Pestizide, Polychlorierte Biphenyle (PCB) und andere organische Kontaminanten in Lebensmitteln tierischer Herkunft – Untersuchungsergebnisse 2008

Im Jahr 2008 untersuchte das Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) 1.039 Lebensmittelproben tierischer Herkunft auf Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln sowie auf die Kontamination mit nicht dioxinähnlichen Polychlorierten Biphenylen (PCB) nach der Schadstoff-Höchstmengen-Verordnung (SHmV). Durch den Einsatz von Multimethoden konnten auch noch weitere Umweltstoffe erfasst werden. Zusätzlich überprüfte das LGL die Kontamination mit Perfluorierten Tensiden (PFT). Ein Großteil der Proben (751) entfiel auf die bundesweiten Untersuchungsprogramme NRKP und Monitoring. Bei den anderen Proben handelte es sich um Erzeuger- und Marktkontrollen im Rahmen des risikoorientierten LGL-Stichprobenplanes und um Verdachtsfälle aufgrund früher festgestellter Auffälligkeiten. Die überprüften Erzeugnisse sind in der nachfolgenden Tabelle aufgeführt.

Tabelle 1: Probenübersicht mit Befunden
Probenzahl
Lebensmittel Gesamt ohne Rückstände mit Rückständen
< HM* > HM* davon beanstandet/Grund
Milch 103 - 103 - -
Milcherzeugnisse und Butter 41 - 41 - -
Käse 25 - 25 - -
Eier, Eierzeugnisse 59 9 50 - -
Fleisch 519 277 241 1 1 Lindan
Fleischerzeugnisse 29 14 15 - -
Fische, Fischerzeugnisse 175 5 170 0 -
Honig 88 22 64 2 -
Gesamt 1039 327 709 3 1
Anteile % 31,5 % 68,2 % 0,3 % 0,1 %
* HM: Höchstmenge nach Rückstands-Höchstmengenverordnung (ab 1. September 2008 VO (EG) 396/2005) bzw. Schadstoff-Höchstmengenverordnung; wegen der Berücksichtigung der analytischen Streubereiche entspricht die Anzahl der Höchstmengenüberschreitungen nicht der Anzahl der Beanstandungen.

Der hohe Anteil an rückstandspositiven Proben ist wie immer vor allem auf die längst verbotenen, jedoch sehr stabilen Organochlorpestizide – meist Hexachlorbenzol (HCB) und das DDT-Abbauprodukt DDE – sowie PCB zurückzuführen. Diese Stoffe sind als Umweltkontaminanten im Fettanteil der Lebensmittel in langsam, aber stetig zurückgehenden Konzentrationen (durchwegs unter 0,005 mg/kg) häufig noch nachzuweisen. Sie stammen aus Altlasten, vor allem in den Böden. Gelegentlich werden als Eintragsquelle auch Futtermittel aus Drittstaaten vermutet. Rückstände anderen Ursprungs bilden hingegen die Ausnahme. Unter den schwerpunktmäßig untersuchten Lebensmitteln waren bei Hähnchen-, Puten- und Entenfleisch keine Besonderheiten festzustellen, ebenso bei den untersuchten Forellen, Lachsen, Viktoriabarsch- und Pangasiusfilets.

Aufgrund aktueller Geschehnisse führte das LGL unter anderem folgende Sonderuntersuchungen durch:

  1. Kurz vor Jahresende wurden über das EU-Schnellwarnsystem Meldungen über hohe Dioxin- und PCB-Gehalte in irischem Fleisch (vor allem Schweinefleisch) verbreitet. Einzelne möglicherweise betroffene Produkte waren auch nach Bayern geliefert worden. Die insgesamt 14 am LGL untersuchten Proben wiesen jedoch keine Spuren an PCB nach SHmV auf.
  2. Wegen wiederholter Berichte über den massiven Chemikalieneinsatz in chilenischen Lachsfarmen prüfte das LGL 15 Proben aus dem Handel. Besondere Rückstände, insbesondere die vermuteten Pyrethroide, waren nicht festzustellen. Vielmehr wiesen diese Erzeugnisse ausnahmslos eine deutlich niedrigere Kontamination mit Umweltstoffen auf als Zuchtlachse aus Nordeuropa.
  3. Ein fehlerhaftes Präparat eines Saatgutbeizmittels mit dem insektiziden Wirkstoff Chlothianidin führte im Frühjahr/Sommer in zwei Gegenden Südbayerns zu einem Bienensterben. Die hierzu durchgeführten Untersuchungen des LGL umfassten 32 Honige, wobei sich das Untersuchungsspektrum neben Clothianidin auch noch auf zahlreiche weitere Pflanzenschutzmittelwirkstoffe erstreckte. Clothianidin war in keiner Probe nachweisbar, die Gehalte der anderen lagen weit unter den Höchstmengen.
  4. An mehrere bayerische Erzeugerbetriebe war 2008 kommerzielles Hühner- und Forellenfutter mit stark überhöhten Gehalten der Insektizide Endosulfan und Fenitrothion geliefert worden. Die Analysen des LGL ergaben lediglich bei einer Eierprobe geringe Spuren an Fenitrothion.

Höchstmengenüberschreitungen

Mit insgesamt 0,3 % Grenzwertüberschreitungen war die bislang niedrigste Quote zu verzeichnen (2007: 1,9 %). Jedoch gab es im Bereich der PCB viele auffällige Befunde, vor allem bei Eiern, Rindern und Aalen. Die betroffenen Proben untersuchte das LGL zusätzlich auf dioxinähnliche PCB und Dioxine/Furane, wobei einige beanstandet wurden.

Schweinefleisch

In einer Probe Schweinefleisch wies das LGL einen Lindan-Gehalt von 0,074 mg/kg Fett nach. Damit war der nach Anhang II der ab 1. September 2008 gültigen EG-Verordnung 396/2005 zulässige Höchstgehalt von 0,02 mg/kg Fett deutlich überschritten. Aufgrund eines langjährigen bestehenden Anwendungsverbotes sind Rückstände von Lindan nur noch selten und in sehr geringen Spuren nachzuweisen. Im Vergleich zu anderen Organochlorpestiziden besitzt Lindan nur eine geringe Tendenz zur Anreicherung im Organismus. Die Kontamination musste deshalb erst kürzlich im Erzeugerbetrieb erfolgt sein. Zwei Nachproben wiesen kein Lindan auf. Kontaminationsquellen waren mit großer Wahrscheinlichkeit alte, mit Holzschutzmitteln behandelte Hopfenstangen. Diese waren in kleinere Pfosten zersägt den Tieren zum "Zeitvertreib" in die Stallboxen gelegt worden.

Honig

Wie bereits in den Vorjahren waren in Erzeugnissen einheimischer Imker wiederholt Rückstände an N,N-Diethyltoluamid (DEET) festzustellen. DEET ist als Stoff zur Abwehr von Insekten (Repellent) in einem Spray für Imker enthalten, das bei der Honiggewinnung anstelle eines Rauchgerätes zur Beruhigung der Bienen dienen soll. Bei zwei Proben war der Grenzwert von 0,01 mg/kg knapp überschritten (Toleranzbereich). Zu zehn weiteren einheimischen Honigproben mit DEET-Gehalten unterhalb dieser Höchstmenge erfolgte eine vorsorgliche Warnung der Imker vor einer weiteren Verwendung des Sprays.

Rückstände von Perfluorierten Tensiden (PFT)

Bereits im Jahr 2007 nahm das LGL Schwerpunktuntersuchungen auf PFT in tierischen Lebensmitteln in einem Landkreis vor, in dem sich durch einen dort befindlichen Industriebetrieb, der Perfluoroctansäure (PFOA) als Prozesshilfsmittel verwendet, eine besondere Situation ergeben hatte. Im Jahr 2008 erfolgten bayernweite Untersuchungen von Lebensmitteln tierischer Herkunft, um die Hintergrundbelastung der bayerischen Bevölkerung durch PFT in Lebensmitteln zu ermitteln. Die Untersuchungen der 141 Proben beschränkten sich auf die beiden Leitsubstanzen Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), die als mengenmäßig bedeutendste Vertreter der PFT gelten. Bei den Proben aus dem schon 2007 überprüften Landkreis war in zwei Fällen eine deutliche Anreicherung von PFOA in den Innereien (Rinderniere: 21,5 µg/kg und Entenleber: 28,0 µg/kg) zu beobachten. Auffällig hohe Gehalte an PFOS (21,1 bis 62,7 µg/kg) stellte das LGL bei Fischproben aus dem Bodensee fest. Auch die Untersuchung von Donaufischen (Aale und Waller) ergab erhöhte Gehalte an PFOS (7,3 bis 47,1 µg/kg), die aber bei Fischen aus Fließgewässern typischerweise in dieser Größenordnung anzutreffen sind. Wegen der fehlenden Höchstmengenregelung für Rückstände perfluorierter Tenside in Lebensmitteln erfolgte deren Beurteilung anhand toxikologischer Bewertungen. Bei allen untersuchten Proben ging vom Verzehr dieser Lebensmittel keine Gesundheitsgefährdung aus.

Tabelle 2: PFT-Rückstände in tierischen Lebensmitteln
Produktgruppe Probenzahl PFOA PFOS
Min. Max. Min. Max.
µg/kg µg/kg µg/kg µg/kg
Fische
Teichwirtschaft, AÖ 5 n.n. 2,7 n.n. n.n.
Teichwirtschaften, vorwiegend Franken 8 n.n. n.n. n.n. 1,7
Oberflächengewässer Oberbayern 2 n.n. n.n. n.n. 1,7
Bodensee 6 n.n. n.n. 21,1 62,7
Donau 10 n.n. n.n. 7,3 47,1
Rindfleisch und -innereien
Rindfleisch AÖ 5 n.n. 1,6 n.n. n.n.
sonstiges Bayern 11 n.n. n.n. n.n. n.n.
Rinderleber und -niere AÖ 9 1,0 21,5 n.n. 1,6
sonstiges Bayern 22 n.n. n.n. n.n. 2,8
Entenfleisch und -leber AÖ 2 6,7 28,0 n.n. 1,6
Honig AÖ 1 n.n. n.n. n.n. n.n.
sonstiges Bayern 60 n.n. 0,7 n.n. n.n.
n.n.= nicht nachweisbar

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