Tierschutzaspekte beim Einsatz von Herdenschutzhunden
Hintergrund
Lange Zeit waren in Deutschland Schutzmaßnahmen gegen Übergriffe von Wölfen auf Weidetiere nicht mehr erforderlich, weil es diese Beutegreifer nicht mehr gab. Die Rückkehr von Wölfen und anderen großen Beutegreifern, zum Beispiel Luchse, nach Deutschland stellt die Halter von Schafen und Ziegen vor große Herausforderungen. Neben wolfssicheren Zäunen ist der Einsatz von Herdenschutzhunden eine effiziente Methode, Herden vor großen Beutegreifern zu schützen. In einigen Regionen Europas ist diese Methode seit Jahrtausenden bekannt und bewährt. Auch in Bayern halten immer mehr Nutztierhalter Herdenschutzhunde.
Abb.: Maremmanos in einer Schafherde
Aufgaben von Herdenschutzhunden
Als Herdenschutzhunde werden bestimmte, relativ großwüchsige Rassen bezeichnet, zum Beispiel Maremmano Abruzzese, Pyrenäen-Berghund, Kangal, Mastin Espanol, die intensive Schutzinstinkte haben und eigenständig die Wachfunktion ausüben. Sie wachsen im Idealfall zusammen mit „ihrer“ Herde auf und beschützen diese wie ein eigenes Rudel. Charakteristisch für den Herdenschutzhund ist das selbstständige Arbeiten, das heißt, er verbleibt Tag und Nacht bei der Herde und übt die Schutzfunktion weitgehend unabhängig vom Schäfer aus.
Tierschutzaspekte
In den letzten Jahren haben sich Amtstierärzte und Verbände verstärkt an das LGL gewandt, um sich über den Einsatz von Herdenschutzhunden zu informieren. LGL-Mitarbeiter haben zahlreiche Vorträge zu diesem Thema gehalten und zudem die Arbeit mit Herdenschutzhunden fachlich begleitet. Ein zentraler Diskussionspunkt war beispielsweise die Auslegung der Tierschutzhundeverordnung hinsichtlich der Frage nach der Notwendigkeit einer Schutzhütte. Solche Hütten sind auf der Weide kaum vorhanden, werden aber tierschutzrechtlich für die Haltung von Hunden im Freien grundsätzlich gefordert.
Arbeitende Herdenschutzhunde, die zum Bewachen einer Herde eingesetzt werden, halten sich Tag und Nacht bei der Herde auf. Sie werden überwiegend und zum Teil ganzjährig mit der Schafherde im Freien gehalten. Das Aufsuchen einer Schutzhütte widerspricht ihrem Schutzinstinkt, in der Herde zu bleiben und die Umgebung ständig zu beobachten. Diesem Umstand trägt die Tierschutz-Hundeverordnung Rechnung und lässt für arbeitende Herdenschutzhunde im Einsatz eine Ausnahme von der ansonsten bei der Haltung von Hunden im Freien geforderten Schutzhütte zu. Der auch für arbeitende Herdenschutzhunde geforderte ausreichende Schutz vor widrigen Witterungseinflüssen (Kälte, Nässe, Sonneneinstrahlung), kann z. B. durch eine geeignete Vegetation, Weidezelte oder Strohballen mit Plane gewährleistet werden.
Ein wichtiger Aspekt bei Herdenschutzhunden ist die Sozialisierung, also die Aufzucht der Hunde. Sie müssen gut an Menschen, andere Hunde, beispielsweise Hütehunde, und speziell an die Tierart gewöhnt werden, die sie bewachen sollen. Auch die Herdentiere müssen teilweise erst behutsam an Hunde gewöhnt werden. Die erstmalige Eingewöhnung von Herdenschutzhunden sollte fachkundig betreut werden, da sich Fehler in dieser Zeit gravierend auswirken können.
Schlussfolgerungen
Der Einsatz von Herdenschutzhunden für die Bewachung von Herden und zum Schutz beispielsweise vor Wölfen ist effektiv, erfordert aber Fachwissen und Erfahrung. Deshalb sollten sowohl die Zucht als auch die Aufzucht kontrolliert werden. Hundehalter müssen über ausreichend Sachkunde für den Umgang mit Herdenschutzhunden verfügen, um eine tierschutzgerechte Haltung dieser Hunde zu ermöglichen. Eine weitere Aufgabe besteht darin, die Öffentlichkeit, die beispielsweise beim Spazierengehen oder Wandern in Kontakt mit Herdenschutzhunden kommen kann, über das Wesen dieser Hunde zu informieren.