Tropanalkaloide in Tee und Gewürzen - Untersuchungsergebnisse 2019

Hintergrund

Tropanalkaloide sind eine Gruppe von natürlichen Pflanzeninhaltsstoffen. Sie kommen in verschiedenen botanischen Familien vor, hauptsächlich in der Familie der Nachtschattengewächse. Zur Stoffgruppe der Tropanalkaloide gehören über 200 verschiedene Substanzen, darunter sind Atropin und Scopolamin die am häufigsten untersuchten Vertreter. Atropin und Scopolamin sind aufgrund ihrer pharmakologischen Eigenschaften seit Langem auch medizinisch von Bedeutung. Allerdings können nach der Aufnahme dieser Substanzen auch Symptome wie Benommenheit, Kopfschmerzen sowie Übelkeit auftreten. In Lebensmittel gelangen Tropanalkaloide hauptsächlich durch Kontamination mit Teilen von Tropanalkaloidbildenden Pflanzen wie Samenkörnern, Blättern, Stielen und Stängeln von Stechapfel, Tollkirsche oder Bilsenkraut. Diese Pflanzenteile können beispielsweise bei der maschinellen Ernte von Teeblättern und Gewürzen versehentlich mitgeerntet werden. Ein nachträgliches Aussortieren aufgrund vergleichbarer Größe und Färbung ist dann kaum möglich, weil die Fremdbestandteile aufgrund der Zerkleinerung des Materials nicht mehr erkennbar sind.

Beurteilungsgrundlagen

Für Atropin und Scopolamin sind in der entsprechenden EUVerordnung Höchstgehalte bisher nur für Getreidebeikost und andere Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, die Hirse, Sorghum, Buchweizen oder daraus gewonnene Erzeugnisse enthalten, festgelegt. Allerdings sind auf europäischer Ebene derzeit weitere Höchstgehalte für die Produktgruppen Kräutertee, Mais, Hirse und Buchweizen in Planung.


Die rechtliche Beurteilung von Lebensmitteln, für die derzeit noch keine Höchstgehalte festgelegt sind, erfolgt auf Grundlage des allgemeinen Minimierungsgebots für Kontaminanten gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 315/93. Sind die Gehalte an Tropanalkaloiden jedoch so hoch, dass bei einem Verzehr des Lebensmittels unerwünschte gesundheitliche Wirkungen nicht mehr sicher ausgeschlossen werden können, wird das Lebensmittel als „nicht sicher“ beurteilt und vom Markt genommen.

Untersuchungsergebnisse

Zur Untersuchung forderte das LGL verschiedene Tees und Gewürze bei Lebensmittelherstellern, in Zentrallagern, Naturkostläden und Drogerien an. Insgesamt untersuchte das LGL 59 Proben. Im überwiegenden Teil der Proben (69 %) wies das LGL weder Atropin noch Scopolamin nach. In sieben Proben
(12 %) stellte das LGL Spurengehalte an Tropanalkaloiden fest, wobei die Mengen unterhalb der Bestimmungsgrenze lagen und deshalb nicht exakt angegeben werden können. Bei den restlichen elf Proben waren Tropanalkaloide quantitativ bestimmbar (19 %). Die von Kontaminationen mit Tropanalkaloiden betroffenen Lebensmittel waren Fencheltee, Kräutertee und Kreuzkümmel.

Fencheltee

Fencheltee war am häufigsten mit Tropanalkaloiden kontaminiert. Sieben von zwölf Proben enthielten quantitativ bestimmbare Tropanalkaloidgehalte. Dabei wiesen fünf dieser Proben Gehalte im Bereich des derzeit geplanten europäischen Höchstgehalts und darüber auf. Bei einer dieser fünf Proben konnte das LGL ein gesundheitliches Risiko für den Verbraucher nicht sicher ausschließen. Die dem LGL vorgelegte Probenmenge war jedoch zu gering, um von einer ausreichenden Repräsentativität für die gesamte Produktcharge ausgehen zu können. Der Hersteller konnte ein eigenes Untersuchungsergebnis für eine größere Menge der betroffenen Charge vorlegen, das unterhalb der Bestimmungsgrenze lag.

Diese Diskrepanz zwischen den Ergebnissen des LGL und der Eigenuntersuchung des Herstellers ist bei der Bestimmung von Tropanalkaloiden in Pflanzenmaterialien wie Fencheltee möglich, da die Tropanalkaloide im zu untersuchenden Lebensmittel naturgemäß nicht gleichmäßig verteilt sind. Von weiteren Maßnahmen wurde deshalb abgesehen. Bei den anderen vier Proben machte das LGL in einer Sachverständigenäußerung auf die erhöhten Tropanalkaloidgehalte aufmerksam und wies dabei auf die Verpflichtung des Herstellers zur künftigen Minimierung der Kontamination hin.

Kräutertee

Neben Fencheltee war auch Kräutertee häufiger mit Tropanalkaloiden kontaminiert; hier enthielten zwei der sechs Proben quantifizierbare Tropanalkaloidgehalte. Bei einer dieser Proben konnte das LGL ein gesundheitliches Risiko für den Verbraucher nicht sicher ausschließen. Das Produkt wurde daraufhin durch den Händler vom Markt genommen. Der Tropanalkaloidgehalt der anderen Probe lag unterhalb des derzeit geplanten europäischen Höchstgehalts. Das LGL beanstandete die Probe daher nicht.

Kreuzkümmel

Bei Kreuzkümmel waren zwei der fünf Proben mit Tropanalkaloiden kontaminiert. Die Gehalte lagen jedoch in einem niedrigen Bereich, weswegen das LGL die Proben als unauffällig beurteilte.

Tropanalkaloid (TA)-Gehalte in den untersuchten Lebensmittelgruppen
Produktkategorie Proben- zahl TA-
Gehalt
< NG
TA-
Gehalt NG ≤ x
< BG
TA-
Gehalt
> BG
Maximaler TA-Gehalt (µg/kg) Anzahl (Anteil) Proben ohne Bean- standung Anzahl (Anteil) Sachver- ständigen- äußerungen Anzahl (Anteil) Beanstan- dungen
Pfefferminztee 12 10 2 0 < BG 12 (100 %) 0 (0 %) 0 (0 %)
Fencheltee 12 1 4 7 73,1 7 (59 %) 4 (33 %) 1 (8 %)
Kräutertee 6 3 1 2 477 5 (83 %) 0 (0 %) 1 (17 %)
Schwarzer Tee 13 13 0 0 < NG 13 (100 %) 0 (0 %) 0 (0 %)
Matetee 1 1 0 0 < NG 1 (100 %) 0 (0 %) 0 (0 %)
Kümmel 9 9 0 0 < NG 9 (100 %) 0 (0 %) 0 (0 %)
Kreuzkümmel 5 3 0 2 6,5 5 (100 %) 0 (0 %) 0 (0 %)
Schwarzkümmel 1 1 0 0 < NG 1 (100 %) 0 (0 %) 0 (0 %)
Gesamt 59 41 7 11 s. o. 53 (90 %) 4 (7 %) 2 (3 %)

Nachweisgrenze (NG) für Atropin und Scopolamin: jeweils 0,6 µg/kg; Bestimmungsgrenze (BG) für Atropin und Scopolamin: jeweils 2,0 µg/kg

Fazit

Die Ergebnisse zeigen, dass eine Kontamination von Lebensmitteln mit Tropanalkaloiden stark vom jeweiligen Produkt abhängt. Insbesondere Fencheltee war mit einer hohen Kontaminationsquote auffällig. Bei Fencheltee wird – im Gegensatz zu beispielsweise Pfefferminzoder schwarzem Tee – der Teeaufguss aus den Samen der Pflanze und nicht aus den Blättern zubereitet. Den Ergebnissen nach zu urteilen, gelangen Tropanalkaloidhaltige Samen offenbar leicht in Fenchelsamen und werden dann – eventuell wegen großer Ähnlichkeit – nicht mehr abgetrennt.

Die kontaminierten Kräuterteeproben enthielten insgesamt 49 verschiedene Kräuter. Eine mögliche Ursache für die Kontamination war daher nicht auszumachen. In reinen Blatttees wie Pfefferminzoder schwarzem Tee hingegen wies das LGL nur in seltenen Fällen Tropanalkaloide nach. Auch die Kümmel, Kreuzkümmelsowie die Schwarzkümmelproben waren nur in geringem Maße mit Tropanalkaloiden kontaminiert. Allerdings ist die Datenlage teilweise zu gering, um konkrete Schlussfolgerungen ziehen zu können. Das LGL wird die Untersuchungen von Tee und Gewürzen auf Tropanalkaloide daher auch in den kommenden Jahren fortsetzen.

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