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Authentizitätsprüfungen bei Wein: Im Holzfass gereift oder mit Eichenholzchips aromatisiert? - Untersuchungsergebnisse 2011
Weine, deren sensorische Eigenschaften durch Holzaromen geprägt sind, erfreuen sich großer Beliebtheit. Insbesondere „Barrique-Weine“ genießen bei Weinkennern eine hohe Wertschatzung. Der Ausbau im kleinen Barriquefass (maximal 230 l) ist ein traditionelles Verfahren, bei dem der Wein während der Lagerung im Fass eine Reifung und geschmackliche Abrundung durch die aufgenommenen Holz- und Röstaromen erfährt. Seit 2006 ist in der EU – wie schon in vielen Drittländern – die Behandlung mit Eichenholzstücken (Chips) erlaubt, die dem Wein ähnliche sensorische Merkmale verleihen wie die Lagerung im Barriquefass. Mit Chips behandelter Wein darf in der Bezeichnung und Aufmachung allerdings keinen Hinweis auf eine Lagerung im Barriquefass enthalten. In Deutschland ist die Behandlung von Prädikatsweinen mit Chips generell unzulässig. In einigen EU-Mitgliedstaaten schließen die Produktionsvorschriften für bestimmte Weine aus dem gehobenen Segment die Anwendung von Chips ebenfalls aus. Da aber der Einsatz von Chips wesentlich kostengünstiger ist als eine Barriquefasslagerung, besteht ein höheres Risiko von Verfälschungen.
Im Hinblick auf den Schutz des Verbrauchers vor Täuschung ist daher ein analytischer Nachweis der Verwendung von Chips in der Weinbereitung notwendig. Eine sichere sensorische Unterscheidung von im Barriquefass gelagerten Weinen und Weinen, die mit Eichenholzchips hergestellt sind, ist praktisch nicht möglich. Es ist auch keine Indikatorsubstanz bekannt, die allein für sich aussagekräftig genug für eine Unterscheidung der beiden Verfahren wäre. Im Rahmen von Projektarbeiten entwickelte das LGL zwei analytische Methoden zur Differenzierung der beiden Behandlungsvarianten Barrique und Eichenholzchips. Beide Methoden setzt das LGL in der Praxis ein. Eine Methode ist eine gaschromatografisch-massenspektrometrische Analyse (GC-MS) der flüchtigen Holzaromakomponenten im Wein. Eine weitere Methode ist die Aufnahme eines Protonenspektrums des Weines mittels Kernresonanzspektroskopie (1H-NMR). Bei beiden Methoden wertet das LGL die Daten durch spezielle statistische Verfahren der Mustererkennung unter Berücksichtigung authentischer Vergleichsproben aus.
Authentizitätsprüfung über Holzaromastoffe
Bei der Analyse von Barriqueweinen und Weinen mit „Holzaromatik“ mittels GC-MS bestimmt das LGL 20 Aromastoffe, die aus dem Eichenholz stammen. Die Ergebnisse werden einer statistischen Methode -der Diskriminanzanalyse- unterzogen. Dabei wird das Aromaprofil der Weinprobe mit den typischen Aromaprofilen authentischer Referenzproben „Barrique“ und „Chips“ verglichen. Das LGL ermittelt eine statistische Größe – die Diskriminanzvariable. Sie erlaubt eine Aussage darüber, ob die untersuchte Probe der Gruppe „Barriquefasslagerung“ oder „Chipsbehandlung“ zuzuordnen ist. Diese Vorgehensweise der Datenauswertung wird Klassifikation genannt. Von den insgesamt 289 Referenzweinen konnte das LGL mithilfe der GC-MS 252 Weine (87,2 %) dem korrekten Holzbehandlungsverfahren zuordnen. Ebenfalls mit der GC-MS führte das LGL 2011 bei 153 Weinen ein Screening auf Barrique-Authentizität bzw. einen Eichenholzchipseinsatz durch. Sieben Weinproben aus dem Handel und der amtlichen Qualitätsweinprüfung, die alle bekanntermaßen mit Chips behandelt waren, ordnete das LGL durch die GC-MS richtig zu. Die Klassifikation von 50 Proben, bei denen Barrique ausgelobt war oder bei denen aufgrund der Produktionsvorschriften eine Behandlung mit Chips unzulässig ist, ergab uneinheitliche Zuordnungen. Bei 13 Proben lautete das Klassifikationsurteil „Chips behandelt“, wobei zwei Herstellerbetriebe mit mehreren Proben betroffen waren. Im Rahmen der Nachforschungen stellte das LGL fest, dass die Befunde nicht auf eine Chipsbehandlung der Weine, sondern auf eine unübliche kellertechnische, aber nicht zu beanstandende Verwendung mehrerer Jahre alter Barriquefässer zurück zu führen sind. Zwei mit Eichenholzchips hergestellte
Weine eines anderen Herstellers wurden zunächst auch als „Chips behandelt“ klassifiziert, allerdings lagen die Diskriminanzwerte in auffälliger Weise weit außerhalb des Bereiches, der durch das Referenzkollektiv „Chips“ definiert wird. Als Ursache hierfür stellte sich eine unzulässige Aromatisierung der Weine mit Vanillin heraus.
Authentizitätsprüfung über Protonen-Spektren
Bei dem zweiten Untersuchungsverfahren, der 1H-NMR, nimmt das LGL mithilfe eines Kernresonanzspektrometers und einer neuen Messtechnik, welche die Wasser- und Alkoholsignale unterdruckt, das Protonen (1H)-Spektrum ohne besondere Probenvorbereitung direkt in der Weinprobe auf. Die Auswertung des Spektrums erfolgt nur über das Muster der Signale und nicht, wie in der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) sonst üblich, durch Zuordnung einzelner Signale zu bestimmten Komponenten. Zum Nachweis einer Chipsbehandlung interessiert dabei vor allem der Signalbereich der polyphenolischen Stoffe, die aus dem Holz stammen. Erfahrungen mit der GC-MS-Methode hatten gezeigt, dass separate Modelle für Rotwein und Weißwein besser trennen als ein gemeinsames Modell. Dies wird daher bei einer 1H-NMR-basierten Diskriminanzanalyse berücksichtigt und eine Klassifikation mit vier Gruppen entwickelt. Abbildung 1 zeigt, dass sich die Weine hiermit in vier gut voneinander getrennte Probencluster separieren lassen, das heißt, dass die Differenzierung der mit Barrique und Eichenholzchips behandelten Weißweine und Rotweine gelingt. Die mit der blauen Raute (5) in der Abbildung 1 dargestellte Probe eines nachweislich mit Chips hergestellten Roseweines zeigt als Beispiel die korrekte Zuordnung durch das Klassifikationsmodell. Die bisherigen Erfahrungen mit beiden Methoden zeigen, dass Unterscheidungen von Holz- und Barriquefass gelagerten Weinen durch zwei unabhängige Methoden gelingen. Die GC-MS-Analytik ist eine Methode, die in jedem Labor mit GC-MS-Ausrüstung durchgeführt werden kann und auch Aussagen über Aromatisierungen ermöglicht. Die derzeit nur am LGL und am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Karlsruhe verfügbare 1H-NMR-Analytik in der Lebensmittelüberwachung hat den Vorteil, dass keine Probenaufbereitung erforderlich ist. Inwieweit die Aussagekraft durch Kombination der beiden Methoden erhöht werden kann, ist noch zu prüfen. Mustererkennungsverfahren mit 1H-NMR können künftig auch für andere Fragestellungen im Rahmen von Authentizitätsprüfungen - wie zum Beispiel Bestimmung der geografischen Herkunft, Rohstoffart oder Qualität von Wein, Fruchtsaft, Honig und vielen weiteren Lebensmitteln - eingesetzt werden und ermöglichen dadurch einen verbesserten Täuschungsschutz bei Naturprodukten.
Abbildung 1: Differenzierung nach Weinart und Holzbehandung mittels 1H-NMR, Bedeutung der Gruppencodes: Rotwein mit Chipsbehandlung (1), Weißwein mit Chipsbehandlung (2), Rotwein mit Barriqueausbau (3), Weißwein mit Barriqueausbau (4), Probe Rosewein (5)