Untersuchungsergebnisse von „glutenfrei“ und „getreidefrei“ deklarierten Futtermitteln für Heimtiere

Signet Jahresbericht 2023

Abstract

Das LGL untersuchte im Jahr 2023 insgesamt 21 Futtermittel für Heimtiere, die entweder als getreide- bzw. glutenfrei deklariert waren oder solche, in deren Zutatenliste kein glutenhaltiges Getreide aufgeführt war, hinsichtlich ihres Gluten- bzw. Getreidegehalts. Bei 52 % der Proben konnte Gluten und/oder Getreide nachgewiesen werden, während 48 % der Futtermittel der Deklaration entsprachen.

Einleitung

In Anlehnung an die Deklaration bei Lebensmitteln werden heutzutage besonders im Heimtierbereich viele Futtermittel als „glutenfrei“ oder „getreidefrei“ deklariert. Es ist davon auszugehen, dass die Deklaration einen erheblichen Beitrag bei der Kaufentscheidung des Tierbesitzers spielt.
Wie beim Menschen sind auch bei Tieren Gluten-induzierte Krankheitsbilder bekannt. Eine Abweichung von der Deklaration führt zu einer Verbrauchertäuschung und gegebenenfalls zur Gesundheitsgefährdung des Tieres.

Gluten, das aus einer Mischung von hunderten ähnlicher Proteinen besteht, ist das Hauptspeicherprotein von Getreiden, wie den Süßgräsern Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel und Hafer.
Daneben gibt es auch nicht glutenhaltige Getreide. Dazu gehören die Süßgräser Reis, Mais, Hirse und Teff sowie Buchweizen, der zu den Knöterichgewächsen gehört und die Fuchsschwanzgewächse Quinoa und Amaranth.

Beim Menschen sind verschiedene Gluten-induzierte Krankheitsbilder bekannt [1]. Das wohl bekannteste ist die Zöliakie, die zu einer Gluten-induzierten Darmentzündung führt. Sie betrifft etwa 1 % der weltweiten Bevölkerung und führt unerkannt und unbehandelt zu schweren Symptomen wie Mangelernährung, Gedeihstörung bei Kindern und Blutarmut. Sie kann auch zu psychischen und neurologischen Erkrankungen führen. Die Therapie besteht aus dem kompletten Verzicht auf glutenhaltige Produkte, da bereits Spuren von Gluten zu Entzündungen führen.
Bei Hunden wurden im Zusammenhang mit Gluten bisher zwei Krankheitsbilder beschrieben. Zum einen, die mit Verdauungsproblemen und Malabsorption einhergehende Gluten-Sensitivität, die bisher rassespezifisch beim Irish Setter bekannt ist [2] und autosomal-rezessiv vererbt werden soll. Die Symptome dieser Krankheit können bereits im Alter von sechs Monaten auftreten. Nach Umstellung auf eine glutenfreie Diät bessern sich in der Regel alle klinischen Symptome drastisch und unmittelbar [3]. Der Schaden der Darmwand ist bei Irish Settern typischerweise weniger stark ausgeprägt, als bei an Zöliakie erkrankten Menschen.
Zum anderen wird bei Hunden von der paroxysmalen glutensensitiven Dyskinesie (PGSD) berichtet, deren klinisches Bild durch anfallsartige Bewegungsstörungen geprägt ist. Diese Störung fiel als erstes bei Border Terriern auf [4]. Sie kommt jedoch bei unterschiedlichen Rassen und auch Mischlingen vor, wie von der Tierärztlichen Hochschule Hannover im Jahr 2023 veröffentlicht wurde [5]. Die PGSD beginnt häufig vor dem dritten Lebensjahr und zeigt sich mit unwillkürlichen Muskelkontraktionen an allen vier Gliedmaßen, Kopf und auch Nacken, was zu Störungen im Bewegungsablauf, Schwierigkeiten beim Laufen und Zittern führt. Diese Symptome treten episodenweise auf und sind selbstlimitierend. Die Tiere sind dabei stets bei vollem Bewusstsein. Die Dauer der Phasen kann zwischen 2-30 Minuten liegen. Weitere beschriebene Symptome sind leeres, unbestimmtes Starren bei vollem Bewusstsein, gastrointestinale Symptome und Atopie mit starkem Juckreiz [4]. Eine glutenfreie Diät führt auch bei diesem Krankheitsbild unmittelbar zu einer Symptomreduktion (50 % der Fälle) [6].

Im Lebensmittelbereich gibt es rechtlich bindende Grenzwerte: „glutenfrei“ deklarierte Produkte dürfen höchstens 20 mg/kg Gluten enthalten [7]. Ein „sehr geringer Glutengehalt“ bedeutet, dass Produkte den Grenzwert von 100 mg/kg nicht übersteigen dürfen [7]. Solche rechtlich bindenden Grenzwerte fehlen für Futtermittel gänzlich.

Die Ausführungen zeigen, wie wichtig es für die betroffenen Tiere und ihre Besitzer ist, sich auf entsprechende Deklarationen verlassen zu können. Denn eine Besserung der Symptome ist nur bei Einhaltung einer glutenfreien Diät zu erwarten.

Ergebnisse

Um einen Eindruck über die Situation auf dem deutschen Futtermittelmarkt zu bekommen, untersuchte das LGL im Jahr 2023 insgesamt 21 Futtermittel für Heimtiere, die als gluten- und/oder getreidefrei gekennzeichnet waren, entweder auf ihren Gluten-Gehalt und/oder auf die Anwesenheit von Weizen- oder Reis- bzw. Mais-DNA. Der Gluten-Gehalt wurde mithilfe eines Antigen-Tests Enzyme-Linked Immunosorbent Assay (ELISA), die Anwesenheit der Weizen-, Reis- oder Mais-DNA mittels PCR-Analyse (polymerase chain reaction) untersucht (siehe Tabelle).

In 8 als getreidefrei deklarierten Proben, was Glutenfreiheit miteinschließt, wurde kein Getreide oder Gluten gefunden. 2 Futtermittel wiesen in ihrer Deklaration nicht explizit auf Gluten oder Getreidefreiheit hin, in ihrer Zutatenliste waren jedoch keine glutenhaltigen Zutaten angegeben. Hier wurde ebenfalls kein Gluten nachgewiesen. 10 von 21 (ca. 48 %) Futtermitteln entsprachen somit der Deklaration, was bedeutet, dass weder Getreide noch Gluten gefunden wurde. Bei den übrigen 11 Futtermitteln wurde je nach durchgeführter Untersuchung entweder Gluten und/oder Getreide in der Probe festgestellt. 9 Proben waren als getreidefrei und 2 Proben als glutenfrei deklariert. Das bedeutet, dass ca. 52 % der untersuchten Futtermittel nicht der Deklaration entsprachen.

Tabelle: Untersuchungsergebnisse der 11 Futtermittel, bei denen Gluten und/oder Getreide festgestellt wurde und nicht der Deklaration entsprachen.
min. 1 Test positiv Gluten ELISA PCR Weizen PCR Mais PCR Reis
getreidefrei, mögl. Spuren deklariert Ca 200 mg/kg + + +
getreidefrei, mögl. Spuren deklariert - - - +
getreidefrei, mögl. Spuren deklariert Ca 600 mg/kg + + +
getreidefrei, mögl. Spuren deklariert nd - - +
getreidefrei Ca. 900 mg/kg + + +
getreidefrei nd + + +
getreidefrei nd + + +
getreidefrei  nd + + +
getreidefrei Ca. 300 mg/kg  + + +
glutenfrei Ca. 700 mg/kg  nd nd nd
glutenfrei Ca. 70 mg/kg  nd nd nd

nd = nicht durchgeführt; + = positiv; - = negativ;

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass entsprechende Deklarationen auf Futtermittel aktuell nicht verlässlich sind. Das LGL leitete die Untersuchungsergebnisse an die zuständige Behörde weiter und wird im kommenden Jahr weitere Untersuchungen durchführen.

Literatur

  1. Leonard, M.M., et al., Celiac disease and nonceliac gluten sensitivity: a review. Jama, 2017. 318(7): p. 647-656.
  2. Daminet, S.C., Gluten-sensitive enteropathy in a family of Irish setters. The Canadian Veterinary Journal, 1996. 37(12): p. 745.
  3. Pemberton, P., et al., Gluten-sensitive enteropathy in Irish setter dogs: characterisation of jejunal microvillar membrane proteins by two-dimensional electrophoresis. Research in veterinary science, 1997. 62(2): p. 191-193.
  4. Black, V., et al., Phenotypic characterisation of canine epileptoid cramping syndrome in the Border terrier. Journal of Small Animal Practice, 2014. 55(2): p. 102-107.
  5. Rogers, C.B., N. Meyerhoff, and H.A. Volk, Gluten serological testing in various dog breeds with paroxysmal dyskinesia. Frontiers in Veterinary Science, 2023. 10
  6. Lowrie, M., et al., The clinical and serological effect of a gluten‐free diet in border terriers with epileptoid cramping syndrome. Journal of veterinary internal medicine, 2015. 29(6): p. 1564-1568.
  7. Kommission, E., DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) Nr. 828/2014 DER KOMMISSION vom 30. Juli 2014 über die Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen für Verbraucher über das Nichtvorhandensein oder das reduzierte Vorhandensein von Gluten in Lebensmitteln, in L228/5. 2014, Amtblatt de Europäischen Union. p. S. 5–8

Mehr zu diesem Thema

Allgemeine Informationen zum Thema

Jahresbericht