Pyrrolizidinalkaloide

Vorkommen und Toxizität

Pyrrolizidinalkaloide (PA) sind eine große Gruppe von natürlichen Inhaltsstoffen, die von bestimmten Pflanzenarten gebildet werden. PA-bildende Pflanzen sind insbesondere in den Pflanzenfamilien der Korbblütler (Asteraceae), der Raublattgewächse (Boraginaceae), der Hülsenfrüchtler (Fabaceae oder Leguminosae), der Hundsgiftgewächse (Apocynaceae), der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) und der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae) zu finden. [1]

Zu den wichtigsten Vertretern der PA-haltigen Pflanzen zählen das Jakobskreuzkraut (Senecio jacobaea), das Gewöhnliche Greis- oder Kreuzkraut (Senecio vulgaris), Natternkopf (Echium vulgare), Sonnenwenden (Heliotropium-Arten) und Borretsch (Borago officinalis).

Viele PA gelten als toxisch für Mensch und Tier. Da PA ohne toxische Wirkung keine Bedeutung in der Lebensmittelüberwachung zukommt, soll sich im Weiteren der Begriff PA ausschließlich auf die toxikologisch relevanten Vertreter der Stoffgruppe beziehen. Als Beispiel ist in Abbildung 1 die chemische Strukturformel für das Retrorsin abgebildet.

Strukturformel Pyrrolizidinalkaloide

Abbildung 1: Chemische Strukturformel des Pyrrolizidinalkaloids Retrorsin mit Markierungen für die toxikologisch relevanten Strukturen

Der Grad der Toxizität hängt von der Struktur der einzelnen Alkaloide ab. Chemische Voraussetzung für die Gesundheitsschädlichkeit ist eine Doppelbindung in 1,2-Position. Darüber hinaus erhöht sie sich mit dem Grad der Veresterung und der Verzweigung. Das Hauptzielorgan für die gesundheitsschädlichen Wirkungen ist die Leber. In hohen Dosen können akute Leberschäden auftreten oder es kann zu chronischen Lebererkrankungen kommen. Für die Bewertung der gesundheitlichen Risiken in Lebensmitteln steht die genotoxisch-kanzerogene Wirkung der PA im Vordergrund. [1]

In Lebensmittel können PA auf verschiedenen Wegen gelangen. Teile PA-bildender Pflanzen können etwa als Fremdkräuter mitgeerntet werden und gelangen dadurch in das Erntegut. Es handelt sich somit um eine unbeabsichtigte Kontamination. Auf diese Weise können PA in Tee und teeähnliche Erzeugnisse, in Gewürze, Kräuter und Salate gelangen.

Auch Honig und Pollenprodukte können von einer Kontamination betroffen sein, wenn Bienen PA-bildende Pflanzen anfliegen und deren Pollen sammeln.

In bestimmten Fällen werden PA-bildende Pflanzen auch direkt als Lebensmittel verzehrt, wie etwa das Gewürzkraut Borretsch oder bestimmte auf Basis PA-haltiger Pflanzen hergestellte Nahrungsergänzungsmittel.

Einem Übergang von PA über Futtermittel in Lebensmittel tierischen Ursprungs kommt nach aktuellen Kenntnissen nur wenig Bedeutung zu. Allerdings können auch bei Nutztieren Vergiftungserscheinungen bei Verzehr PA-haltiger Pflanzen auftreten, ob auf der Weide oder durch kontaminiertes Futter. [2]

Rechtliches

Die Verordnung (EU) 2023/915 legt für bestimmte Lebensmittel EU-weit gültige Höchstgehalte für die Summe der wichtigsten PA fest. Werden diese Höchstgehalte durch ein Produkt überschritten, so darf das Produkt nicht als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden oder als Rohstoff oder Zutat in Lebensmitteln verwendet werden. Die Höchstgehalte wurden mit Gültigkeit zum 1. Juli 2022 erlassen und umfassen folgende Lebensmittelgruppen: Borretschblätter (frisch oder tiefgekühlt), getrocknete Kräuter, Tee, Kräutertee und für Kräutertee verwendete Zutaten, Kreuzkümmel, Nahrungsergänzungsmittel mit pflanzlichen Zubereitungen, Pollen, Pollenprodukte und Nahrungsergänzungsmittel auf Pollenbasis.

Lebensmittelgruppen, für die es keinen entsprechenden Höchstgehalt gibt, werden auf Basis einer toxikologischen Einzelfallbewertung möglicher gesundheitlicher Wirkungen und gemäß des allgemeinen Kontaminantenrechts beurteilt.

Eine Kontamination mit PA findet in der Regel bereits bei der Ernte statt und kann insbesondere nach der Zerkleinerung kaum mehr verringert werden. Eine nachhaltige Verringerung von PA-Gehalten in einem Produkt kann daher häufig nur durch verbesserte Anbaumaßnahmen erfolgen, wie möglichst reines Saatgut, Feldhygiene und Unkrautkontrolle, insbesondere vor der maschinellen Ernte. Bei auffälligen Befunden sind die verantwortlichen Lebensmittelunternehmer deshalb angehalten, ihre Prozesse dahingehend zu optimieren.

Aktuelle Lage

Um Verbraucherinnen und Verbraucher vor den Gefahren durch PA zu schützen, untersucht das LGL regelmäßig Stichproben verschiedener Lebensmittel auf ihren Gehalt an Pyrrolizidinalkaloiden.

Aktuell sind vor allem Gewürze und Kräuter stärker in den Fokus gerückt, während die Thematik früher besonders Salate, Honig oder Tee und Kräutertee betraf.

Am Beispiel der Tees und Kräutertees lässt sich erkennen, dass sich die Qualität hinsichtlich Verunreinigungen durch PA über die Jahre verbessert hat, wie Daten des bundesweiten Monitoringprogramms des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zeigen [3]. Die Untersuchungen am LGL bestätigen diesen Trend. Zurückzuführen ist dies vermutlich sowohl auf Erfolge im Anbau als auch auf die stärkere Überwachung und Kontrolle auf Seite der Lebensmittelunternehmer und auf amtlicher Seite.

Tipps für Zuhause

Grundsätzlich empfiehlt das LGL eine abwechslungsreiche und gesunde Ernährung. Produktgruppen, die PA enthalten können, müssen nicht generell gemieden werden. PA sind normalerweise nicht systematisch in bestimmten Produkten enthalten, sondern betreffen häufig nur einzelne Chargen. Wer regelmäßig viel von den oben genannten Produkten verzehrt, kann deshalb vorsorglich häufiger die Sorte oder den Hersteller wechseln, um zu vermeiden, dass er oder sie ein Produkt mit möglicherweise höheren PA-Gehalten regelmäßig über einen längeren Zeitraum verzehrt.

Bei losen Salaten oder frischen Kräutern ist eine Kontamination durch Fremdpflanzen in aller Regel leichter zu erkennen - im Gegensatz zu zerkleinerten oder weiterverarbeiteten Lebensmitteln. Deshalb gilt hier genau hinzusehen und untypisch aussehende Pflanzenteile vorsorglich auszusortieren.

Literaturverzeichnis

  • [1] Stellungnahme 026/2020 des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 17. Juni 2020: Aktualisierte Risikobewertung zu Gehalten an 1,2-ungesättigten Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Lebensmitteln
  • [2] Aktualisierte FAQ des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 16. Dezember 2022: Fragen und Antworten zu Pyrrolizidinalkaloiden in Lebensmitteln
  • [3] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL); BVL-Report 14.4 - Berichte zur Lebensmittelsicherheit 2018 - Monitoring

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