Pflanzenschutzmittelrückstände in Trinkwasser – Untersuchungsergebnisse 2008
Im Jahr 2008 untersuchte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) 256 Trinkwasserproben auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln (PSM) und deren Metabolite. Hiervon stammten 215 Proben aus zentralen Wasserversorgungen und 41 aus Einzelwasserversorgungen. Die Proben wurden von den Gesundheitsämtern als Auftragsuntersuchungen eingesandt. Somit unterlagen Auswahl und Häufigkeit der Probeneinsendungen vorrangig den einzelnen Gesundheitsämtern, die in der Regel die Trinkwasserproben risikoorientiert entnehmen. Dies ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu berücksichtigen, die somit nicht repräsentativ für den Zustand der Trinkwasserversorgung in Bayern sind. Die Routineuntersuchungen umfassten neben Triazinen und deren Metabolite auch Phenylharnstoffherbizide und eine große Anzahl verschiedener Einzelstoffe und Metabolite, darunter das Dichlobenil-Abbauprodukt Dichlorbenzamid.
Auftragsuntersuchungen
Wie in den Jahren zuvor wies das LGL am häufigsten Rückstände an Atrazin und dessen Abbauprodukt Desethylatrazin nach. 50 % der Proben waren wegen Grenzwertüberschreitungen von Desethylatrazin beziehungsweise Atrazin zu beanstanden. Bei einer großen Anzahl der Proben handelte es sich jedoch um Wiederholungsuntersuchungen. Die Proben stammten von zentralen Wasserversorgern aus zwei Landkreisen, die wegen Belastung mit Atrazin und Desethylatrazin beim LGL eine Verlängerung ihrer Ausnahmegenehmigung beantragt hatten. Bei diesen zentralen Wasserversorgungen ergaben die Messungen im Jahresverlauf keinen nennenswerten Rückgang der Gehalte:
- Eine dieser Proben fiel durch extrem hohe Gehalte an Desethylatrazin (1,28 µg/l) und Atrazin (0,56 µg/l) auf. Es handelte sich hier um ein nicht aufbereitetes Oberflächenwasser einer Trinkwassergemeinschaftsanlage.
- In einer weiteren Probe aus einem anderen Landkreis wurde das Herbizid Atraton mit einem Gehalt von 0,30 µg/l festgestellt und beanstandet.
- Die Probe einer Einzelwasserversorgung enthielt hohe Gehalte an Atrazin (0,37 µg/l), Desethylatrazin (0,36 µg/l) und Dimefuron (0,77 µg/l). Dimefuron ist ein nicht mehr zugelassenes Herbizid, das in den Jahren 2002 und 2003 im Gleisbau eingesetzt wurde. Weitere Untersuchungsergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt. Neben den hier aufgeführten Substanzen wies das LGL zudem vereinzelt auch die Wirkstoffe Isoproturon, Metazachlor, Methabenzthiazuron, Propiconazol, Tebuconazol und Pendimethalin im Spurenbereich nach.
Anzahl der Befunde | Maximalwert | ||||
---|---|---|---|---|---|
positive Befunde | < 0,positive 01 μg/l | 0,01–0,1 μg/l | > 0,1 μg/l | [μg/l] | |
ZWV (215 Proben) | |||||
Desethylatrazin | 180 | 1 | 57 | 122 | 1,28 |
Atrazin | 166 | 1 | 86 | 79 | 0,56 |
Desethylsimazin | 102 | 41 | 61 | – | 0,05 |
Propazin | 91 | 62 | 29 | – | 0,05 |
Chloridazon | 76 | 66 | 10 | – | 0,02 |
Desethylterbuthylazin | 70 | 63 | 7 | – | 0,03 |
Simazin | 60 | 39 | 21 | – | 0,03 |
2,6-Dichlorbenzamid | 22 | 7 | 12 | 3 | 0,56 |
Ethidimuron | 21 | 17 | 4 | – | 0,01 |
Terbuthylazin | 17 | 17 | – | – | 0,01 |
Atraton | 17 | 11 | 5 | 1 | 0,30 |
EWV (41 Proben) | |||||
Desethylatrazin | 25 | 1 | 21 | 3 | 0,36 |
Atrazin | 21 | 1 | 17 | 3 | 0,43 |
Simazin | 5 | – | 5 | – | 0,02 |
2,6-Dichlorbenzamid | 5 | – | 4 | 1 | 0,23 |
Desethylterbuthylazin | 4 | – | 4 | – | 0,08 |
Desethylsimazin | 4 | 3 | 1 | – | 0,01 |
Terbuthylazin | 2 | – | 2 | – | 0,03 |
Propazin | 3 | – | 3 | – | 0,05 |
Dimefuron | 2 | – | – | 2 | 0,77 |
Propiconazol | 2 | – | 2 | – | 0,02 |
Tebuconazol | 2 | – | 2 | – | 0,09 |
Metabolite
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) teilte im Frühjahr 2008 mit, dass neben den seit Winter 2006/2007 bekannten Metaboliten von Chloridazon (Desphenylchloridazon, Desphenylchloridazon-methyl) und Tolylfluanid (N,N-Dimethylsulfamid) bei weiteren Wirkstoffen mit Spuren von Metaboliten im Grundwasser und damit möglicherweise auch im Trinkwasser zu rechnen ist. Das LGL integrierte die betroffenen Stoffe kurzfristig in die bestehenden Analysemethoden. Neben den oben genannten Abbauprodukten werden nun auch Metabolite der Wirkstoffe Chlorthalonil, Dimethachlor, Dimethenamid- P, Dimoxystrobin, Flufenacet, Metalaxyl-M, Metazachlor, S-Metolachlor, Quinmerac, Topramezone, Trifloxystrobin und Tritosulfuron erfasst. Alle diese Stoffe (27 Metabolite) sind wie die Abbauprodukte von Dichlobenil, Chloridazon und Tolylfluanid als "nicht relevante Metabolite" eingestuft und entziehen sich somit einer rechtlichen Bewertung nach der Trinkwasserverordnung. Bei den ersten orientierenden Untersuchungen von Trinkwasser fand das LGL in einigen Fällen Metabolite von Metazachlor und S-Metolachlor. Neu genannte Metabolite der anderen Wirkstoffe wurden bislang nicht beziehungsweise nur in geringen Spuren nachgewiesen. Rückstände an Desphenylchloridazon waren in 77 % der Proben, von Desphenylchloridazon-methyl in 74 % und von N,N-Dimethylsulfamid in 3 % der Proben nachweisbar. Um den Belastungsgrad von Pflanzenschutzmittelrückständen in Trinkwasser repräsentativ für ganz Bayern aufzeigen zu können, ist am LGL ein bayernweites Untersuchungsprogramm in Vorbereitung.