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Tropanalkaloide
Tropanalkaloide sind eine Gruppe von natürlichen Pflanzeninhaltsstoffen. Sie kommen in bestimmten Ackerunkräutern aus der Familie der Nachtschattengewächse wie dem Gemeinen Stechapfel (Datura stramonium L.), dem Schwarzen Bilsenkraut (Hyoscyamus niger L.) und der Tollkirsche (Atropa belladonna L.) vor. Wenn bei der Ernte Teile der genannten Pflanzen (einschließlich Samen) miterfasst werden, können Tropanalkaloide als Verunreinigung in Lebensmittel gelangen. Eine nachträgliche Reinigung des Erntegutes ist nicht in jedem Fall vollständig möglich. Beispielsweise lassen sich bei Buchweizen, Sorghum und anderen Hirsearten die Samen des Gemeinen Stechapfels durch Sortieren und Reinigen nur schwer entfernen.
Gemeiner Stechapfel: Pflanzen auf einem Acker bzw. Stechapfelfrucht
Atropin und Scopolamin sind die bedeutendsten Stoffe innerhalb der Gruppe der Tropanalkaloide. In der Vergangenheit wurden insbesondere bei einzelnen Chargen von bestimmten Getreiden und Getreideerzeugnissen erhöhte Gehalte der beiden Tropanalkaloide festgestellt. Betroffen waren dabei besonders Hirse, Buchweizen und Mais sowie daraus hergestellte Erzeugnisse wie beispielsweise Popcorn. Aber auch Kräutertee, Gewürze und Gewürzkräuter können Tropanalkaloide als Kontaminanten enthalten, wie Untersuchungen am LGL bestätigen.
Toxikologische Bedeutung
Atropin und Scopolamin sind akut sehr toxisch. Beide Verbindungen beeinflussen bereits bei geringer Aufnahmemenge die Herzfrequenz und das zentrale Nervensystem. Es können dann Symptome wie Benommenheit, Kopfschmerzen und Übelkeit auftreten. Für die toxikologisch relevanten Formen von Atropin und Scopolamin, (-)-Hyoscyamin und (-)-Scopolamin, hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) deshalb eine akute Summen-Referenzdosis von 0,016 µg/kg Körpergewicht festgelegt bis zu deren Höhe gesundheitliche Folgen mit ausreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. [1]
In Bezug auf Getreideerzeugnisse stellte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Jahr 2013 fest, dass Kleinkinder und Säuglinge am meisten gefährdet sind und gesundheitliche Beeinträchtigungen möglich sein können. [2] Auch die EFSA verzeichnete 2017 unter der Berücksichtigung der aktuellen Gehaltsdaten für verschiedene Lebensmittelgruppen die höchste Exposition gegenüber Tropanalkaloiden für Säuglinge, Kleinkinder und andere Kinder. [3]
Eine chronische Toxizität oder Gentoxizität wurde bei Atropin und Scopolamin bisher allerdings nicht beobachtet.
Rechtliches
Die Verordnung (EU) 2023/915 legt für Tropanalkaloide in bestimmten Lebensmitteln Höchstgehalte fest (Anhang I Nr. 2.2). Neben Getreidebeikost und anderer Beikost für Säuglinge und Kleinkinder, die Hirse, Buchweizen oder Mais enthalten, wurden mit Gültigkeit zum September 2022 auch Höchstgehalte für Atropin und Scopolamin in Hirse, Mais (auch Popcorn), Buchweizen und deren Mahlerzeugnisse sowie für Kräutertees festgelegt.
Für alle übrigen Lebensmittel gibt es keine allgemeingültigen EU-weiten Höchstmengenregelungen in Bezug auf den Gehalt an Tropanalkaloiden. Stellt das LGL erhöhte Gehalte in einer Probe fest, erfolgt die Beurteilung deshalb auf Basis einer toxikologischen Bewertung der Gehalte hinsichtlich der möglichen Beeinträchtigung der Gesundheit von Verbrauchern. Es kommen dann die allgemeinen lebensmittel- und kontaminantenrechtlichen Vorschriften (wie die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und die Verordnung (EG) Nr. 315/1993) zur Anwendung.
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Allgemeine Informationen zum Thema
Untersuchungsergebnisse zu Tropanalkaloiden in Lebensmitteln
2019
2016
Literatur
[1] EFSA Panel on Contaminants in the Food Chain (CONTAM): Scientific Opinion on Tropane alkaloids in food and feed; EFSA Journal 2013;11(10):3386
[2] Stellungnahme Nr. 035/2014 des BfR vom 13. November 2013: Hohe Tropanalkaloidgehalte in Getreideprodukten: Bei Menschen mit Herzproblemen sind gesundheitliche Beeinträchtigungen möglich.
[3] EFSA Scientific Report vom 18. Dezember 2017: Human exposure assessment to tropane alkaloids; EFSA Journal 2018; 16 (2): 5160