HintergrundInformation: Bovine Virusdiarrhoe/Mucosal Disease (BVD/MD)

Was ist BVD/MD?

Kühe im Stall

Die BVD/MD ist eine weltweit verbreitete Virusinfektion des Rindes, die auch in Deutschland endemisch war, infolge eines langjährigen Bekämpfungsprogrammes in weiten Teilen Deutschlands aber als getilgt gilt und nur noch sehr vereinzelt auftritt. Sie kann in der Rinderhaltung zu massiven wirtschaftlichen Verlusten führen. Neben dem Rind als Hauptwirt können auch alle anderen Paarhufer, wie z. B. Schafe und Wildwiederkäuer mit dem Virus infiziert werden.

Der Erreger der Bovinen Virusdiarrhoe (BVD) gehört zum Genus Pestivirus innerhalb der Familie der Flaviviridae. Die beiden Virusspezies BVDV-1 und BVDV-2 kommen in zwei verschiedenen Biotypen vor: Die Majorität der Viren sind nicht-zythopathogen (ncp), d. h. sie replizieren in der Zellkultur ohne morphologische Veränderungen, daneben kommen zythopathogene (cp) Viren vor, die zur Apoptose und Lyse der Zelle führen.

In Abhängigkeit von der Virulenz (krankmachenden Eigenschaften) des Virusstammes und der individuellen Abwehrlage des Tieres verlaufen die Infektionen oft symptomlos als subklinische Infektionen oder einhergehend mit Durchfällen, respiratorischen Erkrankungen und Leistungsabfall. Es werden aber auch vereinzelt schwere Erkrankungsfälle mit Todesfällen als Folge von unstillbaren Durchfällen und generalisierten Hämorrhagien beobachtet (BVDV-2). Nach überstandener Infektion (transiente Infektion) vermitteln körpereigene, gegen das BVDV gebildete Antikörper jahrelangen Schutz.

Bei der Infektion eines trächtigen Tieres kann das BVDV auch den Fetus infizieren. In der Folge können Aborte und fetale Missbildungen auftreten oder unterentwickelte und lebensschwache Kälber geboren werden. Wird der Fetus zwischen dem 30. und 90. Tag der Trächtigkeit mit einem nicht cytopathogenen Virus infiziert, kann ein persistent BVDV infiziertes Rind (PI-Tier, Dauerausscheider, Virämiker) entstehen. Sofern das Muttertier nicht selbst ein PI-Tier ist, sind bei diesem gegen Ende der Trächtigkeit hohe Antikörpertiter nachweisbar.

PI-Tiere scheiden lebenslang große Mengen an BVDV aus und spielen die Hauptrolle bei der Übertragung der Infektion. Infiziert sich ein PI-Tier mit einem cythopathogenen BVDV erkrankt es an Mucosal Disease (MD), einer Sonderform der BVDV-Infektion. PI-Tiere gebären immer PI-Tiere.

PI-Tiere sind immuntolerant gegen das BVDV-Virus, mit dem sie intrauterin infiziert wurden, d.h. sie bilden keine nachweisbaren Antikörper gegen dieses BVDV. Immunkompetente Rinder, die sich mit einem BVD-Virus infizieren, entwickeln eine transiente Infektion und sind danach über lange Zeit antikörperpositiv.

Vorkommen und Verbreitung

Das Virus der Bovinen Virusdiarrhoe (BVD) / Mucosal Disease (MD) ist weltweit verbreitet. In Deutschland wurde seit Beginn der BVDV-Bekämpfung im Jahr 2011 nach Maßgabe der BVDV-Verordnung vom 11. Dezember 2008 (Neufassung vom 27.06.2016) der Anteil der als Virusausscheider diagnostizierten Tiere deutlich reduziert, so dass weite Teile Deutschlands bereits als BVDV-frei einzuordnen sind.

Vorbeugung und Bekämpfung

Die Bovine Virusdiarrhoe wird in Deutschland seit Januar 2011 nach Maßgabe der BVDV-Verordnung vom 11. Dezember 2008 (Neufassung vom 27.06.2016) bekämpft und gehört zu den anzeigepflichtigen Tierseuchen.

Das Bekämpfungsziel ist die Eliminierung aller persistent infizierten Rinder und somit die deutschlandweite BVDV-Freiheit. Die Bekämpfung basiert auf der schnellen Erkennung von PI-Tieren durch Untersuchung aller neugeborenen Kälber auf BVDV und aller Mütter von BVDV-positiven Kälbern. PI-Tiere sind zu entfernen, ein Handel ist nur mit Nicht-PI-Tieren gestattet.

Ausgewiesene Ziele in Deutschland sind die Schaffung von zertifizierten unverdächtigen, d.h. virusfreien Tieren, Beständen und Regionen. Nicht PI-Tiere, sind „unverdächtig“, dieser Status gilt lebenslang und wird in das Bestandsregister und in das Herkunftsicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) eingetragen. Seit 2011 dürfen in Deutschland nur Tiere verbracht werden, die als unverdächtig gelten.

Die Bayerische Tierseuchenkasse unterstützt die Bekämpfung der BVD/MD mit Zuschüssen und Beihilfen.

Die Bundes-Verordnung zum Schutz der Rinder vor einer Infektion mit dem Bovinen Virusdiarrhoe-Virus (BVDV-VO) trat am 01.01.2011 mit der Einführung einer allgemeinen Untersuchungspflicht in Kraft. Der Tierhalter wird damit verpflichtet, alle nach dem 01.01.2011 geborenen Rinder sowie grundsätzlich alle Rinder, die nach dem 01.01.2011 aus dem Bestand verbracht werden sollen und für die noch kein negatives Untersuchungsergebnis vorliegt, auf das BVDV untersuchen zu lassen. Er kann die Untersuchung auf das BVDV an Blutproben oder Ohrgewebeproben durchführen lassen und ist frei in der Wahl des untersuchenden Labors. PI-Tiere sind unverzüglich zu schlachten oder töten zu lassen.

Die Bayerische Tierseuchenkasse unterstützt die Bekämpfung der BVD/MD mit Zuschüssen und Beihilfen.

TSK: Leistungen der Bayerischen Tierseuchenkasse (§ 6 Nr. 4 Beihilfesatzung und Leistungsbeschluss des Landesausschusses)

Häufig gestellte Fragen zum BVD-Bekämpfungsverfahren

  1. Welche Rinder müssen auf das BVDV untersucht werden?

    Der Besitzer hat jedes in seinem Bestand geborene Rind spätestens bis zur Vollendung des ersten Lebensmonates untersuchen zu lassen.

  2. Welche Labore bieten Untersuchungen auf das BVD-Virus an?

    Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit(LGL): Alle Untersuchungen außer Statusuntersuchungen aus Ohrgewebeproben. Am LGL werden Untersuchungen zum Erreichen eines BVDV-Status ausschließlich aus Blutproben durchgeführt.

    Private Labore: Die Bayerische Tierseuchenkasse hat im „Merkblatt der Bayerischen Tierseuchenkasse zu den BVDV-untersuchenden Labore“ eine Liste der Labore, die Statusuntersuchungen durchführen, veröffentlicht:

    TSK: Labore, die nach Kenntnis der Bayerischen Tierseuchenkasse Untersuchungen im Rahmen der BVDV-Verordnung durchführen (Stand: 01.04.2017; Angaben ohne Gewähr)

  3. Welcher Untersuchungsantrag ist für die Untersuchung auf das BVD-Virus zu verwenden?

    Für Ohrgewebeproben von neugeborenen Kälbern ist kein Untersuchungsantrag erforderlich.

    Für alle anderen Proben ist der Antrag „Untersuchungsanträge aus Bestandsregister“ aus der HI-Tierdatenbank zu verwenden unter „Allgemeine Funktionen zur Tiergesundheit für den Halter“ bzw. „Allgemeine Funktionen für den Hoftierarzt“). Nur mit diesem Antrag kann die Einstellung der Untersuchungsergebnisse und damit die Zuweisung des BVD-Tierstatus in der HI-Tierdatenbank gewährleistet werden.

    Nach Erteilung einer „Hoftierarzt-Vollmacht“ durch den Tierhalter kann auch der Hoftierarzt den Untersuchungsantrag erstellen. Der Vordruck für die „Hoftierarzt-Vollmacht“ ist in der HI-Tierdatenbank abgelegt (http://www.hi-tier.de/ unter „Allgemeine Funktionen zur Tiergesundheit für den Halter“ und „Vollmachtsvordrucke und Formulare“ bzw. „Allgemeine Funktionen für den Hoftierarzt“ und „Vollmachtvordrucke“). Er ist ausgefüllt und unterschrieben an den LKV Bayern zu senden (LKV Bayern, Postfach 151305, 80048 München oder Fax: 089/54434870).

  4. Welche Proben werden am LGL untersucht?

    Am LGL werden BVDV-Status-Untersuchungen ausschließlich aus Blutproben durchgeführt. Labore, die Untersuchungen an Ohrgewebeproben vornehmen sind im „Merkblatt der Bayerischen Tierseuchenkasse zu den BVDV-untersuchenden Laboren“ aufgeführt:

    TSK: Labore, die nach Kenntnis der Bayerischen Tierseuchenkasse Untersuchungen im Rahmen der BVDV-Verordnung durchführen (Stand: 01.04.2017; Angaben ohne Gewähr)

  5. Was kostet die Untersuchung auf das BVD-Virus?

    Die untersuchenden Labore berechnen Kosten entsprechend ihrer Gebührenordnung / Preisliste.
    Private Labore: Untersuchungsgebühren sind bei den untersuchenden Laboren zu erfragen, die im „Merkblatt der Bayerischen Tierseuchenkasse zu den BVDV-untersuchenden Laboren“ der Bayerischen Tierseuchenkasse gelistet sind.

    TSK: Labore, die nach Kenntnis der Bayerischen Tierseuchenkasse Untersuchungen im Rahmen der BVDV-Verordnung durchführen (Stand: 01.04.2017; Angaben ohne Gewähr)

    Die Bayerische Tierseuchenkasse gewährt einen Zuschuss von 3.- € für Untersuchungen zur Ermittlung des BVDV-Status, die nach der BVDV-VO vorgeschrieben sind.

  6. Welchen Anteil an den Untersuchungskosten hat der Tierhalter zu tragen?

    Die Bayerische Tierseuchenkasse übernimmt unabhängig von Probenmaterial, Untersuchungsmethode und untersuchendem Labor 3.- € für Untersuchungen, die nach der BVDV-VO zur Ermittlung des BVDV-Status vorgeschrieben sind. Die auftretende Differenz zu den tatsächlichen Untersuchungskosten hat der Tierhalter zu tragen.

  7. Wer trägt die Kosten für die Entnahme von Blutproben?

    Die Kosten für die Entnahme von Blutproben trägt grundsätzlich der Tierhalter.
    Bei Untersuchungen, die nach der Feststellung eines PI-Tieres nach Anweisung des zuständigen Veterinäramtes durchgeführt werden, trägt die Bayerische Tierseuchenkasse die Kosten für die Probenröhrchen und die Blutentnahme.

  8. Wie und wo erhält der Tierhalter die Gewebeohrmarken?

    Die Ohrmarken werden vom LKV Bayern e. V.
    (http://www.lkv.bayern.de) ausgegeben.

    LKV-Mitglieder erhalten die Gewebeohrmarken über die zuständige „Außenstelle“ des LKV.

    Nicht-LKV-Mitglieder können die Gewebeohrmarken beim LKV (Tel.: 089-544348-71) bestellen.

  9. Der Tierhalter möchte keine Ohrgewebeproben untersuchen lassen?

    Der Tierbesitzer ist frei in der Wahl des verwendeten Untersuchungsmateriales. Neben Ohrgewebeproben können auch Blutproben auf das BVD-Virus untersucht werden.

    Bei der Verwendung von Blutproben ist zu beachten, dass je nach Alter des zu untersuchenden Rindes unterschiedliche Untersuchungsmethoden angewendet werden müssen. Die Kosten für die Untersuchung unterscheiden sich dementsprechend und können auch von Labor zu Labor variieren. Rinder, die ab 01.01.2011 geboren wurden, sind spätestens bis zum Ende des ersten Lebensmonates oder grundsätzlich vor dem Verbringen aus dem Bestand zu untersuchen.

  10. Sollen Totgeburten untersucht werden?

    Die BVDV-Verordnung sieht keine grundsätzliche Untersuchung vor. Eine pathologische/Labor-Diagnose der Ursache, vor allem bei gehäufter Problematik im Bestand, kann prinzipiell jedoch sinnvoll sein. Eine Kennzeichnung mit Gewebeohrmarken scheidet für Totgeburten und verworfene Tiere aus, da nur lebende Kälber kennzeichnungspflichtig sind.

  11. Ein Rind wurde einmal positiv auf das BVD-Virus untersucht - was tun?

    Spätestens 40 Tage nach der Probennahme für die erste Untersuchung ist das betroffene Tier erneut auf das BVD-Virus zu untersuchen (Bestätigungsuntersuchung), sofern es zu diesem Zeitpunkt noch lebt.

    Für die Bestätigungsuntersuchung ist eine vom Hoftierarzt entnommene Blutprobe mit einem Untersuchungsantrag aus der HI-Tierdatenbank zur Untersuchung einzusenden.

    Folgende Möglichkeiten zur Durchführung der Bestätigungsuntersuchung stehen zur Verfügung:

    Ab dem 22. Lebenstag führt ein positives Antigen-ELISA-Ergebnis zu einer Bestätigung der persistenten Infektion. Ein negatives Antigen-ELISA-Ergebnis liefert ein valides Ergebnis für Tiere mit einem Lebensalter über 30 Tage. Bei Tieren, die jünger als 30 Tage sind, muss über einen Antikörper-ELISA zusätzlich die Abwesenheit von BVDV-spezifischen Antikörpern nachgewiesen werden, da durch das Vorhandensein von maternalen Antikörpern der Nachweis von BVDV-Antigen im ELISA behindert werden kann. Bei einem positiven Antikörper-Nachweis muss eine relativ teure weitere Untersuchung mittels PCR angeschlossen werden.

    Wenn spätestens 40 Tage nach der Probennahme für die erste positive Untersuchung keine zweite negative Untersuchung folgt, gilt das Tier als Virämiker.

  12. Was ist ein Virämiker?

    Ein Virämiker („persistent BVDV-infiziert“ gemäß BVDV-VO, Dauerausscheider) ist ein Rind, das einmal mit positivem Ergebnis auf das BVD-Virus untersucht wurde

    und

    spätestens 40 Tage nach der ersten Untersuchung ein zweites positives Ergebnis aufweist, bei dem die Wiederholungsuntersuchung (spätestens 40 Tage nach der Erstuntersuchung) unterblieben ist

    oder das an Mucosal Disease erkrankt ist.

    Alle Nachkommen von Virämikern.

  13. Was ist mit einem Virämiker („persistent BVDV-infiziert“ gemäß BVDV-VO) zu tun?

    Ein Virämiker ist unverzüglich, spätestens 7 Tage nach Erhalt der schriftlichen Mitteilung des BVD-Tierstatus „Virämiker“, zu schlachten oder töten zu lassen. Die Bayerische Tierseuchenkasse gewährt Ausmerzungsbeihilfe gemäß der geltenden Leistungssatzung.

  14. Was passiert mit Proben, die zur Untersuchung auf das BVD-Virus an ein Labor gesandt werden?

    LGL: Falls kein anderslautender Untersuchungsantrag vorliegt, werden die Proben nur auf das BVD-Virus untersucht und anschließend sachgerecht entsorgt. In besonderen Fällen erfolgt eine Weiterleitung an das Referenzlabor (Friedrich-Loeffler-Institut) zur weiteren Abklärung und Bestimmung von Virus-Sequenzen.
    Genetische Untersuchungen an diagnostischen veterinärmedizinischen Proben werden am LGL nicht durchgeführt.
    Private Labore: Bedingungen sind bei den untersuchenden Laboren zu erfragen, die im „Merkblatt der Bayerischen Tierseuchenkasse zu den BVDV-untersuchenden Laboren “ der Bayerischen Tierseuchenkasse gelistet sind.

  15. Was passiert mit den Untersuchungsdaten im Labor?

    LGL: Die Daten zur Untersuchung werden an die HI-Tierdatenbank übermittelt (Erzeugung des BVDV-Status) und im Rahmen der laborinternen Qualitätssicherung aufbewahrt. Die Veterinärverwaltung, die bayerische Tierseuchenkasse und erforderlichenfalls das Friedrich-Loeffler-Institut (Referenzlabor) können Zugriff auf die Daten erhalten.

    Private Labore: Bedingungen sind bei den untersuchenden Laboren zu erfragen, die im „Merkblatt der Bayerischen Tierseuchenkasse zu den BVDV-untersuchenden Laboren“ der Bayerischen Tierseuchenkasse gelistet sind.

    TSK: Labore, die nach Kenntnis der Bayerischen Tierseuchenkasse Untersuchungen im Rahmen der BVDV-Verordnung durchführen (Stand: 01.04.2017; Angaben ohne Gewähr)

  16. Wie erfährt der Tierhalter von einem positiven Untersuchungsergebnis?

    Ein BVDV-Nachweis wird durch das untersuchende Labor an die HI-Tierdatenbank übermittelt. Dem einsendenden Tierarzt und dem zuständigen Veterinäramt (Anzeigepflicht) werden die Ergebnisse schriftlich mitgeteilt.

  17. Gibt es finanzielle Erleichterungen für Almauftriebsuntersuchungen?

    Almauftriebsuntersuchungen werden wie sonstige Untersuchungen vor dem Verbringen von Rindern behandelt. Es gibt keine Sonderregelung.

  18. Was ist bei der Abgabe von Rindern zu beachten?

    Grundsätzlich dürfen nur BVDV-unverdächtige Rinder abgegeben werden (Nachweis in schriftlicher Form oder über HI-Tierdatenbank).

    Ausnahmen:

    • Verbringen zur Schlachtung.
    • Ausfuhr oder Verbringen in einen anderen Mitgliedstaat.
    • o Verbringen zur tierärztlichen Untersuchung oder Behandlung, soweit das Rind im Rahmen dieser Untersuchung auch auf BVDV untersucht wird und bis zum Vorliegen des Ergebnisses abgesondert gehalten wird.

Literatur (Auswahl)

Wernike K.: BVDV-Sanierung in Deutschland, Deutsches Tierärzteblatt 6/2016

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