Rückstandssituation bei pflanzlichen Bio-Lebensmitteln
Abstract
2023 untersuchte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) 2.360 Proben pflanzlicher Herkunft auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln, 595 der untersuchten Proben waren als Bio-Produkte gekennzeichnet. Diese wiesen wie auch in den Vorjahren deutlich weniger Rückstände und eine geringere Beanstandungsquote auf, als die Produkte aus konventioneller Erzeugung.
Hintergrund
Durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln werden Kulturpflanzen nachhaltig vor negativen Einflüssen durch Schädlinge oder Krankheiten geschützt. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln hilft, einwandfreie Ware wirtschaftlich zu erzeugen, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in den behandelten Kulturen sind dabei häufig unvermeidbar. In der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 sind europaweit gültige Höchstgehalte festgelegt, die dafür sorgen, dass Lebensmittel auch mit Pflanzenschutzmittelrückständen für die Verbraucher sicher sind.
Bei Produkten aus ökologischer Erzeugung ist die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln durch die Regeln der Ökobasis-Verordnung (VO (EU) Nr. 2018/848) stark eingeschränkt. Wenn das LGL in den Produkten Wirkstoffe außerhalb der Liste zugelassener Substanzen und in Mengen nachweist, die sicher über dem entsprechenden Orientierungswert liegen, erfolgt eine Beanstandung als irreführende Kennzeichnung.
Sowohl in Hinblick auf die steigenden Marktanteile ökologisch erzeugter Lebensmittel als auch wegen des möglichen Betrugspotenzials durch falsch deklarierte Öko-Produkte untersucht das LGL jedes Jahr auch ökologisch erzeugte Produkte.
Ergebnisse
Im Jahr 2023 untersuchte das LGL insgesamt 2.360 pflanzliche Lebensmittel auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Dabei setzte das LGL sowohl eine Multimethode ein, mit der eine Vielzahl an Stoffen in einem Arbeitsschritt erfasst werden kann, als auch bei einzelnen Produktgruppen spezielle Einzelmethoden für Stoffe wie Ethylenoxid oder polare Pestizide wie Glyphosat. Eine Übersicht der Ergebnisse ist in nachfolgender Tabelle dargestellt:
Lebensmittel | Probenzahl | ohne R | mit R kleiner HG | mit R größer HG |
---|---|---|---|---|
Obst | 907 | 246 | 634 | 27 |
konventionell | 746 | 92 | 627 | 27 |
biologisch | 161 | 154 | 7 | 0 |
Obsterzeugnisse | 31 | 4 | 23 | 4 |
konventionell | 29 | 3 | 22 | 4 |
biologisch | 2 | 1 | 1 | 0 |
Getränke | 50 | 36 | 14 | 0 |
konventionell | 33 | 19 | 14 | 0 |
biologisch | 17 | 17 | 0 | 0 |
Gemüse | 860 | 429 | 413 | 18 |
konventionell | 669 | 260 | 391 | 18 |
biologisch | 191 | 169 | 22 | 0 |
Gemüseerzeugnisse | 46 | 21 | 22 | 3 |
konventionell | 38 | 15 | 20 | 3 |
biologisch | 8 | 6 | 2 | 0 |
Getreide | 38 | 11 | 27 | 0 |
konventionell | 25 | 4 | 21 | 0 |
biologisch | 13 | 7 | 6 | 0 |
Getreideerzeugnisse | 13 | 3 | 10 | 0 |
konventionell | 5 | 3 | 2 | 0 |
biologisch | 8 | 0 | 8 | 0 |
Kartoffeln und stärkereiche Pflanzenteile | 42 | 28 | 14 | 0 |
konventionell | 29 | 15 | 14 | 0 |
biologisch | 13 | 13 | 0 | 0 |
Hülsenfrüchte, Ölsamen, Schalenobst | 61 | 35 | 21 | 5 |
konventionell | 46 | 21 | 20 | 5 |
biologisch | 15 | 14 | 1 | 0 |
Pilze und Pilzerzeugnisse | 21 | 7 | 13 | 1 |
konventionell | 18 | 4 | 13 | 1 |
biologisch | 3 | 3 | 0 | 0 |
Pflanzliche Fette, Öle | 36 | 22 | 14 | 0 |
konventionell | 31 | 18 | 13 | 0 |
biologisch | 5 | 4 | 1 | 0 |
Säuglings- und Kleinkindernahrungen | 152 | 133 | 15 | 4 |
konventionell | 2 | 2 | 0 | 0 |
biologisch | 150 | 131 | 15 | 4 |
Gewürze | 35 | 11 | 21 | 3 |
konventionell | 33 | 9 | 21 | 3 |
biologisch | 2 | 2 | 0 | 0 |
Wein und Keltertrauben | 23 | 7 | 16 | 0 |
konventionell | 23 | 7 | 16 | 0 |
biologisch | 0 | 0 | 0 | 0 |
Nahrungsergänzungsmittel | 25 | 19 | 6 | 0 |
konventionell | 24 | 19 | 5 | 0 |
biologisch | 1 | 0 | 1 | 0 |
Sonstige | 20 | 15 | 3 | 2 |
konventionell | 14 | 9 | 3 | 2 |
biologisch | 6 | 6 | 0 | 0 |
Gesamt | 2360 | 1027 | 1266 | 67 |
Anteil | 43% | 54% | 3% | |
konventionell | 1765 | 28% | 68% | 4% |
biologisch | 595 | 88% | 11% | 1% |
595 der untersuchten Proben waren als Bio-Produkte gekennzeichnet. Dies entspricht einem Anteil von 25% an den gesamten Proben pflanzlicher Herkunft. Bei den Produkten aus ökologischer Erzeugung wiesen 88% keine Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf, während dies nur bei 28% der konventionell erzeugten Produkte der Fall war. Der Anteil der Proben mit Rückstandsgehalten oberhalb des Höchstgehaltes lag 2023 für Produkte aus konventioneller Erzeugung bei 4% und bei Produkten aus ökologischer Erzeugung bei nur 1%.
Bei den vier Proben aus ökologischer Erzeugung mit Rückständen über den Höchstgehalten handelt es sich um Obst- und Getreidebreie für Säuglinge und Kleinkinder mit Rückständen an Phosphonsäure. Phosphonsäure fällt rechtlich unter die Definition der Pflanzenschutzmittelrückstände. Allerdings gibt es auch alternative Eintragspfade wie phosphonathaltige Düngemittel oder eine länger zurückliegende, damals zulässige, Anwendung als Pflanzenstärkungsmittel. Für Phosphonsäure in den Babybreien ist der Grenzwert der Diätverordnung von 0,01 mg/kg heranzuziehen. Ein Gesundheitsrisiko hat das LGL bei allen Proben auch für diese besonders empfindliche Verbrauchergruppe mit der geforderten Sicherheit ausgeschlossen.
Abbildung : Rückstandssituation in Obst und Gemüse aus ökologischer Erzeugung (R = Rückstand, HG = Höchstgehalt nach Verordnung (EG) Nr. 396/2005)
Wie in der Abbildung zu erkennen, ist die Rückstandssituation von Obst und Gemüse aus ökologischer Erzeugung in den letzten 5 Jahren stabil geblieben. Der Anteil der Proben ohne Pflanzenschutzmittelrückstände lag in den Jahren 2019 bis 2023 zwischen 89,5 und 92,1%. Der Anteil der Proben mit Rückstandsgehalten oberhalb der Höchstgehalte lag in diesem Zeitraum unter 1 %. In 7,5 bis 10,5 % der Proben hat das LGL Rückstandsgehalte bestimmt, die unterhalb der Höchstgehalte lagen. Dabei handelte es sich meistens um Pflanzenschutzmittel, die im ökologischen Landbau zugelassen sind, oder um Gehalte anderer Pflanzenschutzmittel knapp oberhalb der Bestimmungsgrenze.
Bei Gehalten nicht erlaubter Pflanzenschutzmittel, die analytisch sicher über der Bestimmungsgrenze von 0,01 mg/kg liegen, ist eine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht auszuschließen. Das LGL beanstandet solche Proben wegen irreführender „Bio“-Kennzeichnung. Für diese Proben folgt dann zusätzlich eine Ursachenforschung durch die Öko-Kontrollstellen und die zuständigen Landwirtschaftsbehörden. 2023 hat das LGL lediglich zwei Proben (1 Orange, 1 Ananaskonserve) als derart irreführend beanstandet.
Fazit
Wie zu erwarten sind ökologisch erzeugte pflanzliche Lebensmittel weniger mit Pflanzenschutzmittelrückständen belastet als solche aus konventioneller Erzeugung. Die geringe Beanstandungsquote gibt auch keinen Hinweis auf ein erhöhtes Betrugspotenzial bei den untersuchten Bio-Produkten. Konventionell produzierte pflanzliche Lebensmittel sind naturgemäß häufiger mit Rückständen belastet. Höchstgehaltsüberschreitungen sind etwa viermal häufiger festzustellen als bei ökologisch erzeugter Ware. Gesundheitsgefahren für die Verbraucher durch Pflanzenschutzmittelrückstände sind dabei aber als absolute Ausnahme zu betrachten.
Ausblick
Je größer der Anteil der Bio-Produkte am Markt wird und je mehr Gewinn in diesem Marktsegment erzielt werden kann, umso größer wird ein mögliches Betrugspotenzial. Darum wird das LGL trotz der geringen Beanstandungsquote weiterhin regelmäßig ökologische erzeugte pflanzliche Lebensmittel untersuchen.