Schwerpunktaktivität Biogasanlagen
Biogasanlagen sind Anlagen, die der Erzeugung von Biogas dienen, welches durch den Abbau von organischen Abfällen (Pflanzen, ausgewählte tierische Nebenprodukte z.B. Lebensmittelabfälle, Gülle) durch Bakterien unter dem Ausschluss von Sauerstoff (anaerob) entsteht. Das entstehende Biogas wird vor Ort in einem Blockheizkraftwerk zur Strom- und Wärmeerzeugung genutzt.
In einer Biogasanlage können als organische Abfälle unter bestimmten Voraussetzungen auch Tierische Nebenprodukte (TNP) unterschiedlicher Kategorien eingesetzt werden, lediglich ein Einsatz von Material der sogenannten „Kategorie 1“ ist in Biogasanlagen nicht möglich.
Kategorie 1 KEIN Einsatz in Biogasanlagen |
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Kategorie 2 |
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Kategorie 3 |
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Tabelle 1: Übersicht über die unterschiedlichen Kategorien der TNP gemäß VO (EG) Nr. 1069/2009
In Abhängigkeit von dem genutzten Ausgangsmaterial und dem Vorhandensein einer eigenen Nutztierhaltung auf dem Betriebsgelände unterscheidet man in Bayern verschiedene Typen von Biogasanlagen:
Anlagentyp | Einsatzstoffe | Eigene Nutztierhaltung |
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1a | Gülle i. S. der VO (EG) Nr. 1069/2009 und vom Magen- und Darmtrakt getrennter Magen- und Darminhalt, Milch, Erzeugnisse auf Milchbasis und Kolostrum | nein |
1b | ja (Einsatzstoffe nur aus eigenem Betrieb) | |
2 | Gülle i. S. der VO (EG) Nr. 1069/200919 und vom Magen- und Darmtrakt getrennter Magen- und Darminhalt, Milch, Erzeugnisse auf Milchbasis und Kolostrum aus eigenem und aus Fremdbetrieb | ja |
3a | drucksterilisiertes Material der Kategorie 2 oder 3 bzw. pasteurisiertes Material der Kategorie 3 (Kategorien nach VO (EG) Nr. 1069/2009) | nein |
3b | ja | |
4a | noch zu verarbeitende tierische Rohmaterialien einschließlich Speiseabfälle | nein |
4b | ja |
Tabelle 2: Übersicht über die verschiedenen Biogasanlagentypen in Abhängigkeit von den Einsatzstoffen und dem Vorhandensein einer Nutztierhaltung
Biogasanlagen, die TNP der Kategorien 2 und 3 nach der VO (EG) Nr. 1069/2009 einsetzen, müssen aufgrund der mikrobiologisch möglicherweise risikobehafteten Substrate besondere Voraussetzungen erfüllen, um die Gefahr einer Verbreitung von (Tier-)Seuchenerregern zu minimieren.
In Bayern sind in der Liste der zugelassenen und registrierten Betriebe für tierische Nebenprodukte des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 2.382 Biogasanlagen verzeichnet (Stand 23.02.2024). Davon verarbeitet nur eine Minderheit von 7,3 % der Biogasanlagen (entspricht 174 Anlagen) Material der Kategorie 2 und 3, oder ausschließlich Material der Kategorie 3.
Kontrolluntersuchungen 2023
In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, weil in Biogasanlagen Schlachtabfälle (Material der Kategorien 2 und 3) ohne vorherige Hitzebehandlung (Pasteurisierung oder Drucksterilisation) als Substrat verwendet und die Gärreste anschließend als landwirtschaftlicher Dünger eingesetzt wurden. Die Ausbringung nicht ausreichend hitzebehandelter Gärreste als Dünger stellt insbesondere hinsichtlich der Verschleppung von (Tier-)Seuchenerregern ein potentielles Risiko dar. In diesem Zusammenhang wurden auch die angeblich „mangelhaften“ amtlichen Kontrollen derartiger Betriebe thematisiert. Diese beiden Punkte waren ausschlaggebend für die Durchführung der Schwerpunktaktivität. Von Ende Juni 2023 bis Ende November 2023 wurden insgesamt 23 Anlagen, davon 16 Anlagen des Typ 4, eine Typ 3 und, auf Wunsch der Vor-Ort-Behörden, noch sechs Typ 1 Biogasanlagen einer gemeinsamen Betriebskontrolle mit dem LGL unterzogen.
Biogasanlagen stellen das amtliche Kontrollpersonal aufgrund der speziellen und sich überschneidenden Kontrollaufgaben und Zuständigkeiten der verschiedenen Sachbereiche Landwirtschaft (Düngemittel), Immissionsschutz, Abfallrecht und Veterinärrecht regelmäßig vor Herausforderungen.
Primäres Ziel der Schwerpunktaktivität war es, einen Einblick in den Zustand der Anlagen in Hinblick auf die Erfüllung veterinärrechtlicher Anforderungen zu gewinnen. Von besonderem Interesse waren dabei die Erhitzungskonzepte inklusive der Sicherheitsmaßnahmen, die bei nicht ausreichender Erhitzung greifen, Informationen zur Herkunft und Lagerung der Tierischen Nebenprodukte, Verwendung der entstandenen Fermentationsprodukte (eigene Nutzung oder Verkauf / Abgabe an andere Landwirte), sowie Schädlingsbekämpfungs-, Reinigungs- und Desinfektionspläne- und Konzepte, deren Umsetzung und Dokumentation ebenso wie die mikrobiologische Überprüfung der Fermentationsprodukte.
Ergebnisse
Zusammenfassend war festzustellen, dass sich die im Rahmen der Schwerpunktaktivität kontrollierten Biogasanlagen weitestgehend in einem guten Zustand befanden. Die zuständigen Vor-Ort-Behörden waren sich der vorhandenen Probleme der Betriebe bewusst. Bei einzelnen Anlagen fiel der Einsatz nicht zugelassener Substrate (z.B. Eierschalen, Federn), was immissionsschutzrechtlich einen Straftatbestand darstellt, sowie gelegentlich auch Schwächen in der Dokumentation der Eigenkontrollen auf.
Außerdem zeigten sich die starken strukturellen Unterschiede und technischen Diversitäten innerhalb der Branche. Keine Anlage glich exakt der anderen, das Spektrum reichte von der landwirtschaftlichen Ein-Personen-Kleinstanlage bis zur hochtechnisierten Anlage mit eigenem QM-Beauftragten, separater Gärrestetrocknung und der Abscheidung von flüssigem Ammonium.