Läuse-Rückfallfieber
In Europa sind erstmals Fälle von Läuserückfallfieber bei Asylbewerbern aus Afrika aufgetreten. Derartige Fälle wurden außer aus den Niederlanden, Finnland und der Schweiz auch aus Deutschland und insbesondere aus Bayern berichtet. Bisher sind nur wenige Fälle zu verzeichnen, es gab jedoch einen Todesfall.
Erreger des Läuserückfallfiebers (Epidemisches Rückfallfieber) ist das stark bewegliche Bakterium (Spirochäte) Borrelia recurrentis. Läuserückfallfieber wird durch mit B. recurrentis infizierte Kleiderläuse (Pediculus humanus humanus) übertragen, die den Erreger über Kontakt zu Kleidung und Bettwäsche weitergeben. Fälle treten in der Regel unter schlechten hygienischen Bedingungen auf, wie sie u. a. in Massenquartieren und Flüchtlingslagern in Krisengebieten gegeben sind. Eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung ohne den Vektor Kleiderlaus erfolgt nicht, eine Gefahr für die Allgemeinbevölkerung besteht deshalb nach derzeitigem Kenntnisstand nicht. Auch eine Übertragung über Kopfläuse (Pediculus humanus capitis) ist nicht bekannt.
Läuserückfallfieber ist durch wiederkehrende Fieberepisoden geprägt, schwere Verläufe und Todesfälle sind möglich, insbesondere wenn keine rechtzeitige antibiotische Behandlung erfolgt. Zu Beginn einer antibiotischen Behandlung kann in bis zu 70 % der Fälle eine schwere fieberhafte Allgemeinreaktion (Jarisch-Herxheimer-Reaktion) auftreten, eine Erkrankung sollte daher stationär therapiert werden.
Es existieren geografisch begrenzte Endemiegebiete in Afrika, Asien und Südamerika. Der Schwerpunkt liegt in Nordostafrika (Horn von Afrika: Äthiopien, Eritrea, Somalia). Ende Juli 2015 wurde erstmals bei einem Asylsuchenden aus der Region am Horn von Afrika Läuserückfallfieber kurz nach Einreise nach Bayern diagnostiziert. Nach bisherigem Erkenntnisstand handelte sich bei den bislang in Bayern bekannten Fällen um Infektionen, die auf der Fluchtroute bzw. im Herkunftsland erworben wurden (importierte Fälle). Anlässlich der ersten Fälle erfolgte durch das LGL eine Information der Ärzteschaft und der Gesundheitsämter über die Differentialdiagnose Läuserückfallfieber. Neu aufgetretene Fälle werden durch Gesundheitsämter und LGL epidemiologisch und labordiagnostisch untersucht. Eine Laborbestätigung wird für ganz Deutschland am Nationalen Referenzzentrum für Borrelien am LGL angeboten und durchgeführt.
Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung sind die Ermittlung von Kontaktpersonen in Ankunftszentren und Aufnahmeeinrichtungen, die Suche nach neuen Fällen im Umkreis eines bekannten Falles sowie die Durchführung von Hygienemaßnahmen, insbesondere das Waschen von Wäsche und Bettwäsche bei über 60 °C.
Eine Gefahr für die Allgemeinbevölkerung besteht wegen der ausschließlichen Übertragung durch Kontakt zu infizierten Kleiderläusen, deren Verbreitung unter schlechten hygienischen Bedingungen über Kleider und Bettwäsche geschieht, nach bisherigem Kenntnisstand nicht. Auch bei Alltagskontakten zu Flüchtlingen ist keine Ansteckung zu befürchten. Eine Übertragung über Kopfläuse ist ebenfalls nicht bekannt.
Mit weiteren importierten Fällen muss im Rahmen des aktuellen Migrationsgeschehens gerechnet werden. Bei der Versorgung von Flüchtlingen mit Fieber sollte die in diesem Bereich arbeitende Ärzteschaft die Differentialdiagnose eines Läuserückfallfiebers mit in Betracht ziehen. Erste diagnostische Hinweise ergeben sich aus sichtbaren Spirochäten im Blutausstrich, z. B. bei der mikroskopischen Malariadiagnostik.
Hinweis zur Diagnostik
Bei Verdacht auf eine Infektion mit Borrelia recurrentis (z. B. durch mikroskopischen Nachweis von Spirochäten im Blutausstrich/dicken Tropfen) soll die Diagnose am Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Borrelien am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) bestätigt werden. Geeignetes Probenmaterial ist EDTA-Blut, das vor Beginn einer eventuellen Antibiotikatherapie entnommen wurde.
Ansprechpartner ist Dr. Volker Fingerle, Tel: 09131 - 6808 – 5870