Rückstandsuntersuchungen von Tafeltrauben im Jahr 2004
Das LGL hat die umfangreichen Untersuchungen von Tafelweintrauben aus dem Jahr 2003 fortgesetzt und vom 1. Januar 2004 bis 20. September 2004 130 Proben auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht.
49 Proben stammten aus europäischen Staaten, 33 aus Südamerika, 38 aus Afrika und zehn aus anderen Staaten.
Lediglich 19 Proben (15%) enthielten keine bestimmbaren Rückstände, davon stammten zwölf aus Südafrika und nur drei aus Europa. Bei 25 Proben (18%), davon elf aus der Türkei, lagen die nachgewiesenen Rückstände über den zulässigen Höchstmengen (Tabelle 1).
Rückstandssituation bei Tafeltrauben 2004
Herkunftsstaat | ohne Rückstände | mit Rückständen unter der Höchstmenge | mit Rückständen über der Höchstmenge | Summe |
---|---|---|---|---|
Griechenland | 3 | 1 | 4 | |
Italien | 2 | 14 | 3 | 19 |
Spanien | 1 | 1 | ||
Türkei | 1 | 13 | 11 | 25 |
Summen Mittelmeerländer | 3 (6%) | 30 (61%) | 16 (33%) | 49 |
Argentinien | 2 | 10 | 1 | 13 |
Chile | 1 | 17 | 2 | 20 |
Australien | 1 | 2 | 3 | |
Indien | 5 | 5 | ||
Namibia | 1 | 3 | 4 | |
Südafrika | 12 | 22 | 34 | |
unbekanntes Ausland | 2 | 2 | ||
Summen andere Staaten | 16 (20%) | 58 (71%) | 7 (9%) | 81 |
Gesamtzahl | 19 (15%) | 88 (67%) | 23 (18%) | 130 |
Bei den 23 Proben mit Höchstmengenüberschreitungen waren insgesamt elf verschiedene Stoffe auffällig. 20 Proben enthielten einen überhöhten Rückstand; bei drei türkischen Proben lagen zwei Stoffe über den Höchstmengen. In Tabelle 2 sind neben den Wirkstoffen und dem Herkunftsstaat, die Anzahl an Höchstmengenüberschreitungen (HMÜ), der Konzentrationsbereich und die Spannweite der Höchstmengenüberschreitungen zusammengestellt.
Höchstmengenüberschreitungen bei Tafeltrauben aus verschiedenen Herkunftsstaaten
Stoff | Herkunft | Anzahl an Höchst-mengenüber-schreitungen | Konzentrations-bereich in mg/kg | zulässige Höchstmenge in mg/kg | Anteil Höchstmenge |
---|---|---|---|---|---|
Flufenoxuron | Türkei | 9 | 0,015 - 0,16 | 0,01 | 150 - 1600% |
Flufenoxuron | Italien | 1 | 0,017 | 0,01 | 170% |
Flufenoxuron | Spanien | 1 | 0,023 | 0,01 | 230% |
Flufenoxuron | unbekannt | 1 | 0,037 | 0,01 | 370% |
Imidachloprid | Chile | 2 | 0,088 - 0,091 | 0,05 | 176 - 182% |
Indoxacarb | Türkei | 2 | 0,073 - 0,083 | 0,02 | 365 - 415% |
Lufenuron | Spanien | 1 | 0,030 | 0,01 | 300% |
Lufenuron | unbekannt | 1 | 0,062 | 0,01 | 620% |
Prothiophos | Australien | 2 | 0,032 - 0,15 | 0,01 | 320 - 1500% |
Bupirimat | Türkei | 1 | 0,044 | 0,01 | 440% |
Dimethoat | Argentinien | 1 | 0,023 | 0,02 | 115% |
Diniconazol | Türkei | 1 | 0,011 | 0,01 | 110% |
Methomyl | Griechenland | 1 | 0,88 | 0,05 | 1770% |
Monocrotophos | Türkei | 1 | 0,30 | 0,01 | 3000% |
Tetraconazol | Italien | 1 | 0,02 | 0,01 | 200% |
Wie bereits im vergangenen Jahr war Flufenoxuron am häufigsten zu beanstanden, insbesondere bei türkischen Produkten. Dieses Insektenbekämpfungsmittel ist in Europa in mehreren Staaten unter anderem auch in Spanien und Italien zugelassen. In diesen beiden Staaten wurden deshalb Grenzwerte von 0,1 mg/kg in Tafeltrauben festgelegt. Über Zulassungen und Grenzwerte in der Türkei liegen keine konkreten Informationen vor.
Imidacloprid wurde zweimal in chilenischen Trauben gefunden. Das Insektenbekämpfungsmittel wirkt gegen die Reblaus. Es ist in Deutschland für den frühen Einsatz im Weinbau bei Rebschulen und Muttergärten zugelassen. Aufgrund der Anwendungsbedingungen in Deutschland ist mit Rückständen bei Trauben nicht zu rechnen, so dass in diesem Fall die niedrigste pauschale Höchstmenge für Imidacloprid von 0,05 mg/kg gilt.
Das Insektenbekämpfungsmittel Indoxacarb wurde ebenfalls zweimal in türkischen Trauben nachgewiesen. Es ist in Deutschland zum Einsatz bei Keltertrauben gegen Traubenwicklerarten, Springwurm und Zikaden zugelassen. Die Wartezeit von der letzten Anwendung bis zur Ernte beträgt etwa 14 Tage. Die zulässige deutsche Höchstmenge von 0,5 mg/kg gilt ausschließlich für Keltertrauben, nicht für Tafeltrauben. Für letztere ist wiederum die niedrigste pauschale Höchstmenge von 0,02 mg/kg maßgebend.
Auch bei Lufenuron wurde zweimal eine Höchstmengenüberschreitung festgestellt. Das Insektengift wirkt vornehmlich gegen Larven von Käfern, Motten und andere Schmetterlingsarten. Der Einsatz von Lufenuron ist in Deutschland nicht erlaubt, wohl aber in Italien für den Einsatz bei Kernobst und Weintrauben. Die zulässige Höchstmenge für Lufenuron für Tafeltrauben liegt in Italien bei 0,5 mg/kg.
Für das in zwei australischen Produkten nachgewiesene Insektizid Prothiophos sind EU- Zulassungen zum 31.07.2003 widerrufen worden, ebenso für Monocrotophos. Dagegen sind Bupirimat, Diniconazol, Methomyl und Tetraconazol in mehreren europäischen Staaten zugelassen, teilweise auch für den Weinbau. Dimethoat ist in Deutschland für verschiedene Kulturen zugelassen, nicht aber für den Einsatz in Weingärten.
Bei allen Stoffen der Tabelle 2 war für eine lebensmittelrechtliche Bewertung der nachgewiesenen Rückstände jeweils die niedrigste existierende Höchstmenge maßgebend. Sie liegt an der analytischen Bestimmungsgrenze und kommt dann zum Tragen, wenn der betreffende Stoff in Deutschland für das untersuchte Obst nicht zugelassen ist und in der EU noch keine einheitliche, für alle Mitgliedstaaten gültige Regelung besteht . Oder es wurde von der europäischen Kommission eine gemeinsame Höchstmenge an der Bestimmungsgrenze festgelegt, zum Beispiel wenn der Stoff entweder für die betreffende Kultur oder auch generell nicht mehr vorgesehen ist. Solche harmonisierten europäischen Höchstmengen an der Bestimmungsgrenze gibt es für die Stoffe Dimethoat und Methomyl. Es kann aber auch vorkommen, dass Rückstände bei sachgemäßer Anwendung der Pflanzenschutzmittel so niedrig liegen, dass eine ausdrückliche Höchstmenge für nicht erforderlich angesehen wird.
Mehrfachrückstände kommen häufig vor
Tafeltrauben gehören zu den Obstarten, bei denen häufig mehrere Rückstände gleichzeitig gefunden werden. Von den 111 Produkten mit Rückständen enthielten lediglich 25 Proben (28%) nur einen Rückstand, 40 Proben (36%) dagegen zwei bis drei Rückstände. In 46 Proben (41%) waren vier bis hin zu 13 verschiedene Rückstände nachweisbar. Von den letztgenannten stammten 35 Proben aus den Mittelmeerländern Spanien, Italien, Griechen-land und der Türkei und elf Proben aus anderen, meist südamerikanischen Staaten (Grafik 1).
Abbildung 1: Mehrfachrückstände in Tafeltrauben aus europäischen Mittelmeerländern und anderen Staaten
Mehrfachrückstände führen erwartungsgemäß zu einer höheren Gesamtbelastung der Trauben. So war die Summe der Rückstandsgehalte bei 85% der Proben mit mehr als drei Rückständen höher als 0,1 mg/kg, in 28% der Fälle über 0,5 mg/kg (Grafik 2). Der mittlere Rückstandsgehalt lag in dieser Gruppe bei 0,53 mg/kg. Geringe Rückstandsmengen kamen hier nur ganz vereinzelt vor. Dagegen enthielten 52 % der Proben mit nur einem Rückstand weniger als 0,05 mg/kg, 40 % sogar unter 0,01 mg/kg. Allerdings wies auch hier nahezu jede sechste Probe Mengen über 0,5 mg/kg auf, so dass der durchschnittliche Rückstandsgehalt bei diesen Proben immerhin auch 0,25 mg/kg betrug.
Abbildung 2: Rückstandsgehalte und Mehrfachrückstände in Tafeltrauben
Mehrfachrückstände lassen sich nicht immer vermeiden, denn oft müssen verschiedene Mittel gegen unterschiedliche Schaderreger angewendet werden. Mitunter werden auch Kombinationspräparate mit mehreren Wirkstoffen eingesetzt. Allerdings kommen Tafeltrauben mit vielen verschiedenen Rückständen sehr häufig vor. Es ist deshalb durchaus der Verdacht nahe liegend, dass bei der Traubenerzeugung die Regeln der guten gartenbaulichen Praxis in bestimmten Ländern doch nicht so genau beachtet werden.
Rote Trauben sind weniger belastet
Entsprechend dem Warenangebot wurden weiße Weintrauben (91 Proben) häufiger untersucht als rote (39 Proben). Rote Trauben stammten überwiegend aus Südafrika (20x) und Südamerika (11x) und waren deutlich geringer belastet als weiße Trauben. 21% der roten Trauben enthielten keine Rückstände (weiße 12%) und lediglich jede fünfte Probe enthielt mehr als drei Rückstände; bei den weißen Trauben war es nahezu jede zweite Probe (Grafik 3). Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass nahezu alle Trauben mit mehr als fünf Rückständen aus Mittelmeerländern stammten (siehe auch Grafik 1).
Abbildung 3: Mehrfachrückstände in roten und weißen Tafeltrauben
In den 111 rückstandshaltigen Proben wurden 66 verschiedene Stoffe insgesamt 403 mal gefunden. Dies entspricht durchschnittlich 3,6 Rückständen pro Probe. Rote Trauben enthielten 98 Rückstände von 35 Wirkstoffen, dagegen waren in weißen Trauben 62 Stoffe insgesamt 305 mal vertreten. In Grafik 4 sind alle Wirkstoffe dargestellt, die im Ganzen wenigstens dreimal nachgewiesen wurden.
Am häufigsten waren Wirkstoffe gegen Schimmelpilze (Fungizide) zu finden. Metalaxyl, ein zugelassenes Mittel gegen den falschen Mehltau und den Blauschimmel wurde insgesamt 31 mal nachgewiesen, Carbendazim und Cyprodinil wurden jeweils 30 mal gefunden. Sie wirken hauptsächlich gegen den Grauschimmel und sind für den Einsatz im Weinbau zugelassen. Auch die Fungizide Iprodion, Pyrimethanil und Fenhexamid waren in mehr als 20 Fällen nachweisbar. Das Insektizid Flufenoxuron wurde 19 mal bestimmt, davon 12 mal über der Höchstmenge. Alles in allem wurden 13 Stoffe mindestens zehnmal nachgewiesen.
Abbildung 4: Nachweishäufigkeit von Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffen in weißen und roten Tafeltrauben
Vergleicht man die ermittelten Gehalte der einzelnen Wirkstoffe mit den festgesetzten Grenzwerten, dann lagen drei Viertel aller Rückstandsmengen unter einem Zehntel der nach der Rückstands-Höchstmengenverordnung (RHmV) zulässigen Höchstmengen. Bei weiteren 10% wurde die Höchstmenge zu weniger als einem Viertel ausgeschöpft (Grafik 5). Immerhin 7% der 403 nachgewiesenen Rückstände lagen über der Höchstmenge, die aber stets der bereits zuvor angesprochenen Bestimmungsgrenze des jeweiligen Stoffes entsprechen.
Prozentuale Anteile der Rückstandsgehalte
Abbildung 5: Prozentuale Anteile aller 403 Rückstände an den zulässigen Höchstmengen (HM)
Alles in Allem bleibt festzuhalten, dass sich das Rückstandsbild bei Tafeltrauben nicht gebessert hat. Wie bereits im vergangenen Jahr zählen Trauben auch 2004 zu den am stärksten mit Rückständen behafteten Lebensmitteln, sowohl im Hinblick auf die Zahl der nachgewiesenen Rückstände, als auch hinsichtlich der rechtlichen Höchstmengenüberschreitungen. Dabei fallen insbesondere die vor allem in den Sommer- und Herbstmonaten angebotenen Erzeugnisse aus den Mittelmeerländern negativ auf, vor allem aus der Türkei.
Allerdings ist anzumerken, dass es sich in allen Fällen nicht um toxikologisch abgeleitete Grenzwerte handelte. Insofern sind gesundheitliche Risiken durch die festgestellten Rückstände nicht zu befürchten. Diese Aussage wird auch durch die überwiegend geringe Auslastung der Höchstmengen untermauert. Gleichwohl müssen durch intensivere und zielgerichtete Eigenkontrollmaßnahmen durch die Importeure und auch durch restriktivere Pflanzenschutzmittelanwendungen vor Ort alle Anstrengungen unternommen werden, um die Rückstandssituation bei diesem beliebten Obst zu verbessern. Dem Verbraucher wird dringend empfohlen, Trauben vor dem Verzehr gründlich mit warmem Wasser zu waschen.