Kuhpocken

Allgemeines zum Erreger

Die Kuhpockenviren gehören zu den Orthopockenviren. Diese Gruppe umfasst eine Reihe von Viren, die für den Menschen unterschiedlich pathogen sind. Bei Kuhpocken handelt es sich nicht um das Variola-Virus, den ausgerotteten Erreger der hochansteckenden und häufig tödlich verlaufenden Menschenpocken, der natürlicherweise nur den Menschen infiziert. Kuhpockenviren sind für den Menschen deutlich weniger ansteckend und verursachen meist nur lokale Infektionen, die meist von selbst ausheilen. Wie die zur Impfung gegen humane Pocken verwendeten Vaccinia-Viren und die Affenpockenviren besitzen die Kuhpockenviren ein breites Wirtsspektrum (unter anderem Rinder, Katzen, Nagetiere, Großkatzen, Elefanten, Nashörner, Hund, Mensch). Wildlebende Nagetiere werden als Virusreservoir angesehen. Man geht davon aus, dass das Kuhpockenvirus 1796 von Jenner erstmals zur gezielten Impfung gegen Pocken beim Menschen eingesetzt wurde.

Epidemiologie beim Tier

Kuhpockenviren sind endemisch in West-Eurasien. Obwohl der Name es vermuten lässt, wurden Kuhpocken bei Rindern in den letzten Jahren in Deutschland nicht mehr beobachtet. In Europa wird aber zunehmend über Infektionen bei Katzen und bei als Haustiere gehaltenen Ratten und Zootieren berichtet. Bei wild lebenden Nagetieren ist aufgrund der zunehmenden Population und des daraus resultierenden Infektionsdruckes im Spätsommer ein saisonales Ansteigen der Infektionszahlen zu verzeichnen. In der Folge ist bei Katzen mit Auslauf ebenfalls eine Häufung im Herbst zu beobachten. Mit regionalen Unterschieden können bei bis zu 16 % der Katzen Antikörper gegen Kuhpockenviren nachgewiesen werden.

Nach Tierseuchenrecht besteht unter anderem bei Ratten Meldepflicht.

Epidemiologie beim Menschen

Kuhpockeninfektionen des Menschen sind in den letzten Jahren nur in seltenen Einzelfällen beobachtet worden. Der Mensch infiziert sich meist durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren, zum Beispiel beim Spielen mit Katzen oder sogenannten "Schmuseratten" wie bei einer Häufung von Kuhpockeninfektionen im Raum München zwischen Mitte Dezember 2008 und Januar 2009. Eintrittspforten für den Erreger stellen kleine Verletzungen (Läsionen) dar. Mensch zu Mensch Übertragungen wurden bisher nicht beobachtet.

Krankheitsbild beim Menschen

Die Erkrankung äußert sich beim Menschen lokal an den Kontaktstellen (zum Beispiel Kratzer) durch rote Hautläsionen, die sich später zentral schwarz verfärben und erst nach sechs bis acht Wochen abheilen, wobei Narben zurückbleiben. Vor allem bei jüngeren Erkrankten ohne Pockenschutzimpfung kommen Fieber und lokale Lymphknotenschwellung vor. Schwerere Verläufe mit Befall der Augenregion sind ebenfalls beschrieben. Bei immunsupprimierten Patienten können auch schwere systemische Infektionen auftreten.

Pockeneffloreszenzen beim Menschen Pockeneffloreszenzen beim Menschen

Abbildungen 1-2: Manifestationen der Kuhpocken beim Menschen

Krankheitsbild beim Tier

Katzen und Ratten (siehe Abbildungen) weisen vor allem im Kopfbereich (am und im Maul, Nase, Ohren) und an den Pfoten Hauteffloreszenzen und Pockenpusteln auf. Todesfälle sind möglich. Bei Zootieren sind oft generalisierte und häufig letale Verläufe zu beobachten.

Pockeneffloreszenzen bei einer Ratte Pockeneffloreszenzen bei einer Ratte Pockeneffloreszenzen bei einer Ratte

Abbildungen 3-5: Manifestationen der Kuhpocken bei der Ratte

Diagnostik

Für die virologische Diagnostik (Genus-spezifische PCR mit anschließender Sequenzierung des Hämagglutinin-Gens zur Bestimmung der Spezies, Virusisolierung) sind Krustenmaterial, Vesikelflüssigkeit, Rachenabstriche und Tupferproben von Läsionen geeignet. Sofern Tiere im Rahmen eines pockenverdächtigen Infektionsgeschehens verendet sind, sollten auch diese untersucht werden.

Behandlung und Schutzmaßnahmen

Menschen, die bis in die 1970er Jahre noch eine Pockenimpfung erhalten haben, sind teilweise auch gegen Kuhpocken geschützt und zeigen leichtere Krankheitsverläufe. Da es bisher keine kausale Therapie zur Behandlung von Kuhpocken gibt, ist die wichtigste Maßnahme die Vermeidung des Kontakts mit infizierten Tieren. Vor allem wenn Haustiere Hautveränderungen oder Läsionen aufweisen, sollte ein direkter Kontakt durch Tragen von Handschuhen vermieden werden. Beim Auftreten verdächtiger Hautveränderungen sollte ein Arzt aufgesucht werden. Eventuell auftretende bakterielle Superinfektionen sollten mit Antibiotika behandelt werden. Obwohl eine Ansteckung von Mensch zu Mensch nicht beobachtet wurde, sollten befallene Hautstellen abgedeckt und bei der Wundversorgung Handschuhe getragen werden.

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