Tuberkulose-Situation in Bayern 2017
Tuberkulose-Fälle in Bayern
Im Jahr 2017 wurden nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) insgesamt 856 Tuberkulosefälle an das LGL übermittelt (Datenquelle SurvNet@RKI, Datenstand 01.03.2018).
Die Meldezahlen waren seit dem Jahr 2002 mit über 1100 Neuerkrankungen bis zum Jahr 2007 fast kontinuierlich zurückgegangen. In den Jahren 2007 bis 2014 bewegte sich die jährliche Fallzahl mit geringen Schwankungen auf einem Plateau zwischen ca. 600-700. Für das Jahr 2015 war mit 1038 Fällen gegenüber 682 Fällen im Vorjahr erstmals wieder eine deutliche Zunahme der Meldungen zu beobachten. Während im Jahr 2016 mit 1033 Fällen noch eine ähnlich hohe Anzahl zu verzeichnen war ergab sich für das Jahr 2017 ein Rückgang auf 856 Fälle (Abb.1).
Insgesamt besonders betroffen ist die Gruppe der Asylsuchenden und Migranten, die je nach der Situation in ihren Heimatländern und den Umständen der Migration stärker gefährdet ist, an einer Tuberkulose zu erkranken, als die einheimische Bevölkerung.
Die nach § 36 Infektionsschutzgesetz und § 62 Asylgesetz gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen von Asylsuchenden zum Ausschluss einer Tuberkulose führten in Bayern im Jahr 2015 in 320 Fällen, 2016 in 213 Fällen und im Jahr 2017 in 105 Fällen zur Diagnose einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose. Dies belegt die enorme Wichtigkeit dieser gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen durch den ÖGD. Nur durch diese Maßnahmen können Tuberkulosen frühzeitig erkannt, die Erkrankten behandelt und eine Ausbreitung durch Ansteckung verhindert werden.
Geschlechterverteilung
Über den gesamten Zeitraum von 2001 bis 2017 zeigten sich bei Männern in unterschiedlichem Ausmaß deutlich höhere Fallzahlen als bei Frauen mit jährlichen Schwankungen von einer 1,2 fachen im Jahr 2007 bis zu 3 facher fachen Häufigkeit im Jahr 2015. Für das Jahr 2015 wiesen Männer mit 775 Neuerkrankungen im Vergleich zu den Vorjahren 2001 bis 2014 die bisher höchste Fallzahl auf, gefolgt vom Jahr 2016 mit 725 Meldungen. Im Jahr 2017 lagen sie mit 597 Fällen knapp unter dem Niveau von 2003 mit 610 Fällen. 2017 erkrankten ca. 2,2 mal so viel Männer an einer Tuberkulose wie Frauen.
Bei Frauen bewegte sich die Fallzahl (255) 2017 wie in den Vorjahren weiter innerhalb der Schwankungsbreite der Jahre 2007-2016 ( Median 260). (Abb. 2)
Altersverteilung
Die Erkrankungsfälle zeigten hinsichtlich der Altersgruppen unterschiedliche Häufungen. Kinder unter 15 Jahren waren wie in den Vorjahren sehr selten betroffen. 2017 erkrankten 15 Kinder unter 15 Jahren an einer Tuberkulose, im Jahr 2016 waren es 26 Kinder.
Bis auf die Gruppe der 60-69-Jährigen, bei denen sich ein sehr geringer Anstieg zeigte (2016: 61 Fälle, 2017: 66 Fälle) und der Gruppe der 20-24-Jährigen, bei der für beide Jahre die gleiche Anzahl von Fällen (169 Fälle) übermittelt wurde, war 2017 ein unterschiedlich ausgeprägter Rückgang der Fälle gegenüber dem Vorjahr festzustellen mit der größten Differenz bei den Heranwachsenden im Alter von 15-19 Jahren und den 30-39-Jährigen (jeweils 48 Fälle weniger).
Hohe Fallzahlen fanden sich in der Altersspanne von 15 bis 39 Jahren, angeführt von der Altersgruppe der jungen Erwachsenen von 20-24 Jahren (169 Fälle, 2016: 169), gefolgt von den 30-39- Jährigen (116 Fälle, 2016: 164), den 25-29-Jährigen (112 Fälle, 2016:27) sowie den Heranwachsenden im Alter von 15-19 Jahren (103 Fälle, 2016: 151)
Bei Menschen im höheren Lebensalter ab 70 Jahren zeigt sich 2017 wie im Vorjahr ein zusätzlicher Gipfel mit 108 Erkrankungen (2016: 136 ). (Abb.3)
Geburtsland
Die Analyse der Fälle in Abhängigkeit vom Geburtsland der Erkrankten (Angaben hierzu bei n= 817, ohne Angabe n=39) ergaben für das Jahr 2017 wie schon in den Vorjahren deutliche Unterschiede im Erkrankungsrisiko:
Erfasst wurden 192 Fälle bei in Deutschland gebürtigen Personen gegenüber 625 Fällen mit ausländischem Geburtsland.
Es zeigt sich ein großer Fallzahlunterschied in der Altersspanne von 15-39 Jahren mit deutlichem Überwiegen des Anteils an Fällen bei Menschen mit ausländischer Herkunft, am stärksten ausgeprägt bei der Altersgruppe der 20-24-Jährigen mit 150 Fällen bei jungen Erwachsenen mit ausländischer Herkunft im Vergleich zu 9 Fällen bei in Deutschland Geborenen, gefolgt von der Altersgruppe 30-39 Jahre mit 104 ausländischen gegenüber 6 deutschen Fällen, den Heranwachsenden im Alter von 15-19 Jahren mit 97 gegenüber 4 Fällen und den 25-29-Jährigen mit 96 versus 11 Fällen. Ab einem Alter von 60 Jahren überwogen deutsche Patienten - 38 versus 24 Fälle - und ab 70 Jahren fanden sich bei in Deutschland Geborenen mit 64 gegenüber 35 ausländischen fast doppelt so viele Fälle. Die Gruppe der über 70-Jährigen stellte damit die Gruppe mit der höchsten TB-Fallzahl von in Deutschland gebürtigen Personen dar. (Abb.4)
Abb.4: Nach Geburtsland getrennte Darstellung der Tuberkulose-Fälle in Bayern 2017 in den jeweiligen Altersgruppen (Angaben zum Geburtsland n=817, ausländisch/deutsch: n=625/ 192, ohne Angabe n=39)
Todesfälle
Nach den IfSG-Meldedaten war im Jahr 2017 bei 10 Fällen Tuberkulose die Todesursache (2016: 17 Fälle) davon 8 mit Geburtsland Deutschland (2016: 12 deutsche Fälle).
Dies entspricht einer Letalität von 1,2% (2016: 1,6%). Betroffen waren dabei 2017 fast ausschließlich ältere Personen ab 70 Jahren (2016 ab 60 Jahren). Der Altersmedian lag bei 76 Jahre (2016: 77 Jahre).
Resistenz-Situation
Ergebnisse von Resistenzprüfungen lagen für das Meldejahr 2017 in 600 Fällen vor (2016: 690). Eine Multiresistenz (gleichzeitige Resistenz gegenüber den beiden wichtigsten Tuberkulostatika Isoniazid und Rifampicin) wurde bei 17 Erkrankungen (2016: 17) nachgewiesen. Darunter wurde für 2017 ein Fall von XDR-Tuberkulose (= extensively drug resistant tuberculosis: Tuberkulose, bei der sich nicht nur Resistenzen gegen Erstlinien-, sondern auch gegen Reserve-Antituberkulostatika finden) übermittelt (2016: 0 Fälle). Da in den Hauptherkunftsländern von Asylsuchenden (Syrien, Afghanistan) multiresistente Tuberkulosen nur eine untergeordnete Rolle spielen, ist eine migrationsbedingte Zunahme an multiresistenten Tuberkulosen aktuell nicht zu erwarten.