Humane Toxikokinetikstudie zum Weichmacher/Flammschutzmittel Tris(2-butoxyethyl)phosphat (TBEP)
Hintergrund
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit führt das Projekt im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Prävention (StMGP) durch.
Flammschutzmittel sind Stoffe, welche die Ausbreitung von Bränden einschränken, verlangsamen oder verhindern sollen und werden in großem Umfang z. B. in elektronischen Geräten, Polstermöbeln, Teppichen und Dämmmaterialien eingesetzt. Derzeit entfallen ca. 25 % auf die Gruppe der halogenierten Flammschutzmittel (bromiert und chloriert) und ca. 20 % auf die sogenannten Organophosphat-Flammschutzmittel (OPF). Bei der letztgenannten Verbindungsklasse werden typischerweise aromatische und aliphatische Ester der Phosphorsäure eingesetzt, wie beispielsweise TCEP (Tris(chlorethyl)phosphat), TCPP (Tris(chlorpropyl)phosphat), TDCP (Tris(dichlorisopropyl)phosphat),TPP (Triphenylphosphat) und das Tris(2-butoxyethyl)phosphat (TBEP).
Durch Verdampfung, Auswaschung oder im Zuge der Entsorgung entsprechender Organophosphat-haltiger Produkte werden diese freigesetzt und belasten aufgrund ihrer physikochemischen Eigenschaften die Umwelt. Die einzelnen Substanzen zeigen ein teilweise unterschiedliches Wirkspektrum. Während TCEP im Tierexperiment im Wesentlichen neurotoxische Effekte hat, wirken TDCP und TBEP insbesondere auf Leber und Niere. Neben den bekannten neurotoxischen Effekten bei akuten Vergiftungen werden derzeit auch neuropsychologische Effekte nach chronischer Exposition gegenüber Organophosphaten intensiv diskutiert.
Aufgrund strengerer Brandschutzbestimmungen sowie der stärkeren Regulierung anderer Flammschutzmittel muss mit einem weiteren Anstieg des Verbrauchs an OPF gerechnet werden.
Trotz ihrer weiten - und zunehmenden - Verbreitung ist die Datenlage zu Exposition und Toxizität begrenzt. In einer Untersuchung von Hausstäuben und luftgetragenen Stäuben in deutschen Kindergärten (LUPE 3) haben wir teilweise hohe Gehalte an OPF gefunden.
Die höchsten Konzentrationen ließen sich für TBEP mit medianen Gehalten von 225 mg/kg im Staub und 49 ng/m³ in der Raumluft nachweisen.
Durch hydrolytische Spaltung entstehen aus fast allen OPF im menschlichen Körper entsprechende Abbauprodukte, die sicher im Urin nachgewiesen werden können. Ein Human-Biomonitoring kann also grundsätzlich valide Daten zur internen Belastungssituation liefern. Wir haben gemeinsam mit dem Institut und der Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Kinderurine aus der vorgenannten Studie untersucht und auch hier die Abbauprodukte, insbesondere den TBEP-Metaboliten Di-(2-butoxyethyl)phosphat (DBEP), nachweisen können (Fromme et al. 2014).
Tris(2-butoxyethyl)phosphat (TBEP) (CAS-Nr. 78-51-3) wird hauptsächlich in Bodenpflegemitteln, als Lösemittel in Harzen, als Viskositätsveränderer in Plastisolen, als Weichmacher in Gummistopfen und als Flammschutzmittel eingesetzt. Genaue Daten zu Herstellung und Verwendung sind nicht verfügbar. Die chemische Struktur ist in der Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Chemische Struktur von Tris(2-butoxyethyl)phosphat (TBEP)
Projektziele
Zur Toxikokinetik von TBEP liegen bisher weder am Menschen noch aus dem Tierexperiment Ergebnisse vor. Vor diesem Hintergrund wären konkrete Daten zur quantitativen Ausscheidung der TBEP-Metaboliten beim Menschen hilfreich. Mit diesen Daten könnte aus der internen Belastung bzw. der Ausscheidung der Metaboliten im Urin auf die Gesamtaufnahme an TBEP geschlossen werden. Zu diesem Zweck nehmen sechs Probanden einmalig eine Dosis von TBEP oral zu sich und anschließend wird die Ausscheidung der Metaboliten im zeitlichen Verlauf untersucht.
Das geplante Projekt ermöglicht erstmals eine Risikoabschätzung zur Gesamtbelastung der allgemeinen Bevölkerung gegenüber TBEP, dem derzeit anscheinend wichtigsten OPF. Es Projekt unterstützt dadurch unmittelbar die behördliche Risikokommunikation und dient der Versachlichung öffentlicher Diskussionen.
Mit der Durchführung des Projektes werden toxikokinetische Grundlagen geschaffen, mit denen erstmals aussagekräftige Daten zur Gesamtbelastung erhoben werden können. Auf Grundlage der Ergebnisse können validere und schnellere Risikoabschätzungen für die allgemeine Bevölkerung getroffen und fachlich besser begründete Schlussfolgerungen gezogen werden.
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Prävention (StMGP) schließt mit diesem Vorhaben bestehende Wissenslücken zur Toxikokinetik gegenüber gesundheitlich bedenklichen Substanzen, was erheblich zu einem stärker zielgerichteten Risikomanagement und zu einer besseren Risikokommunikation beitragen wird.
Ergebnisse
Mit Ergebnissen wird bis Ende 2015 gerechnet.
Literatur
H. Fromme, T. Lahrz, M. Kraft, L. Fembacher, C. Mach, S. Dietrich, R. Burkardt, W. Völkel, T. Göen (2014) Organophosphate flame retardants and plasticizers in the air and dust in German daycare centers and human biomonitoring in visiting children (LUPE 3). Environment International 71, 158-163.