Hypervirulente Klebsiellen

Signet Jahresbericht 2021/22

Abstract

Hypervirulente Klebsiella pneumoniae (hvKp) können auch bei gesunden und jüngeren Menschen zu gefährlichen Infektionen wie Leberabszessen, Pneumonien, Meningitis und metastatischen Infektionsherden führen. Das LGL beteiligt sich an einer effektiven Surveillance von potenziellen hypervirulenten K. pneumoniae-Stämmen, um eine Ausbreitung und mögliche Ausbrüche zu erkennen. Ziel ist es, die Gefahren für die öffentliche Gesundheit zu minimieren.

Hintergrund

Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hat in einer Risikobewertung auf die erhöhte Gesundheitsgefährdung durch hypervirulente Carbapenem-resistente Klebsiella pneumoniae hingewiesen
„Klassische“ Klebsiella pneumoniae sind ursächlich für Infektionen bei vulnerablen Personengruppen oder in Krankenhäusern. Hypervirulente K. pneumoniae hingegen können auch bei gesunden Menschen ohne Vorerkrankungen und auch bei jüngeren Menschen zu gefährlichen Infektionen wie Leberabszessen, ambulant erworbenen Pneumonien und ambulant erworbener Meningitis führen. Im Vergleich zu „klassischen“ können hypervirulente Klebsiellen außerdem an mehreren Stellen im Organismus gleichzeitig Infektionsherde bilden, sich also „metastatisch“ verhalten. Auch scheint die Mortalität höher zu sein als bei einer Infektion mit „klassischen“ K. pneumoniae. Treffen Antibiotikaresistenz und Virulenz bei hvKp-Stämmen zusammen, besteht das Risiko nicht-behandelbarer Infektionen bei zuvor gesunden Menschen. In der EU wurden bislang wenige hvKp festgestellt. Da in der Routinediagnostik selten auf Virulenz-Gene getestet wird, muss man allerdings von einer Untererfassung ausgehen. Auf Empfehlungen der ECDC, die Laboruntersuchungen zu intensivieren, beteiligt sich das LGL seit dem Jahr 2021 daran, K. pneumoniae-Isolate prospektiv mittels Ganzgenomsequenzierung zu untersuchen, gefährliche Erreger-Stämme zu identifizieren und gleichzeitig bei den behandelnden Ärzten das Bewusstsein für diese gefährlichen hvKp zu erhöhen.

Ergebnisse der Analyse verschiedener Isolate auf Virulenz

Im Zuge der Analyse mittels Ganzgenomsequenzierung können sowohl die genetischen Unterschiede zwischen verschiedenen Isolaten als auch die Anwesenheit von virulenzassoziierten Genen identifiziert werden. Je nach Anwesenheit bzw. der Kombination aus bestimmten Virulenzgenen ergibt sich ein Virulenzscore, der von 0 (nicht hypervirulent) bis 5 (hypervirulent) reicht. Diese Informationen werden verwendet, um die Verbreitung von hypervirulenten K. pneumoniae zu verfolgen und deren Entwicklung und Ausbreitung zu verstehen. Des Weiteren werden die phylogenetischen Beziehungen zwischen verschiedenen Isolaten untersucht und die Verbreitung von bestimmten Linien oder Clustern hypervirulenter K. pneumoniae beobachtet.

Am LGL wurden im Jahr 2022 insgesamt 95 Isolate aus bayerischen Krankenhäusern mit Verdacht auf vorhandene Hypervirulenzeigenschaften analysiert, von denen sich 4 Isolate als hypervirulent mit dem höchsten Virulenzscore zeigten. 35 Isolate wiesen eine sehr hohe Anzahl an Virulenzfaktoren auf und besaßen den Virulenzscore 4. 31 Isolate zeigten eine erhöhte Anzahl an Virulenzfaktoren (Score 1 bis 3). 25 Isolate zeigten dagegen keine bedeutsamen Virulenzfaktoren.

Hypervirulente und antibiotika-resistente K. pneumoniae-Stämme könnten in den kommenden Jahren ein wachsendes Problem darstellen. Es ist zu erwarten, dass sowohl Forschung als auch Überwachung auf diesem Gebiet intensiviert werden müssen, um zuverlässigere Informationen über Ausbreitung und Folgen einer Infektion mit hypervirulenten K. pneumoniae-Stämmen zu gewinnen.

Fazit

Das LGL beteiligt sich auch weiterhin an der Überwachung hypervirulenter K. pneumoniae in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch-Institut und den Nationalen Referenzzentren. Eine effektive Überwachung hypervirulenter K. pneumoniae-Stämme ist essentiell, um eine Ausbreitung zu erkennen und die Gefahr für die öffentliche Gesundheit einschätzen und reduzieren zu können.