Ergotalkaloide in Getreide − Vergleich verschiedener Getreidearten

Signet Jahresbericht 2023

Abstract

2022 wurden neue Höchstgehalte für die Mykotoxingruppe der Ergotalkaloide für verschiedene Getreidearten eingeführt. Im Rahmen einer Schwerpunktuntersuchung überprüfte das LGL verschiedene Getreidearten hinsichtlich der Einhaltung der nun geltenden Höchstgehalte. Bei Dinkel-, Hafer- und Weizenmahlerzeugnissen waren die ermittelten Gehalte unauffällig: es gab keine Höchstgehaltsüberschreitungen und wenn Gehalte festgestellt wurden, waren diese niedrig. Bei Roggenmehlen wies das LGL in drei Fällen (entspricht 14% der Roggenproben) auf erhöhte Gehalte hin, die noch keine Vollzugsmaßnahmen rechtfertigten. Beanstandungen lagen nicht vor.

Hintergrund

Ergotalkaloide (Mutterkornalkaloide) sind natürliche Inhaltsstoffe insbesondere des parasitären Mutterkornpilzes Claviceps purpurea und gehören zu den Mykotoxinen. In Deutschland befällt der Mutterkornpilz hauptsächlich Roggen, in geringerem Maße auch andere Getreidearten. Erkennbar wird ein Befall, wenn sich anstelle eines Korns ein dunkles Mutterkorn (Sklerotium) ausbildet. Als Folge einer Vergiftung durch kontaminierte Lebensmittel wurde beim Menschen ein spezielles, reversibles Krankheitsbild, der Ergotismus, beschrieben. Eine akute Folge der Aufnahme von Ergotalkaloiden sind gefäßverengende Effekte. Nach jahrelanger Vorbereitung sind zum 1. Januar 2022 neue EU-weite Höchstgehalte für Ergotalkaloide in Getreide in Kraft getreten. Diese sollen ab Mitte 2024 teilweise noch herabgesetzt werden. Für Roggen, der für den Endverbraucher in Verkehr gebracht wird, und Roggenmahlerzeugnisse wie Roggenmehl ist aktuell ein Höchstgehalt von 500 μg/kg festgelegt. Die Höchstgehalte für andere Getreidearten wie Weizen, Dinkel, Hafer oder Gerste liegen deutlich niedriger, nämlich derzeit in Abhängigkeit vom Aschegehalt bei 150 µg/kg (Aschegehalt ≥ 900 mg / 100 g) bzw. 100 µg/kg (Aschegehalt < 900 mg / 100 g).[1] Die Höchstgehalte beziehen sich dabei auf die Summe der Gehalte von zwölf Einzelsubstanzen, die zum Teil noch in unterschiedlichen chemischen Formen vorliegen können (insgesamt 14 Komponenten).

Ergebnisse

Das LGL analysierte im Jahr 2023 im Rahmen einer Schwerpunktuntersuchung insgesamt 65 Proben Getreide. Es handelte sich um 22 Proben Roggenmehl, 15 Proben Weizenmehl, 16 Proben Dinkelmehl und 12 Proben Hafererzeugnisse wie Mehl, Flocken und Kleie. Bei 25 Proben war als Herkunftsland des Getreides Deutschland angegeben, jedoch war beim überwiegenden Anteil der Proben (40) kein Herkunftsland genannt. Die Auswertung nach Herkunftsländern ist somit nicht möglich.

Die ermittelten Ergebnisse sind in der Tabelle aufgeführt. Wie erwartet wurden in den Roggenmehlproben die höchsten Gehalte an Ergotalkaloiden und am häufigsten Gehalte über der Bestimmungsgrenze (kleinste Konzentration eines Analyten, die als Zahlenwert mit einer festgelegten Präzision bestimmt werden kann) festgestellt. In mehr als der Hälfte der Proben stellte das LGL Gehalte fest (59%). Bei zwei Proben lagen diese über dem aktuell geltenden Höchstgehalt von 500 µg/kg, jedoch nicht mit der ausreichenden statistischen Sicherheit für eine rechtssichere Beanstandung, weil der Höchstgehalt noch im möglichen Streubereich des analytischen Ergebnisses lag. Der Gehalt in einer weiteren Probe war zwar auffällig erhöht, eine Höchstgehaltsüberschreitung lag aber nicht vor. Das LGL wies die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden vor Ort in diesen drei Fällen auf die erhöhten Gehalte im Bereich des Höchstgehalts hin und empfahl, den Verantwortlichen für das Lebensmittel über den Sachverhalt zu informieren. Der verantwortliche Lebensmittelunternehmer ist laut Gesetz verpflichtet, die Gehalte an Kontaminanten auf ein nach guter Praxis technologisch unvermeidbares Maß zu reduzieren. Ob entsprechende Maßnahmen getroffen wurden, überprüft das LGL durch die Anforderung einer Nachprobe vom betroffenen Lebensmittelunternehmer.

In folgender Tabelle werden diese Abkürzungen genannt:
BG = Bestimmungsgrenze 2 µg/kg (für die Einzelsubstanz)
HG = Höchstgehalt

Ergotalkaloide in verarbeiteten Getreidearten 2023
Getreideart Anzahl Anzahl Mittelwert Median maximale Gehalt] 90. Perzentil] Anzahl größer HG
    (Anteil) kleiner BG) [µg/kg] [µg/kg] [µg/kg] [µg/kg]  
Roggen 22 9
(41 %)
100 21,0 667 331 2
Weizen 15 13
(87 %)
0,99 0,00 10,4 2,64 0
Dinkel 16 9
(69 %)
2,56 0,00 23,7 6,5 0
Hafer 12 12
(100 %)
0,00 0,00 ‹BG 0,00 0
Gesamt 65 45
(69 %)
35,0 0,00 667 77,1 2

Die Belastungssituation bei den anderen untersuchten Getreideproben fiel deutlich günstiger aus. In den Haferproben erfasste das LGL keine Ergotalkaloide mit Gehalten über der Bestimmungsgrenze von 2 µg/kg. Von den Weizenproben enthielten nur zwei Proben (13%) niedrige Gehalte über der Bestimmungsgrenze (maximal 10,4 µg/kg) und bei den Dinkelproben lagen in sieben Fällen die Gehalte an Ergotalkaloiden über der Bestimmungsgrenze (31%), aber auch hier nur in niedrigen Gehalten bis maximal 23,7 µg/kg. Alle gefundenen Gehalte an Ergotalkaloiden überschritten damit die aktuell geltenden Höchstgehalte von 100 µg/kg bzw. 150 µg/kg für diese Getreidearten nicht, sodass hier keine Maßnahmen erforderlich waren.

Fazit

Um allgemein die möglicherweise vorkommenden Mutterkorn-Sklerotien und damit die Ergotalkaloide im Getreide zu minimieren, gibt es unterschiedliche Techniken. Neben der Sichtkontrolle der Rohware auf Vorhandensein der dunklen Mutterkorn-Sklerotien werden in Mühlen vor dem Vermahlen mechanische Leichtkornausleser, Siebsortierer, Trieure oder Farbausleser eingesetzt. Diese können zwar die Sklerotien zuverlässig entfernen, anhaftende Stäube vom Abrieb der Sklerotien können in diesem Schritt jedoch kaum eliminiert werden. Hier kann die Oberflächenbearbeitung, wie das Entfernen der Schälkleie beim Roggen, zur Minimierung beitragen [1]].
Ein Unterschied zwischen den einzelnen Mehltypen bzw. dem Ausmahlungsgrad der jeweiligen Getreideart konnte im Hinblick auf die Ergotalkaloid-Gehalte bei den untersuchten Proben nicht festgestellt werden.

Maßnahmen und Ausblick

Da die Gehalte an Ergotalkaloiden in Getreide stark von der jeweiligen Witterung bis zur Ernte des Getreides abhängig sind, fällt die Belastungssituation von Jahr zu Jahr unterschiedlich aus. Am LGL erfolgt daher routinemäßig eine fortlaufende Überwachung von Getreide und Getreideerzeugnissen

Literatur

  • [1] Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (ABl. L 119 S. 105)
  • [2] Handlungsempfehlungen zur Minimierung von Mutterkorn und Ergotalkaloiden in Getreide, BMEL, Max-Rubner-Institut, 2014