Weinähnliche Getränke sowie deren Weiterverarbeitungserzeugnisse - Untersuchungsergebnisse 2007
"Vitalgetränk" auf Fruchtweinbasis
Ein so genanntes "Vitalgetränk" auf Fruchtweinbasis mit Pflanzenextrakten, durch dessen Verzehr auf Grund seiner Etikettierung, insbesondere der zahlreichen einschlägigen Auslobungen, eine nicht unerhebliche Beeinflussung des männlichen Testosteronspiegels erwartet werden konnte, überschritt mit 9 Gramm pro Liter des Geschmacksbeeinflussenden Stoffes Taurin den zulässigen Höchstgehalt um das 30-fache.
Der Koffeingehalt von 750 mg/l war als sehr hoch zu bewerten, der deshalb erforderliche Warnhinweis "erhöhter Koffeingehalt (75 mg/100ml)" nach der LMKV fehlte jedoch. Auch die Konzentration des Konservierungsstoffes Sorbinsäure überschritt mit 1450 mg/l das zulässige Maß um das siebenfache.
Auf Nachfrage räumte der Hersteller ein, die im Zutatenverzeichnis genannten Pflanzenextrakte enthielten mögliche Wirkstoffe, wenn überhaupt, in derart niedriger Konzentration, dass die oben genannte physiologische Wirkung von vorneherein auszuschließen wäre. Die Etikettierung des Erzeugnisses wurde deshalb zusätzlich als irreführend bewertet.
"Secco": kohlensäurehaltig oder trocken?
Mehrere Fruchtperlweine und Honigperlweine mit der zusätzlichen Bezeichnung "Secco" (z. B. "Honig-Secco", "Birnen-Secco") wurden zur Untersuchung vorgelegt. Die Bezeichnung "secco" im Sinne der Leitsätze für weinähnliche und schaumweinähnliche Getränke stellt eine Kennzeichnung des Restzuckergehalts dar. So sind die Bezeichnungen "trocken", "sec" und "secco" üblich zur Kennzeichnung eines Restzuckergehaltes von 15 bis zu 35 g/l. Die italienische Bezeichnung "secco" steht dabei für "trocken". Nach unserer Erfahrung hat sich für inländische Produkte diese Bezeichnung für ein trockenes weinähnliches Erzeugnis jedoch nicht durchgesetzt.
Nach Auffassung des LGL wird vom Verbraucher mit der Bezeichnung "secco" kein Hinweis auf den Restzuckergehalt, sondern vielmehr auf die Anwesenheit von Kohlensäure verbunden. Die faktische Bedeutungsgleichheit von "secco" und "kohlensäurehaltig" ist entstanden aus der Beliebtheit des kohlensäurehaltigen italienischen Getränks "Prosecco". "Prosecco" steht eigentlich für eine weiße Rebsorte, die in Italien angebaut wird und aus der hauptsächlich Perlweine gekeltert werden. Daher sahen wir in den vorgelegten Fällen grundsätzlich keine Gefahr einer Irreführung.
Ein "Erdbeer-Secco" jedoch tat sich durch ein außergewöhnlich intensives Erdbeeraroma hervor. Bei den Aromaanalysen fielen die für Erdbeeren bzw. vergorene Erdbeeren (Erdbeerwein) ungewöhnlich hohen Gehalte bestimmter Aromastoffe auf, vor allem an Zimtsäureethyl- und -methylester, γ-Decalacton und 2-Methylbuttersäureethylester. Diese Aromastoffe kommen in natürlichem Erdbeeraroma nur in Gehalten von weniger als 0,1 mg/l vor. Lediglich der Gehalt von Zimtsäureethylester kann in Erdbeerweinen auf bis zu 0,3 mg/l ansteigen, wobei aber das Verhältnis von Zimtsäureethyl- zu Zimtsäuremethylester erfahrungsgemäß mindestens 13:1 beträgt. In der auffälligen Probe lag dieses Verhältnis lediglich bei 3:1. Das Getränk war also zusätzlich durch Verwendung natürlicher oder naturidentischer Aromastoffe aromatisiert. Eine zwingend erforderliche Kennzeichnung dieses Zusatzes unterblieb allerdings.
Ein Apfelwein fiel durch einen deutlich erhöhten Aluminiumgehalt von 16 mg/l auf. Aluminium ist in einwandfrei hergestellten Erzeugnissen nicht nachweisbar (< 2 mg/l). Ursache für den vorgefundenen höheren Gehalt war die Lagerung in ungeeigneten Aluminiumtanks. Gehalte von mehr als 8 mg/l werden vom LGL in Ahnlehnung an das Weinrecht (Grenzwert dort von 8 mg/l nach Anlage 7 der Weinverordnung) als technisch vermeidbar eingestuft.
Je ein Johannisbeer- und Heidelbeerglühwein zogen durch die Anwesenheit erheblicher Mengen Sorbit (bis zu 4,53 g/l) die Aufmerksamkeit auf sich. Beide Früchte und somit auch daraus hergestellte Erzeugnisse enthalten eigentlich Sorbit von Natur aus nur in Spuren. Offensichtlich waren die Glühfruchtweine mit sorbithaltigen Erzeugnissen, z. B. Kernobst- oder Steinobstweinen gestreckt worden.
Bei mehreren Fruchtweinen fehlte die Deklaration der vorgenommenen Schwefelung entweder vollständig oder sie erfolgte immer noch nicht nach den bereits seit längerem gültigen Kennzeichnungsvorschriften der LMKV für Allergene. Betroffen waren 24 Erzeugnisse, entsprechend 17 % aller untersuchten Proben.
Zwei Apfelmoste und ein Honigwein schmeckten unangenehm adstringierend und nachhaltig kratzend. Die essigstichigen Getränke überschritten mit Werten bis zu 2,3 g/l an flüchtiger Säure bereits deutlich den noch zulässigen Gehalt von 1,0 bzw. 1,2 g/l. Offenbar fand während der Gärung eine Infektion mit unerwünschten Mikroorganismen statt.
In sechs Produkten wich der tatsächliche Alkoholgehalt um bis zu 4,4 % vom deklarierten Gehalt ab. So enthielt ein Erdbeerperlwein 13,4 anstelle der deklarierten 9 %vol Alkohol. Die zulässige Toleranz beträgt ± 1 %vol.