Pressemitteilung
04.09.2023
Nr. 32/2023
Gesundheit
Neue Stimmtrainings-App für Schulpersonal wird ab September erprobt
Das Regensburger Stimmtraining ist ein digitales Forschungsprojekt, das hilft, chronischen Stimmstörungen bei Lehrkräften vorzubeugen. Das Arbeitsmedizinische Institut für Schulen am LGL (AMIS-Bayern) initiierte eine Stimmtrainings-App in Kooperation mit der Universität Regensburg. Die App wird ab dem kommenden Schuljahr mit 300 freiwilligen Lehrkräften des staatlichen bayerischen Schulpersonals erprobt.
Die Stimme ist das Kapital einer Lehrkraft und sie muss vielen Belastungen standhalten. Denn im Schulalltag sind Umgebungslärm und eine hohe tägliche Sprechzeit normal, nicht wenige Lehrkräfte klagen daher regelmäßig über Stimmprobleme. Das Projekt Regensburger Stimmtraining (ReSt) soll hier Abhilfe schaffen. Das Arbeitsmedizinische Institut für Schulen (AMIS-Bayern) am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) startete die Initiative zur Prävention von Stimmstörungen bei Lehrkräften in Kooperation mit der Universität Regensburg. Aktuell entsteht eine Trainings-App, in der praxisnahe Wissensinhalte und Übungen zur Stimme sowie Tipps und Strategien für den Unterrichtsalltag verknüpft werden. Ziel ist es, den physiologischen Gebrauch der Sprechstimme beim Schulpersonal zu unterstützen. Zum neuen Schuljahr wird die App erprobt und einem Praxistest durch das Schulpersonal unterzogen.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek ergänzt: „Die Stimmtrainings-App zeigt anschaulich, wie die Digitalisierung mit Gesundheitsförderung und Prävention Hand in Hand gehen können. Überall und jederzeit können Lehrkräfte mit der Trainings-App gezielt ihre Stimmgesundheit fördern und lernen, wie sie ihre Stimme fithalten. So gehen wir in Bayern beim Thema Prävention einen wichtigen Schritt in Richtung digitale Zukunft. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse aus dem Praxistest der App.“
Konkret berichteten in einer deutschlandweit an 1.800 Lehrkräften durchgeführten Studie* aus dem Jahr 2007 59 % der Befragten von Stimmproblemen. Lehrerinnen und Lehrer fehlen signifikant häufiger am Arbeitsplatz aufgrund von Stimmbeschwerden* und beschreiben signifikant häufiger negative Auswirkungen dieser Beschwerden auf ihren Beruf, wie beispielsweise eine eingeschränkte stimmliche Leistungsfähigkeit. Professorin Caroline Herr, Amtsleiterin Gesundheit am LGL, erläutert: „Eine gesunde und tragfähige Stimme ist gerade bei Lehrkräften essentiell. Um das Trainingsangebot zur Prävention von Stimmstörungen möglichst vielen Personen des bayerischen staatlichen Schulpersonals zugänglich zu machen, setzen wir auf ein digitales Format. Die momentan auf Präsenz ausgelegten Stimmtrainingsprogramme sind künftig zeit- und ortsunabhängig verfügbar. Neben einem flächendeckenden Einsatz bietet die Trainings-App vor allem die Möglichkeit, Übungsinhalte individuell und bedarfsgerecht in den Alltag zu transferieren.“
Dr. Christian Gegner vom Lehrgebiet Mündliche Kommunikation und Sprecherziehung an der Universität Regensburg weist ebenfalls auf die zentrale Rolle der Stimme im Lehrberuf hin: „Lehrkräfte vermitteln Wissen, begleiten Lernprozesse, beraten oder führen Gespräche mit Eltern und Kolleginnen sowie Kollegen. Kann der eigene Stimm- und Sprechapparat die Anforderungen an ihn nicht mehr kompensieren, wird die Stimme müde und das Sprechen zunehmend anstrengender.“ Und Kultusminister Michael Piazolo betont: „Die Stimme ist das wohl wichtigste Werkzeug jeder Lehrkraft. Sie will trainiert, gepflegt und richtig genutzt werden. Mit dem digitalen Stimmtraining können sich Lehrkräfte überall und jederzeit um ihre Stimme kümmern. Nach der Erprobung wird die Stimmtrainings-App allen Lehrkräften kostenlos zur Verfügung gestellt – ein tolles Projekt.“
Projektinhalte und aktueller Stand
Seit Projektstart wurden Hintergrundinformationen, Selbstreflexions- und Trainingsmöglichkeiten zu den Bereichen Wahrnehmung, Körperhaltung, Atmung, Stimmgebung, Artikulation und Stimmhygiene in Form von Videos, Hörbeispielen und Informationsmaterialien erarbeitet. Auch psychische Einflusskomponenten wie Achtsamkeit, Stressbewältigung und emotionaler Ausdruck werden bei den Übungen thematisiert. Die Nutzerinnen und Nutzer können frei wählen, mit wem sie gerne üben möchten, in der Anwendung stehen sowohl weibliche als auch männliche Trainerinnen und Trainer zur Auswahl.
Bisher wurde ein erster Prototyp der Trainings-App mit Dozentinnen und Dozenten der Universität Regensburg pilotiert. Teilnehmende hatten die Möglichkeit, die Trainings-App über einen Zeitraum von sechs Wochen zu nutzen und Feedback zur Benutzerfreundlichkeit, Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Übungen zu geben. Derzeit wird die Trainings-App basierend auf den Rückmeldungen der Teilnehmenden überarbeitet, sodass ab dem kommenden Schuljahr die Erprobung mit dem bayerischen staatlichen Schulpersonal starten kann. Nach Abschluss des Projekts im Jahr 2025 steht die Anwendung dem bayerischen staatlichen Schulpersonal kostenfrei über den App-Store zur Verfügung.
Abb. 1: Einblick in die Gestaltung der Benutzeroberfläche und den Inhalt der Trainings-App. © LGL
Abb. 2: Digitales Trainingsprogramm: Die Trainerinnen und Trainer des Regensburger Stimmtrainings vermitteln Maßnahmen zur Stimmhygiene, Stressbewältigung und Arbeitsorganisation. © Universität Regensburg
*Studien:
- Kooijman, P.G.C., Thomas, G., Graamans, K. & de Jong, F.I.C.R.S. (2007). Psycho-social impact of teacher’s voice throughout the career. Journal of Voice 21 (3), 316-324.
- Smith, E., Lemke, J., Taylor, M., Kirchner, H. & Hoffman, H. (1998). Frequency of voice problems among teachers and other occupations. Journal of Voice 12 (4), 480-488.
- Roy, N., Merril, R.M., Thibeault, S., Gray, S.D. & Smith, E.M. (2004). Voice disorders in teachers and the general population: effects on work performance, attendance, and future career choices. Journal of Speech, Language and Hearing Research 47, 542-551.
Über das AMIS-Bayern
Das Arbeitsmedizinische Institut für Schulen (AMIS-Bayern) am LGL berät staatliche Schulen in Bayern in allen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Es wurde hierzu interdisziplinär aufgestellt, arbeitet ganzheitlich und bietet ein umfangreiches Unterstützungsangebot. Da in diesem Zusammenhang ein Austausch mit wissenschaftlichen Einrichtungen wichtig ist, arbeitet das AMIS-Bayern eng mit anderen Institutionen zusammen. Neben Betriebs- und Fachärzt*innen für Arbeitsmedizin sind Arbeitspsycholog*innen, Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie Assistenzpersonal für das AMIS-Bayern tätig.
Über das LGL
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist die zentrale Fachbehörde des Freistaats Bayern für Lebensmittelsicherheit, Gesundheit, Veterinärwesen und Arbeitsschutz/Produktsicherheit.
Am LGL sind verschiedene Fachgebiete bewusst unter einem Dach vereint. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Lebensmittelchemiker, Ärzte, Tierärzte, Ingenieure, Physiker, Psychologen, Ökotrophologen, Chemiker, labortechnische Fachkräfte, Juristen, Biologen und andere Experten. Sie arbeiten über Fachgrenzen hinweg zusammen und betrachten Sachverhalte aus verschiedenen Blickwinkeln.
Über die Universität Regensburg
Die Universität Regensburg (UR), gegründet im Jahr 1962, vereint als Volluniversität zwölf Fakultäten auf einem Campus. Zunächst als regionale Universität geplant, hat sie sich im neuen Jahrtausend zu einem renommierten, international ausgerichteten Zentrum für Forschung und Lehre entwickelt. Die Forschung an der UR ist überaus erfolgreich in den Natur-, Lebens- und Geisteswissenschaften. 2022 belegen ihre Forschungsstärke unter anderem sieben von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Sonderforschungsbereiche sowie acht „Grants“ des European Research Council. 2017 wurde das Institut für Ost- und Südosteuropaforschung (IOS), ein An-Institut der UR, als erste Einrichtung in Regensburg in die renommierte Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen, 2022 folgte das aus der UR hervorgegangene Regensburger Centrum für Interventionelle Immunologie (RCI). Gerade entsteht an der Universität das „Regensburg Center for Ultrafast Nanoscopy“ – kurz: RUN, an dem mit neuartigen, höchstauflösenden Zeitlupenkameras die ultraschnellen Quantenbewegungen von Atomen und Molekülen erforscht werden sollen. Im Frühjahr 2022 hat der Wissenschaftsrat die Förderempfehlung für das „Center for Immunomedicine in Transplantation and Oncology“ (CITO) an der UR gegeben, einem Zentrum der immunmedizinischen Grundlagenforschung.