfswerk UNICEF mit dem Programm „Zehn Schritte zum erfolgreichen Stillen“ weltweit durch verbesserte Rahmenbedingungen in Geburtskliniken das Stillen zu fördern. Dass die Einführung dieser Schritte die Stillquoten erhöhen kann, wurde im Rahmen einer großen randomisierten Interventionsstudie, dem PROBIT-Trial gezeigt [1].
Nach WHO/Istituto per l'infanzia führt eine gezielte Weiterbildung des Gesundheitspersonals zu einer wissenschaftlich gesicherten Verbesserung der Stillraten [2]. Auch die Europäische Kommission sieht in ihrem Aktionsplan „Schutz, Förderung und Unterstützung des Stillens in Europa“ Bedarf in der Verbesserung der Aus- und Weiterbildung aller Gesundheitsberufe bezüglich des Themas Stillens [3].
Zielsetzung / Durchführung der Studie
In Niederbayern als Modellregion Bayerns mit unterdurchschnittlichen Stillraten sollte das Stillwissen des Personals von Geburtskliniken und von Nachsorgehebammen vertieft und das Stillmanagement der die Mütter betreuenden Berufsgruppen verbessert werden. Dadurch sollten die Stillquoten und die Stilldauer erhöht werden.
Das Projekt gliederte sich in zwei Abschnitte:
Im ersten Projektabschnitt wurden per Losverfahren 10 Geburtskliniken ausgewählt, mittels persönlichen Interviews zu den Stillbedingungen in den Kliniken befragt und zur Studienteilnahme eingeladen. Als Interventionsmaßnahme fand in den Kliniken von Mai bis Dezember 2008 eine Personalschulung auf der Basis der Kriterien zur Erlangung der Zertifizierung „Babyfreundliches Krankenhaus“ statt mit einem 20 Stunden-Kurs für das Pflegepersonal und freiberuflich tätige Hebammen und einem 10 Stunden-Kurs für die in den Geburtskliniken tätigen Ärzte/Ärztinnen. Die Schulungen wurden vom Ausbildungszentrum für Laktation und Stillen durchgeführt.
Das Ziel war, möglichst alle Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter zu schulen, die stillende Mütter in den teilnehmenden Krankenhäusern betreuen. Als besonderer Schwerpunkt der Schulungen waren unter anderem die Beratung von Müttern mit Stillproblemen und die Beratung bestimmter Risikogruppen wie z. B. Raucherinnen vorgesehen.
Die Einbeziehung freiberuflich tätiger Hebammen in diese klinikbasierten Schulungen ist sinnvoll, da sie die so genannte häusliche Hebammen-Nachsorge durchführen. Hier werden Mütter intensiv innerhalb der ersten 2 Monate nach der Geburt, oft schon innerhalb der ersten drei Tage nach der Entbindung unter anderem zum Stillen betreut. Auch nach Ablauf von acht Wochen können Mütter bei Stillschwierigkeiten bis zum Ende der Stillzeit ihre Hebamme kontaktieren.
Als Prozessevaluation dieses ersten Projektabschnitts erfolgte eine Befragung der Teilnehmer/innen zur Beurteilung der Fortbildung. An der Schulung nahmen 378 Personen teil, 211 aus dem Pflegebereich (1% Männer), 83 aus dem ärztlichen Bereich (40% Männer) sowie 84 Hebammen. Dies entspricht rund 85% des gesamten in der Mutter-Kind-Betreuung tätigen Personals der 10 Kliniken. Die Befragung der Teilnehmer/innen (Response 83%) ergab, dass über 80% der Meinung waren, durch die Schulung fachlich dazu gelernt zu haben und das Gelernte gut für die eigene praktische Tätigkeit verwenden zu können. Die Ergebnisse der Klinikbefragungen im März 2009 zeigen eine Umsetzung der Schulungsinhalte in die Klinikarbeitsabläufe und belegen den Beitrag der Weiterbildung verschiedener Berufsgruppen zu strukturellen Veränderungen hin zu einer stillfreundlicheren Krankenhausumgebung.
Der zweite Projektabschnitt stellte die Ergebnisevaluation dar. Am 1.4.2009 begann eine Kohortenstudie, in der alle Frauen, die im Zeitraum zwischen 1.4.2009 und 15.6.2009 in einer der teilnehmenden Kliniken entbunden hatten, unmittelbar nach Geburt ihres Kindes sowie 2 und 4 Monate nach der Geburt zu ihrem Stillverhalten befragt wurden. 604 Frauen (54% aller Geburten in den Kliniken zwischen 1.4.2009 und 15.06.2009) nahmen an der Kohortenstudie teil. Die Teilnahmeraten in den einzelnen Kliniken schwankten zwischen 37 Prozent und 92 Prozent. Im November 2009 wurde die Befragung abgeschlossen. Die in dieser Kohortenstudie nach Intervention ermittelten Stillraten in der Modellregion wurden zu den niederbayerischen Ergebnissen der zuvor durchgeführten beobachtenden Kohortenstudie „Stillverhalten in Bayern“ in Beziehung gesetzt.
Teilnehmende Kliniken in Niederbayern
- Klinikum Deggendorf
- Kreiskrankenhaus Dingolfing
- Kreiskrankenhaus Eggenfelden
- Goldberg-Klinik Kelheim
- Klinikum Landshut
- Klinikum Passau
- Krankenhaus Rotthalmünster
- Kreiskrankenhaus Viechtach
- Kreiskrankenhaus Zwiesel
Referenzen
[1] Kramer MS, Chalmers B, Hodnett ED et al. Promotion of Breastfeeding Intervention Trial (PROBIT). JAMA 2001; 285: 413-420
[2] WHO/Istituto per l'Infanzia. Promotion of Breastfeeding in Europe. Protection, promotion and support of breastfeeding in Europe: review of interventions.
EU Project Contract N. SPC 2002359. IRCCS, Trieste 2004 (PDF, 670 KB)
[3] European Commission, IRCCS Burlo Garofolo, WHO. Schutz, Förderung und Unterstützung des Stillens in Europa: Ein Aktionsplan.
EU Project Contract N. SPC 2002359, Luxemburg 2004 (PDF, 344 KB)
Studienergebnisse
Elterninformation: Flyer STELLA – Studie zum Ernährungsverhalten im Säuglingsalter. Erste Ergebnisse (PDF, 86 KB)
Abschlussbericht (PDF 1,8 MB)
Literatur
Weitere Ergebnispräsentationen:
- Nicole Meyer, Hedwig Spegel, Lana Hendrowarsito, Ursula Schwegler, Hermann Fromme, Gabriele Bolte. Personalschulung als Interventionsansatz auf Klinikebene zur Stillförderung: Evaluationsergebnisse der ersten Phase der STELLA-Studie. Gesundheitswesen 2012; 74: 34-41
https://www.thieme-connect.com/DOI/DOI?10.1055/s-0030-1268510 - Nicole Meyer, Hedwig Spegel, Lana Hendrowarsito, Ursula Schwegler, Hermann Fromme, Gabriele Bolte. Die STELLA-Interventionsstudie zur Stillförderung: Wie effektiv sind Personalschulungen auf Klinikebene? Gemeinsamer Kongress der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) und der Deutschen Gesellschaft für Medizinsoziologie (DGMS) in Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) im Lande Bremen, Bremen 21.-23.09.2011; Gesundheitswesen 2011; 73: 586
- Nicole Meyer, Hedwig Spegel, Lana Hendrowarsito, Ursula Schwegler, Hermann Fromme, Gabriele Bolte. Determinanten des initialen Stillens: Ergebnisse der Interventionsstudie STELLA im Vergleich zur bayerischen Stillstudie 2005/2006. 46. Jahrestagung der DGSMP, Berlin 21.-25.09.2010; Gesundheitswesen 2010; 72: 595
- Bolte G, Spegel H, Meyer N, Hendrowarsito L, Schwegler U, Fromme H. STELLA - eine klinikbasierte und gemeindebezogene Interventionsstudie zur Stillförderung. 4. DGEpi-Jahrestagung Münster 16.-19.09.2009; Abstractband S. 24 (P32)
- Meyer N, Spegel H, Hendrowarsito L, Schwegler U, Fromme H, Bolte G. Personalschulung als Interventionsansatz auf Klinikebene zur Gesundheitsförderung bei Kindern: Das Projekt STELLA zur Stillförderung. DGSMP/ DGMS-Jahrestagung Hamburg 23.09. - 25.09.2009; Gesundheitswesen 2009; 71: 533
- Spegel H, Meyer N, Hendrowarsito L, Schwegler U, Fromme H, Bolte G. STELLA: Eine Interventionsstudie zur Stillförderung. 3. LGL-Kongress für den Öffentlichen Gesundheitsdienst, Landshut 28.-30.10.2009
- Spegel H, Meyer N, Hendrowarsito L, Schwegler U, Fromme H, Bolte G. STELLA – eine klinikbasierte und gemeindebezogene Interventionsstudie zur Stillförderung. 7. Deutscher Still- und Laktationskongress, Hamburg/Norderstedt 05.-07.11.2009
Zur Interventionsstudie STELLA:
- Schwegler U, Rebhan B, Kohlhuber M, Bolte G, Liebl B, Fromme H. Eine Interventionsstudie zur Verbesserung der Stillbedingungen in Geburtskliniken einer Modellregion in Bayern. Gesundheitswesen 2008; 70 Suppl. 1: S. 40-S42
Zur Studie „Stillverhalten in Bayern“:
- Kohlhuber M, Rebhan B, Schwegler U, Koletzko B, Fromme H. Breastfeeding rates and duration in Germany: a Bavarian cohort study. Br J Nutr 2008; 99: 1127-1132
- Kohlhuber M, Rebhan B, Schwegler U, Fromme H. Kohortenstudie Stillverhalten in Bayern - Methoden, Teilnahmeraten und Repräsentativität. Gesundheitswesen 2008; 70 Suppl. 1: S. 5-S. 7
- Rebhan B, Kohlhuber M, Schwegler U, Koletzko B, Fromme H. Stillfrequenz und Stillprobleme - Ergebnisse der Bayerischen Stillstudie. Gesundheitswesen 2008; 70 Suppl. 1: S. 8-S. 12
- Schwegler U, Kohlhuber M, Rebhan B, Fromme H. Ohne Papa keine Brust? Hebammenforum 2007; 7: 555-557
Zum Internationalen Symposium „Stillen und kindliche Gesundheit“ am 06. und 07. Oktober 2006 in München:
- Gesundheitswesen 2008; 70, Supplement S1 (herausgegeben von H. Fromme, M. Kohlhuber, U. Schwegler, A. Zapf, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit) (Online: https://www.thieme-connect.de/products/ejournals/issue/10.1055/s-002-12445)