Schwerpunktaktivität Biogasanlagen

Biogasanlagen sind Anlagen, die der Erzeugung von Biogas dienen, welches durch den Abbau von organischen Abfällen (Pflanzen, ausgewählte tierische Nebenprodukte z.B. Lebensmittelabfälle, Gülle) durch Bakterien unter dem Ausschluss von Sauerstoff (anaerob) entsteht. Das entstehende Biogas wird vor Ort in einem Blockheizkraftwerk zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt.

In einer Biogasanlage können als organische Abfälle unter bestimmten Voraussetzungen auch Tierische Nebenprodukte (TNP) unterschiedlicher Kategorien eingesetzt werden, lediglich ein Einsatz von Material der sogenannten „Kategorie 1“ ist in Biogasanlagen nicht möglich.

Kategorie 1

KEIN Einsatz in Biogasanlagen
  • Tierkörper oder Tierkörperteile von Transmissibler Spongiformer Enzephalopathie (TSE)-verdächtigen oder betroffenen Tieren,
  • Tiere, die im Rahmen von TSE-Tilgungsmaßnahmen getötet wurden
  • Heim-, Zoo- und Zirkustiere,
  • Wildtiere, wenn der Verdacht besteht, dass sie mit einer auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheit infiziert sind,
  • Spezifiziertes Risikomaterial (also Material, welches im Rahmen der Schlachtung im Hinblick auf TSE entfernt werden muss) und Tierkörper oder Teile toter Tiere, die dieses Material enthalten,
  • TNP von Tieren, die einer illegalen Behandlung unterzogen wurden (mit nicht zugelassenen Tierarzneimitteln wie z. B. wachstumsfördernden Hormonen, und mit zugelassenen Stoffen, die nicht laut Zulassung angewendet wurden und für die keine Umwidmung vorliegt),
  • TNP, die Rückstände anderer Stoffe und Umweltkontaminanten (z. B. Dioxin, PCB) über den zulässigen Höchstwerten enthalten,
  • Küchen- und Speiseabfälle von international eingesetzten Verkehrsmitteln.
  • Gemische, die Tierische Nebenprodukte mit Material der Kategorie 1 enthalten. Folglich werden bei der Abwasserbehandlung eingesammelte Materialien in Betrieben, die Material der Kategorie 1 verarbeiten oder spezifiziertes Risikomaterial entfernen, der Kategorie 1 zugeordnet.
Kategorie 2
  • Tiere, die auf anderem Wege zu Tode kamen als durch Schlachtung oder Tötung zum menschlichen Verzehr, einschließlich Tieren, die zum Zweck der Seuchenbekämpfung getötet werden,
  • Föten, Eizellen, Embryonen und Samen, die nicht für Zuchtzwecke vorgesehen sind und tot in der Eischale liegendes Geflügel (Küken)
  • Tierische Nebenprodukte, die Rückstände von zugelassenen Stoffen oder Kontaminanten aufweisen, die über den Grenzwerten liegen,
  • Erzeugnisse mit Fremdkörpern,
  • Magen- und Darminhalt sowie Ausscheidungen landwirtschaftlicher Nutztiere (Gülle und Festmist),
  • andere tierische Nebenprodukte als Material der Kategorie 1 oder der Kategorie 3,
  • Tierische Nebenprodukte, die bei der Abwasserbehandlung eingesammelt werden,
  • Tierische Nebenprodukte, die in Betrieben, die Material der Kategorie 2 verarbeiten, sowie in Schlachtbetrieben, in denen kein spezifiziertes Risikomaterial entfernt wird, werden von dieser Kategorie mitumfasst.
Kategorie 3
  • Schlachtkörperteile und Teile von genusstauglichen Tieren, wenn sie aus wirtschaftlichen Gründen nicht zum menschlichen Verzehr verwendet werden, sowie nach den Gemeinschaftsvorschriften als untauglich zurückgewiesen wurden, jedoch keine Anzeichen auf Mensch oder Tier übertragbare Krankheiten aufwiesen. Dazu gehören Geflügelköpfe, Häute und Felle, Hörner und Füße, Schweineborsten, Federn und Blut,
  • Materialen von Wasser-, Weich- und Krebstieren, wirbellosen Tieren, Brüterei- und Ei-Nebenprodukten, Eier, getötete Eintagsküken, sofern keine Anzeichen von auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheiten vorliegen,
  • Teile von lebenden Tieren wie zum Beispiel Blut, Wolle, Federn, Haare und Rohmilch,
  • ehemalige tierische Lebensmittel, sowie
  • tierische Nebenprodukte, die bei der Gewinnung von für den menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen anfallen und Küchen- und Speiseabfälle, mit Ausnahme derer von international eingesetzten Verkehrsmitteln

Tabelle 1: Übersicht über die unterschiedlichen Kategorien der TNP gemäß VO (EG) Nr. 1069/2009

In Abhängigkeit von dem genutzten Ausgangsmaterial und dem Vorhandensein einer eigenen Nutztierhaltung auf dem Betriebsgelände unterscheidet man in Bayern verschiedene Typen von Biogasanlagen:

Anlagentyp Einsatzstoffe Eigene Nutztierhaltung
1a Gülle i. S. der VO (EG) Nr. 1069/2009 und vom Magen- und Darmtrakt getrennter Magen- und Darminhalt, Milch, Erzeugnisse auf Milchbasis und Kolostrum nein
1b ja (Einsatzstoffe nur aus eigenem Betrieb)
2 Gülle i. S. der VO (EG) Nr. 1069/200919 und vom Magen- und Darmtrakt getrennter Magen- und Darminhalt, Milch, Erzeugnisse auf Milchbasis und Kolostrum aus eigenem und aus Fremdbetrieb ja
3a drucksterilisiertes Material der Kategorie 2 oder 3 bzw. pasteurisiertes Material der Kategorie 3 (Kategorien nach VO (EG) Nr. 1069/2009) nein
3b ja
4a noch zu verarbeitende tierische Rohmaterialien einschließlich Speiseabfälle nein
4b ja

Tabelle 2: Übersicht über die verschiedenen Biogasanlagentypen in Abhängigkeit von den Einsatzstoffen und dem Vorhandensein einer Nutztierhaltung

Biogasanlagen, die TNP der Kategorien 2 und 3 nach der VO (EG) Nr. 1069/2009 einsetzen, müssen aufgrund der mikrobiologisch möglicherweise risikobehafteten Substrate besondere Voraussetzungen erfüllen, um die Gefahr einer Verbreitung von (Tier-)Seuchenerregern zu minimieren.

In Bayern sind in der Liste der zugelassenen und registrierten Betriebe für tierische Nebenprodukte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 2.382 Biogasanlagen verzeichnet (Stand 23.02.2024). Davon verarbeitet nur eine Minderheit von 7,3 % der Biogasanlagen (entspricht 174 Anlagen) Material der Kategorie 2 und 3, oder ausschließlich Material der Kategorie 3.

Kontrolluntersuchungen 2023

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, weil in Biogasanlagen Schlachtabfälle (Material der Kategorien 2 und 3) ohne vorherige Hitzebehandlung (Pasteurisierung oder Drucksterilisation) als Substrat verwendet und die Gärreste anschließend als landwirtschaftlicher Dünger eingesetzt wurden. Die Ausbringung nicht ausreichend hitzebehandelter Gärreste als Dünger stellt insbesondere hinsichtlich der Verschleppung von (Tier-)Seuchenerregern ein potentielles Risiko dar. In diesem Zusammenhang wurden auch die angeblich „mangelhaften“ amtlichen Kontrollen derartiger Betriebe thematisiert. Diese beiden Punkte waren ausschlaggebend für die Durchführung der Schwerpunktaktivität. Von Ende Juni 2023 bis Ende November 2023 wurden insgesamt 23 Anlagen, davon 16 Anlagen des Typ 4, eine Typ 3 und, auf Wunsch der Vor-Ort-Behörden, noch sechs Typ 1 Biogasanlagen einer gemeinsamen Betriebskontrolle mit dem LGL unterzogen.

Biogasanlagen stellen das amtliche Kontrollpersonal aufgrund der speziellen und sich überschneidenden Kontrollaufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen Sachbereiche Landwirtschaft (Düngemittel), Immissionsschutz, Abfallrecht und Veterinärrecht regelmäßig vor Herausforderungen.

Primäres Ziel der Schwerpunktaktivität war es, einen Einblick in den Zustand der Anlagen in Hinblick auf die Erfüllung veterinärrechtlicher Anforderungen zu gewinnen. Von besonderem Interesse waren dabei die Erhitzungskonzepte inklusive der Sicherheitsmaßnahmen, die bei nicht ausreichender Erhitzung greifen, Informationen zur Herkunft und Lagerung der Tierischen Nebenprodukte, Verwendung der entstandenen Fermentationsprodukte (eigene Nutzung oder Verkauf / Abgabe an andere Landwirte), sowie Schädlingsbekämpfungs-, Reinigungs- und Desinfektionspläne- und Konzepte, deren Umsetzung und Dokumentation ebenso wie die mikrobiologische Überprüfung der Fermentationsprodukte.

Ergebnisse

Zusammenfassend war festzustellen, dass sich die im Rahmen der Schwerpunktaktivität kontrollierten Biogasanlagen weitestgehend in einem guten Zustand befanden. Die zuständigen Vor-Ort-Behörden waren sich der vorhandenen Probleme der Betriebe bewusst. Bei einzelnen Anlagen fiel der Einsatz nicht zugelassener Substrate (z.B. Eierschalen, Federn), was immissionsschutzrechtlich einen Straftatbestand darstellt, sowie gelegentlich auch Schwächen in der Dokumentation der Eigenkontrollen auf.

Außerdem zeigten sich die starken strukturellen Unterschiede und technischen Diversitäten innerhalb der Branche. Keine Anlage glich exakt der anderen, das Spektrum reichte von der landwirtschaftlichen Ein-Personen-Kleinstanlage bis zur hochtechnisierten Anlage mit eigenem QM-Beauftragten, separater Gärrestetrocknung und der Abscheidung von flüssigem Ammonium.

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema

Menü schließen