- Startseite >>
- Gesundheit >>
- Umweltbezogener Gesundheitsschutz >>
- Biologische Umweltfaktoren >>
- Bioaerosole
Legionellentypisierung: Wichtiger Baustein der Legionellenüberwachung
Ergebnisse 2018
Hintergrund
©peterschreiber.media - stock.adobe.com
Die Gattung Legionella umfasst derzeit über 60 Arten, wobei mindestens 80 verschiedene Serogruppen bekannt sind. Legionellen werden generell als potenziell humanpathogen eingestuft. Legionella pneumophila ist in Deutschland für einen Großteil der gemeldeten Legionellosen verantwortlich. Mindestens 15 Serogruppen sind bei L. pneumophila bekannt, wobei Serogruppe 1 (SG1) bei den gemeldeten Legionellosen die größte Bedeutung besitzt. Die Legionellose ist eine der umweltmedizinisch relevantesten Erkrankungen und ist in Deutschland meldepflichtig. Legionelloseerkrankungen können in zwei unterschiedlichen Verlaufsformen auftreten. Die leichtere Form ist das sogenannte Pontiac-Fieber, eine grippeähnliche Erkrankung mit Husten, Kopf- und Gliederschmerzen und erhöhter Temperatur. Die zweite Form, die Legionärskrankheit oder Legionellen-Pneumonie, ist dagegen eine schwere atypische Lungenentzündung mit schwerem Krankheitsverlauf, die in etwa 10 bis 15 % der Fälle trotz Antibiotikabehandlung tödlich verlaufen kann. Um durch Legionellen bedingte Erkrankungs- oder gar Todesfälle mit möglichen Umweltquellen in Verbindung zu bringen, ist die Gewinnung und vergleichende Typisierung von Patienten- und Umweltisolaten erforderlich.
Legionellentypisierung am LGL
Die routinemäßig seit Langem am LGL etablierte kulturelle Legionellendiagnostik gemäß Trinkwasserverordnung ist Ende 2017 um serologische und molekulare Verfahren zur Feintypisierung von Legionellen ergänzt worden.
Subtypisierung von Serogruppe-1-Stämmen
Während die bisherige Routinediagnostik von Isolaten mit der Unterscheidung von SG1 und Nicht-SG1-Stämmen (SG2 bis SG15) endete, kann nun bei der infektiologisch bedeutendsten Gruppe der SG1-Stämme eine weitere Subtypisierung erfolgen. Dies erfolgt mithilfe von Antikörpern, die im Konsiliarlabor für Legionellen in Dresden entwickelt wurden. Gemäß dem sogenannten Dresdener Panel ist so die Unterscheidung von SG1-Stammvarianten möglich.
Sequenz-basierte Typisierung
Bei übereistimmenden Stammvarianten erfolgt dann die Bestimmung eines Sequenztyps, um die Verwandtschaftsverhältnisse der Stämme weiter zu klären. Hierbei kommt die Sequenz-basierte Typisierung (SBT) zum Einsatz, bei der ausgewählte Sequenzbereiche im Legionellen-Genom bestimmt werden. Aus diesen Sequenzinformationen können die genetischen Verwandtschaftsbeziehungen von Isolaten ermittelt werden. Hierdurch lässt sich eine mögliche Zugehörigkeit von Stämmen zu einer Häufung bzw. mögliche Zusammenhänge zwischen Patienten- und Wasser-/Umweltisolaten klären. Im Zusammenhang mit Legionellosen konnte das LGL im Jahr 2018 vermeintliche Infektionsquellen ausschließen, aber auch mehrfach einen Zusammenhang zwischen Patientenerkrankung und dem Infektionsort herstellen. Eine Herausforderung stellt immer die Gewinnung von Patientenisolaten aus klinischen Materialien dar. Vielfach wachsen keine Legionellen auf den Agarplatten an. Mithilfe einer am LGL etablierten Real-Time-PCR kann in solchen Untersuchungsmaterialien jedoch kulturunabhängig das Vorhandensein und die
Menge an DNA von Legionella pneumophila-Stämmen nder Serogruppe 1 (SG1) bestimmt werden. Bei positiven PCR-Ergebnissen kann dann auch ein kulturunabhängiger (Teil-) Typisierungsansatz mittels SBT sinnvoll sein.
Neue Diagnostikmöglichkeiten und Ausbruchsmanagement
Die vier seit 2010 in Deutschland bekannt gewordenen Legionellen-Epidemien (2015/16 in Bremen, 2014 in Jülich, 2013 in Warstein und 2010 in Ulm) zeigen, wie wichtig es ist, eine adäquate Legionellen-Feindiagnostik sowie ein effizientes Ablaufschema im Falle eines Ausbruchs zu etablieren. Dies ist nötig, um relevante Infektionsquellen schnellstmöglich zu identifizieren und somit eine weitere Ausbreitung zu vermeiden. Eine wichtige Voraussetzung bei größeren Legionellose-Ausbrüchen ist eine möglichst schnelle Zuordnung zwischen erkrankter (erkrankten) Person(en) und der Ausbruchsquelle. Wie die Legionellen-Epidemien der vergangenen Jahre gezeigt haben, ist in solchen Fällen mit einer Vielzahl an Wasserproben zu rechnen. Solche Proben können alle Wasserarten umfassen (unter anderem Trinkwasser, Brauchwasser beispielsweise von Kühltürmen, Abwasser und Proben natürlicher Gewässer) und können mikrobiell stark belastet sein. Für Legionellen-Nachweise aus Proben mit hoher Begleitflora – wie es bei Umweltwasserproben der Fall sein kann – gibt es ein neues Regelwerk, welches zur Reduktion der Begleitflora sowohl eine Säure- als auch eine Hitzebehandlung vorsieht. Auch dieses Verfahren nach DIN EN ISO 11731:2018-03 ist im Jahr 2018 am LGLetabliert worden.
Molekularbiologische und antikörperbasierte Methoden
Trotz dieser verbesserten Kulturmethode kann es in solchen Proben noch immer zu falsch negativen Ergebnisse kommen. Legionellen, die in Amöben eingeschlossen sind oder sich in einem lebenden, aber unkultivierbaren Zustand befinden, können nur teilweise beziehungsweise gar nicht erfasst werden. Außerdem können Biozide oder andere Substanzen, die dem Prozesswasser zugefügt sind, ebenso hemmend im Kulturansatz sein. Um die Zahl der falsch negativen Ergebnisse zu minimieren, empfiehlt es sich, zusätzlich molekularbiologische und antikörperbasierte Methoden im Screeningverfahren einzusetzen. Dies hat den Vorteil, dass die Ergebnisse innerhalb weniger Stunden vorliegen können.
Forschungsprojekt zu Legionellen
Schnelle Ergebnisse zu erhalten war das Ziel eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekts, das das LGL zusammen mit Projektpartnern der TU München, der TU Dresden (Konsiliarlabor für Legionellen) sowie einer mittelständischen Firma durchführte. Hierbei wurden molekularbiologische (PCR, SBT) und antikörperbasierte (LegioTyper) Screeningmethoden etabliert und in Bioaerosolen und Wasserproben unterschiedlicher Herkunft (Trink- bis Abwasser) getestet. Zudem versuchten die Projektpartner, eine automatisierte, antikörperbasierte Screening-Plattform (LegioTyper) auf Basis eines Microarray-Chips aufzubauen, um einen Ausbruchsstamm über typische Antikörper-Reaktivitäten in einer Umweltprobe zu finden oder dessen Vorkommen auszuschließen.
Ausbruchsmanagement
Das LGL erstellte einen Maßnahmenkatalog für das Vorgehen bei einem Legionellenausbruch in Bayern, bei dem neu etablierte Sammel- und Analyseverfahren berücksichtigt wurden. Mithilfe eines Expertenteams aus ganz Deutschland wurde aus diesem Maßnahmenkatalog die neue VDI-Richtlinie „Maßnahmenkatalog bei Verdacht auf emissionsbedingte Legionellose-Ausbrüche“ erarbeitet. Dieser bundesweite Maßnahmenkatalog ist sowohl für das LGL und weitere Anwender wie Gesundheitsämter, Immissionsschutzbehörden und andere Behörden, die am Ausbruchsmanagement beteiligt sind, als auch für die allgemeine Öffentlichkeit von Interesse.