Radioaktivität in Lebensmitteln

Natürliche und künstliche Radioaktivität in Lebensmitteln

Seit es lebende Materie gibt, ist sie von außen und von innen der Wirkung ionisierender Strahlung ausgesetzt. Zu dieser natürlichen Strahlenexposition ist seit Beginn des 20. Jahrhunderts eine zusätzliche Strahlenbelastung aus künstlich geschaffenen Quellen hinzugekommen.

Natürliche Radioaktivität

Die natürliche Radioaktivität ist stets vorhanden. Sie wird verursacht von radioaktiven Nukliden aus der Entstehungszeit irdischer Materie. Dazu gehören z. B. Kalium-40, die Uranisotope Uran-235 und Uran-238 und deren Zerfallsprodukte (z. B. Radon-222, Radium-226 oder Thorium-232). Andere Radionuklide werden ständig in den obersten Schichten der Atmosphäre durch die kosmische Strahlung neu gebildet, wie z. B. Tritium H-3 oder Kohlenstoff C-14.

Die natürliche Radioaktivität bildet den Hauptanteil der heute in unserer Nahrung vorhandenen Aktivität und wird weder von uns verursacht noch kann sie durch uns beeinflusst werden. Sie trägt etwa 0,3 Millisievert pro Jahr zu der durchschnittlichen Strahlenbelastung eines Verbrauchers bzw. einer Verbraucherin in Deutschland von durchschnittlich 2,1 Millisievert bei und verteilt sich auf viele Lebensmittel, die diese natürlichen Radionuklide (vorwiegend Betastrahler) in unterschiedlichen Konzentrationen aufnehmen können.
Paranüsse nehmen eine Sonderstellung bei der durch natürliche Radionuklide verursachten Strahlenbelastung ein. Sie reichern insbesondere das für den Menschen schädlichere Radium 226 (Alphastrahler) deutlich stärker an als die gängigen Nahrungsmittelgruppen in Deutschland. Detaillierte Informationen zu diesem Thema finden sie beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) unter http://www.bfs.de/DE/themen/ion/umwelt/lebensmittel/radioaktivitaet-nahrung/radioaktivitaet-nahrung.html

Künstliche Radioaktivität

Künstlich vom Menschen erzeugte Radionuklide sind zu Hunderten bekannt und unterscheiden sich in ihren physikalischen Gesetzmäßigkeiten nicht von den natürlich vorkommenden. Praktische Bedeutung für die Belastung des Menschen und der Umwelt haben nur wenige Nuklide, die entweder große Halbwertszeiten besitzen oder wegen ihres physiologischen Verhaltens stärker radiotoxisch wirken. Dazu gehören z. B. die Radionuklide Kobalt Co-60, Cäsium Cs-134, Cäsium Cs-137, Strontium Sr-90, Plutonium Pu-238 und Pu-239 und Jod I-131.

Künstliche radioaktive Stoffe in unserer Umwelt stammen überwiegend von den früheren oberirdischen Kernwaffenversuchen in den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts und dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986. Die freigesetzten Radionuklide gelangten über die Atmosphäre zu uns und wurden durch Niederschläge ("Wash-out") oder als Staub ("Fall-out") auf Bewuchs und Boden abgelagert.

Den Spaltprodukten Iod-131, Cäsium-134 und Cäsium-137 kam die größte radiologische Bedeutung zu. Iod-131 mit seiner kurzen Halbwertzeit von acht Tagen zählte aufgrund seiner Wirkung in der Schilddrüse zu den wichtigsten dosisrelevanten Nukliden. Cäsium-134 (Halbwertzeit ca. zwei Jahre) und Cäsium-137 (Halbwertzeit ca. 30 Jahre) hatten mittel- und langfristig die größeren radiologischen Auswirkungen. Es existieren heute nur noch ganz geringe Mengen an Cäsium-134, jedoch trug es in den ersten Jahren nach 1986 erheblich zu den Strahlendosen bei.

Die meisten übrigen Radionuklide sind inzwischen zerfallen. In den nächsten Jahrzehnten wird neben Cäsium-137 nur noch in sehr geringem Umfang Strontium-90 eine gewisse Bedeutung spielen.

Daneben treten vereinzelt geringe radioaktive Belastungen aus dem Umgang in Medizin (Therapie), Industrie, Gewerbe und Wissenschaft auf.

Die Radioaktivität in Lebensmitteln heute

Bayerische Lebensmittel weisen heute mit wenigen Ausnahmen wieder die niedrigen Radiocäsiumgehalte auf wie vor der Katastrophe von Tschernobyl. Milch, Milcherzeugnisse sowie landwirtschaftlich erzeugte Lebensmittel tierischer und pflanzlicher Herkunft aus Bayern enthalten weniger als 1 Bq/L beziehungsweise Bq/kg Radiocäsium.

Der Gehalt an natürlicher Radioaktivität, der überwiegend von Kalium 40 herrührt, beträgt seit jeher ca. 40 bis 60 Bq/L in Milch, in Gemüse zwischen 30 und 150 Bq/kg und in Fleisch etwa 50 bis 150 Bq/kg.

Die folgende Tabelle zeigt eine Gegenüberstellung der Radioaktivitätsgehalte in unseren Lebensmitteln.

Tabelle 1: Natürliche  und künstliche Radioaktivität in Lebensmitteln
Lebensmittel Natürliche Radioaktivität (als Kalium 40 Bq/L bzw. kg) Künstliche Radioaktivität (als Cs 137 Bq/L bzw. kg)
Milch 40–60 n. n. 1) – 1
Fleisch Schwein 30–140 n. n. 1) – 6
Fleisch Rind 50–150 n. n. 1) – 10
Fleisch Kalb 50–140 n. n. 1) – 7
Fleisch Geflügel 40–130 n. n. 1) – 1
Gemüse 30–150 n. n. 1) – 1
Obst 30–150 n. n. 1) – 1
Haselnüsse 186–272 n. n. 1) – 4
Honig 30–200 n. n. 1) – 100
1) n. n.= nicht nachweisbar, bei einer Nachweisgrenze < 1 Bq/kg Fleisch

Es gibt nur noch wenige Lebensmittel aus Bayern, die heute immer noch mit Radiocäsium belastet sein können: Wildpilze, Wildbret sowie in deutlich geringerem Umfang einzelne Wildbeeren- und Waldhonigproben. Welche Rolle die Radiumcäsiumbelastung in diesen Lebensmittelgruppen noch spielt, kann in den jeweiligen Internetbeiträgen nachgelesen werden.

Umfang der Radioaktivitätsüberwachung von Lebensmitteln in Bayern und rechtliche Grundlagen

Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit schuf auf der Basis des 1986 erlassenen Strahlenschutzvorsorgegesetzes (StrVG) in Zusammenarbeit mit den Ländern das sogenannte "Integrierte Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Umweltradioaktivität" (IMIS).

Auf Grundlage dieser Aufgabenzuweisung wurde für Bayern ein umfangreiches Routinemessprogramm erstellt, das zur Überwachung aller Ernährungspfade dient, über die Radionuklide aufgenommen werden.

Dieses Programm wird durch risikoorientierte Messungen von Wild, Pilzen und anderen Lebensmitteln erweitert. Weitere Proben stammen aus der Überwachung importierter Lebensmittel aus EU-Drittländern aufgrund der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2020/1158, die nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe b Unterpunkt ii erlassen wurde.

Gemäß der Empfehlung der Kommission (2003/274/Euratom) finden die in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2020/1158 genannten Höchstwerte von Cäsium-137 von 370 Bq/kg für Milch, Milcherzeugnisse und Nahrungsmittel für Säuglinge und Kleinkinder sowie 600 Bq/kg für alle anderen betroffenen Erzeugnisse, ebenfalls Anwendung auf sämtliche in der EU untersuchten Lebensmittelproben. Somit sind diese Höchstwerte auch beim Handel innerhalb der EU anzuwenden.