Adjuvante Chemotherapie bei Brustkrebspatientinnen mit axillärer Mikrometastasierung
Hintergrund
Der Befall der Lymphknoten in der Achselhöhle („axillärer Lymphknotenstatus“) ist einer der wichtigsten prognostischen Faktoren bei Patientinnen mit Brustkrebs im Frühstadium. Der Einfluss kleinster Metastasen, sogenannter Lymphknoten-Mikrometastasen, auf das Überleben war bisher wenig untersucht. Außerdem fehlte es an einheitlichen Empfehlungen für den Einsatz einer unterstützenden („adjuvanten“) Chemotherapie im Anschluss an die Operation bei Vorliegen von Mikrometastasen. Vor diesem Hintergrund untersuchte das Bayerische Krebsregister in einer Kooperation des Regionalzentrums Regensburg mit Klinikerinnen und Klinikern den Einfluss von Mikrometastasen auf das klinische Langzeitergebnis von Brustkrebspatientinnen (Hetterich et al., 2021).
Patientinnen und Methoden der retrospektiven populationsbasierten Registerstudie
Es wurde eine retrospektive populationsbasierte Registerstudie mit 26.465 Patientinnen im Alter zwischen 24 und 97 Jahren mit primärem Brustkrebs durchgeführt, der zwischen 2003 und 2017 diagnostiziert und in den regionalen klinischen Krebsregistern Regensburg und Magdeburg dokumentiert wurde. Von diesen Patientinnen waren 8.856 mit Brustkrebs im Frühstadium für die Analyse geeignet. 8.316 (93,9 %) waren lymphknotenfrei (nodal-negativ pN0) und 540 (6,1 %) hatten Lymphknoten-Mikrometastasen (pN1mi). Der Effekt von Mikrometastasen und unterstützender Chemotherapie auf Gesamtüberleben und rezidivfreies Überleben wurde durch die Kaplan-Meier-Methode und mit univariablen und multivariablen Cox-Regressionsanalysen anhand der Hazard Ratios (HR) geschätzt. In der multivariablen Analyse erfolgte eine Adjustierung der Effekte für die prognostischen Kovariablen Alter bei Diagnose, Tumorgröße, Grading, histologischer Typ, Hormonrezeptorstatus, Tumormarker (HER2-Rezeptor-Status und Ki-67) und adjuvante Strahlentherapie.
Ergebnisse
Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug 7,2 Jahre mit einem 95%-Konfidenzintervall (KI) von 7,1–7,3 Jahren. Um die Wirkung axillärer Lymphknoten-Mikrometastasen auf Gesamtüberleben und rezidivfreies Überleben zu untersuchen, wurden die pN1mi-Patientinnen mit den pN0-Patientinnen verglichen. Es wurden nur Patientinnen verglichen, die keine adjuvante Chemotherapie erhielten. In der multivariablen Cox-Regressionsanalyse zeigten weder Gesamtüberleben (1,04, 95-%-KI 0,76–1,42, p = 0,803) noch rezidivfreies Überleben (1,15, 95-%-KI 0,88–1,50, p = 0,317) einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen.
Weiterhin wurde keine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens und des rezidivfreien Überlebens durch eine adjuvante Chemotherapie in der Gruppe der Patientinnen mit Lymphknoten-Mikrometastasen beobachtet: die aus multivariabler Analyse geschätzte Hazard Ratio für die behandelten Patientinnen betrug im Vergleich zu den Patientinnen ohne Chemotherapie für das Gesamtüberleben 1,51 (95-%-KI 0,80–2,85, p = 0,208) und für das rezidivfreie Überleben 1,12 (95-%-KI 0,63–1,97, p = 0,705).
Fazit
Patientinnen mit axillären Lymphknoten-Mikrometastasen zeigten in der Untersuchung ein vergleichbares Ergebnis wie nodal-negative Patientinnen bezüglich Gesamt- und rezidivfreiem Überleben. Außerdem wurde das Überleben durch eine unterstützende Chemotherapie nicht signifikant verbessert. Daher sollten axilläre Lymphknoten-Mikrometastasen bei der Behandlungsentscheidung nicht berücksichtigt werden.
Die vorliegende Untersuchung unterstreicht den Stellenwert und Nutzen von Daten der klinischen Krebsregister nicht nur für epidemiologische, sondern auch für klinische Fragestellungen. Gegenüber randomisierten klinischen Studien erlauben sie überdies populationsbezogene Forschung in der Alltags-Situation der onkologischen Versorgung.
Literaturverzeichnis
- Hetterich, M., Gerken, M., Ortmann, O., Inwald, E. C., Klinkhammer-Schalke, M., Eggemann, H., & Ignatov, A. (2021). Adjuvant chemotherapy for breast cancer patients with axillary lymph node micrometastases. Breast Cancer Research and Treatment, 187(3), 715-727 (https://link.springer.com/article/10.1007/s10549-021-06162-2.)