Malachitgrün- und PFAS-Monitoring bei wildlebenden Fischen der Moosach
Malachitgrün
Malachitgrün gehört zur Gruppe der Triphenylmethanfarbstoffe und kann legal zur Bekämpfung von Infektionen mit Bakterien und Pilzen oder Parasitenbefall bei Zierfischen eingesetzt werden. Nach der Behandlung mit Malachitgrün wird der Farbstoff im Tier rasch zur farblosen Leukoform verstoffwechselt. Leukomalachitgrün wird von den Tieren nur sehr langsam abgebaut und ist in der Fischmuskulatur noch Monate nach einer Behandlung nachweisbar. Für den Einsatz bei Fischen, die zur Lebensmittelerzeugung gehalten werden, ist das Tierarzneimittel seit dem Jahr 2004 EU-weit nicht mehr zugelassen, da sowohl Malachitgrün als auch sein Stoffwechselprodukt Leukomalachitgrün im Verdacht stehen, kanzerogene und genotoxische Wirkungen zu entfalten. Fische mit Rückständen über einer festgelegten Grenze von 2 µg/kg dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden. Eine Überschreitung des Grenzwerts von 2 µg/kg für die Summe von Malachit- und Leukomalachitgrün bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die betreffenden Lebensmittel als gesundheitsschädlich zu bewerten sind.
Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS)
Unter dem Begriff per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) wird eine Untergruppe der organischen Fluorverbindungen verstanden, bei denen alle oder weitgehend alle Wasserstoffatome am Kohlenstoffgerüst durch Fluoratome ersetzt sind. Eine ältere Bezeichnung für diese Substanzklasse lautet perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC). PFAS weisen eine sehr hohe thermische und chemische Stabilität sowie eine hohe Beständigkeit gegen UV-Strahlung auf. Sie sind biologisch nur schwer abbaubar. PFAS, die aus mehr als sechs Kohlenstoffatomen aufgebaut sind, reichern sich in der Nahrungskette an und werden aus dem menschlichen Körper nur sehr langsam wieder ausgeschieden. Generell handelt es sich bei PFAS um Kontaminanten, die im Lebensmittel unerwünscht sind. Auf Grund ihrer Beständigkeit findet man die in der Vergangenheit am häufigsten eingesetzten PFAS wie Perfluoroctansäure (PFOA) und Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) inzwischen weit verbreitet mit geringen Gehalten vor allem in tierischen Lebensmitteln. Für Gehalte an PFAS in Lebensmitteln sind bisher keine gesetzlich geregelten Höchstgehalte festgelegt worden. Deshalb prüfte das LGL im Rahmen einer toxikologischen Bewertung, ob beim einmaligen Verzehr auch in hohen Mengen auf Grund der Kontamination mit PFAS möglicherweise eine akute Gesundheitsgefährdung bestehen könnte bzw. ob bei dauerhaftem regelmäßigen Verzehr der Fische eine Aufnahme von PFAS zustande kommt, die als nicht mehr sicher zu betrachtet ist.
Hintergrund
Im September 2018 sperrte die zuständige Kreisverwaltungsbehörde insgesamt drei Fischzuchtbetriebe im Moosachgebiet aufgrund positiver Rückstandsnachweise von Malachit- und Leukomalachitgrün.
Zur Feststellung der Verbreitung von Malachit-/Leukomalachitgrün im Gewässerverlauf der Moosach wurde im Jahr 2019 ein Monitoring von dort wildlebenden Fischen und Sediment durchgeführt.
Aufgrund von Informationen des Wasserwirtschaftsamtes München zu auffälligen PFAS-Werten in der Moosach im Rahmen des Gewässermonitorings wurden die entnommenen Fische nachträglich auch stichprobenartig auf PFAS untersucht.
In Zusammenarbeit mit der Fischereifachberatung des Bezirkes Oberbayern und dem Wasserwirtschaftsamt München wurden im Jahr 2020 an den bereits im Vorjahr beprobten Stellen wildlebende Fische und Sediment entnommen und auf Malachitgrün bzw. im Fall der Fische auch auf PFAS untersucht. Durch den Vergleich mit den Werten aus dem Jahr 2019 ist damit eine Abschätzung des zeitlichen Einflusses auf die Gehalte der untersuchten Stoffe möglich.
Zusätzlich zu den im Jahr 2019 entnommenen 247 Fischen wurden im Jahr 2020 weitere 113 Fische aus der Moosach entnommen und auf Malachit- und Leukomalachitgrün sowie PFAS untersucht. Die drei Entnahmestellen im Stadtgebiet Freising wurden dabei aufgrund der Erkenntnisse des Jahres 2019 zur Rückstandssituation von Malachit-/Leukomalachitgrün sowie der Verfügbarkeit von Fischen auf den Mühlangergraben konzentriert. Der direkte Vergleich zwischen den Jahren für die PFAS-Gehalte in den Fischen aus dem Mühlangergraben ist nicht möglich, weil im Jahr 2019 von dort keine Fische auf PFAS untersucht worden waren. Deshalb erfolgt nachfolgend der Vergleich zur nächstgelegenen Probenahmestelle Fürstendamm.
Ergebnis für Malachitgrün
In Tabelle 1 sind die den Entnahmebereichen der Moosach zugeordneten Messergebnisse von Malachitgrün/Leukomalachitgrün als Mittelwerte im Vergleich zum Vorjahr aufgeführt. Die Angaben in Klammen beziehen sich auf die ermittelten Minima und Maxima der jeweiligen Einzelergebnisse.
Tabelle 1 Übersicht der Malachitgrün-/Leukomalachitgrüngehalte in µg/kg
Malachitgrün | Leukomalachitgrün | ||||
Entnahmebereich | Probenart | Mittelwert 2019 | Mittelwert 2020 | Mittelwert 2019 | Mittelwert 2020 |
Mieskanal |
Forellen | < 2 (Neg - 4,8) |
Neg | 69 (Neg - 573) |
< 2 (< 2 - < 2) |
Wildfische | 2,3 (Neg - 4,8) |
< 2 (Neg - < 2) |
47 (Neg - 141) |
5,1 (Neg - 23) |
|
Sediment** | 163,1 | 27,2 | 33,5 | 6,4 | |
Pulling
|
Forellen | < 2 (Neg - < 2) |
Neg | 35 (Neg - 481) |
< 2 (< 2 - 8,2) |
Wildfische | < 2 (Neg - 3,0) |
< 2 (Neg - < 2) |
12 (Neg - 30,4) |
6,0 (Neg - 50) |
|
Sediment** | - | - | - | - | |
Mühlangergraben
|
Forellen | Neg | Neg | < 2 (Neg - < 2) |
< 2 (Neg - < 2) |
Wildfische | # | Neg | # | < 2 (Neg - < 2) |
|
Sediment** | 23,6 | 3,9 | 9,2 | > 0,5 und < 2 | |
Marzling | Forellen | Neg | Neg | Neg | < 2 (Neg - 2) |
Wildfische | Neg | Neg | < 2 (Neg - 2) |
< 2 (Neg - 2) |
|
Sediment** | 3,1 | > 0,5 und < 2 | 2 | n.b. | |
Hangenham | Forellen | < 2 (Neg - 4,4) |
Neg | 19 (Neg - 132) |
Neg |
Wildfische | Neg | Neg | < 2 (Neg - < 2) |
< 2 (Neg - < 2) |
|
Sediment** | 7,7 | 2,9 | > 0,5 und < 2 | > 0,5 und < 2 |
**von Drittanbieter ermittelte Untersuchungsergebnisse
#aufgrund des geringen Fischbestandes keine Probenahme möglich
< 2=Farbstoffnachweis unter 2 µg/kg
Neg = kein Farbstoffnachweis
Ursächlich für die Rückstände von Malachitgrün/Leukomalachitgrün im Gewässerverlauf der Moosach war der Eintrag von Malachitgrün im erweiterten Bereich des Mieskanals. Die Folge war eine großflächige Verbreitung des nicht zugelassenen Tierarzneimittels Malachitgrün in der Moosach. Auch 20 Monate nach dem Eintrag sind noch Rückstände in Fischen und Sediment nachweisbar.
Sowohl bei Betrachtung der Mittel- als auch der Maximalwerte von Malachitgrün/Leukomalachitgrün ist jedoch in der Regel eine Abnahme der Gehalte beider Triphenylmethanfarbstoffe im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Dies gilt auch für die Rückstände im Sediment.
Mit Bezug auf den aktuell gültigen Referenzwert für Maßnahmen von 2 µg/kg, kann bei Speisefischen im Entnahmebereich Pulling nicht von einer durchgängigen Verkehrsfähigkeit der vorhandenen Forellen ausgegangen werden, da einzelne Fische Gehalte darüber aufwiesen.
Aufgrund der zum Teil abweichenden Probenzahlen pro Entnahmebereich sind gerade im Bereich Hangenham und Pulling die entsprechende Werte nur bedingt vergleichbar. Während bei Hangenham im Jahr 2019 neun Forellen entnommen werden konnten, waren es beim aktuellen Monitoring nur drei Forellen.
Noch deutlicher ist der Unterschied des Probenumfangs für Pulling: hier wurden 2019 nur drei Wildfische entnommen, in der aktuellen Befischung lag die Probenzahl bei 21 Wildfischen.
Durch die Abnahme der Malachitgrün-/Leukomalachitgrüngehalte im Sediment der Moosach gilt hinsichtlich des Risikos durch Hautkontakt bzw. Verschlucken von Sediment oder Gewässer beim Baden bzw. Spielen die Aussage von 2019 weiterhin: Die Exposition liegt in Größenordnungen unterhalb einer Exposition durch den Verzehr von ggf. belastetem Fisch und ist deshalb – auch für Kinder – als unkritisch anzusehen.
Fische mit Summengehalten von Malachit- und Leukomalachitgrün über dem Referenzwert von 2 µg/kg sind dennoch lebensmittelrechtlich als nicht verkehrsfähig zu beurteilen.
Die dargestellten Untersuchungsergebnisse geben einen orientierenden Überblick über die Verteilung von Malachit-/Leukomalachitgrün in den betrachteten Gewässersystemen im Jahresvergleich. Eine statistisch gesicherte Aussage zur möglichen Verkehrsfähigkeit von Fischen aus den beprobten Gewässerabschnitten lässt sich aufgrund des eingeschränkten Probenumfangs nicht ableiten.
Ergebnis für per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS)
In den Fischen aus der Moosach wies das LGL fast ausschließlich die perfluorierte Alkylsubstanz Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) nach. Bei einigen wenigen Proben waren neben PFOS weitere perfluorierte Alkylsubstanzen nachweisbar. Die Gehalte waren jedoch immer wesentlich niedriger als der PFOS-Gehalt und deshalb auch nicht für die Beurteilung relevant. In Tabelle 2 sind die Messergebnisse für PFOS als Mittelwerte im Vergleich zum Vorjahr den Entnahmebereichen zugeordnet. In den beiden Spalten rechts werden die ermittelten Minimal- und Maximalgehalte der jeweiligen Einzelproben angegeben. Dabei ist zu beachten, dass im Vorjahr nur stichprobenartig ein kleiner Anteil der insgesamt entnommenen 247 Fische nachträglich auch auf PFAS untersucht wurden. Die jeweils untersuchte Probenzahl ist in der Tabelle unterhalb des Mittelwerts angegeben. Dementsprechend ist keine statistisch gesicherte Aussage zur Entwicklung der PFAS-Gehalte möglich.
Tabelle 2 Übersicht der PFAS-Gehalte in µg/kg
PFOS
|
PFOA
|
||||
Entnahmebereich | Probenart | Mittelwert/ Probenzahl 2019 |
Mittelwert/ Probenzahl 2020 |
Mittelwert/ Probenzahl 2019 |
Mittelwert/ Probenzahl 2020 |
Mieskanal | Forellen | # | 27,3 n = 19 |
# | 3,1 – 57,4 |
Wildfische | # | 44,5 n = 21 |
# | 13,2 - 145 | |
Pulling | Forellen | 26,6 n = 3 |
24,3 n = 15 |
5,8 – 40,2 | 0,6 – 67,7 |
Wildfische | # | 29,7 n = 21 |
# | 7,7 – 56,6 | |
Mühlangergraben | Forellen | # | 13,2 n = 7 |
# | 3,2 – 20,9 |
Wildfische | # | 48,4 n = 10 |
# | 17,1 - 122 | |
Fürstendamm | Forelle | 21,0 n = 3 |
# | 5,9 – 42,9 | # |
Wildfische | 39,3 n = 2 |
# | 38,8 – 39,8 | # | |
Marzling | Forellen | # | 15,2 n = 3 |
# | 3,7 – 33,0 |
Wildfische | # | 19,4 n = 7 |
# | 5,0 – 38,6 | |
Hangenham | Forellen | 9,1 n = 3 |
27,0 n = 3 |
3,5 – 14,9 | 3,4 – 48,4 |
Wildfische | 15,4 n = 2 |
14,4 n = 7 |
9,4 – 21,3 | 5,3 – 33,7 |
# keine Probenahme im Jahr 2020 durchgeführt bzw. im Jahr 2019 keine Probe analysiert
Die Mittelwerte der Gehalte an den verschiedenen Probenahmestellen liegen jedoch alle in derselben Größenordnung im zweistelligen Mikrogramm pro Kilogramm-Bereich. Eine Korrelation zwischen Fischgewicht und festgestelltem Gehalt ist nicht erkennbar. Auch eine für die Bewertung relevante, niedrigere Belastung bei Forellen im Vergleich zu anderen Fischarten ist nicht gegeben. Barben und Aale weisen dagegen eine besonders hohe Belastung auf.
Eine hilfsweise Bewertung der festgestellten PFAS-Gehalte mit für Lebensmittel zulässigen Höchstgehalten ist nicht möglich, da solche bislang nicht festgelegt sind. Deshalb prüfte das LGL, ob beim einmaligen Verzehr von Fisch aus der Moosach auch in hohen Mengen auf Grund der Kontamination mit PFAS möglicherweise eine Gesundheitsgefährdung bestehen könnte. Dies war nicht der Fall.
Zusätzlich wurde geprüft, ob bei dauerhaftem regelmäßigen Verzehr der Fische in üblichen Mengen für Durchschnitts- oder Vielverzehrer eine Aufnahme von PFAS zustande kommt, die nach der vorläufigen Bewertung von PFOA und PFOS im Dezember 2018 durch die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als nicht mehr sicher zu betrachten ist. Bei 84 % der Proben wird die von der EFSA 2018 als sicher bewertete Aufnahmemenge an PFOS bei dauerhaften und regelmäßigen Verzehr der Fische überschritten.
Deshalb rät das LGLnach wie vor von einem regelmäßigen und dauerhaften Verzehr von Fischen aus den von der Probenahme erfassten Bereichen der Moosach aus Vorsorgegründen ab. Fische aus den entsprechenden Bereichen der Moosach sind als Lebensmittel nicht verkehrsfähig.
Mit einem Rückgang der Kontamination in den Fischen ist erst zu rechnen, wenn die PFAS-Gehalte in der Moosach dauerhaft sinken. Dazu führt das zuständige Wasserwirtschaftsamt München Ermittlungen zur Aufklärung der Ursache für die Kontamination des Oberflächengewässers durch. Bislang lässt sich lediglich der Ursprung der PFAS-Kontamination örtlich eingrenzen. Die genaue Ursache für die Kontamination ist dagegen nach wie vor nicht geklärt.