Untersuchungsergebnisse Ergotalkaloide ab 2016 (Stand 31.12.2023)

Ergotalkaloide sind Schimmelpilzgifte (Mykotoxine), die in Mutterkorn enthalten sind und in Getreide vorkommen können, wenn diese von Pilzen der Familie Claviceps befallen werden. Die Belastung von Getreide mit Mutterkorn bzw. Ergotalkaloiden ist stark von den Witterungsbedingungen abhängig und kann insbesondere von Jahr zu Jahr stark schwanken. Betroffen sind hier vor allem Roggenkörner und -mehl. Besonders in feuchten Jahren steigt der Befall und damit die mögliche Belastung an [1, 2].
Es ist zu beachten, dass alle nachfolgend aufgeführten Daten nach Probenahmedatum zusammengefasst wurden und nicht nach Erntejahren. Getreide eines Erntejahres ist in der Regel von Juli bis Juni im Verkehr, so dass z. B. 2022 angebautes Getreide von Juli 2022 bis Juni 2023 angeboten werden kann. Dadurch ergibt sich eine gewisse Unschärfe in den Daten, wenn man die klimatischen Bedingungen der einzelnen Jahre in den Kontext mit den gefundenen Gehalten an Ergotalkaloiden bringen möchte.

In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse für Roggenkörner und Roggenmehl nach Probenahmejahr aufgeteilt zusammengefasst:

Roggenkörner und Roggenmehle Anzahl Proben Median [µg/kg] Mittelwert [µg/kg] 90. Perzentil [µg/kg] 95. Perzentil [µg/kg]
2016 34 3 55 133 180
2017 23 2 52 67 165
2018 17 22 91 150 289
2019 44 19 229 673 961
2020 22 3 124 416 682
2021 36 17 120 473 626
2022 55 20 142 304 713
2023 22 21 100 331 543
2016 - 2023 253 12 126 382 741

In der Verordnung (EU) 2021/1399 vom 24.08.2021 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich der Höchstgehalte an Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden in bestimmten Lebensmitteln [3] wurden erstmals Höchstgehalte festgelegt, die seit dem 1. Januar 2022 galten. Seit dem 25.05.2023 ist die Verordnung (EU) 2023/915 in Kraft und ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006. Die Höchstgehalte für Ergotalkaloide finden sich jetzt unter Nr. 1.8.2 des Anhangs I der Verordnung (EU) 2023/915 [4]. Für Roggen, der für den Endverbraucher in Verkehr gebracht wird, und Roggenmahlerzeugnisse ist dort ein Höchstgehalt von 500 μg/kg (bis 30.06.2028, danach 250 μg/kg) angegeben.

Folgende Diagramme (Abbildungen 1 und 2) veranschaulichen die statistischen Daten (Median, Mittelwert, 90. und 95. Perzentil) und die theoretischen Beanstandungsquoten bei Roggenkörnern und Roggenmehl mit den neuen Höchstgehalten (HG) sortiert nach Jahren:

In Form eines Balkendiagramms sind für die am LGL untersuchten Proben von Roggenkörnern und Roggenmehl der Jahre 2016 bis 2023 jeweils Median, Mittelwert sowie 90. und 95. Perzentil berechnet und als farbige Balken dargestellt. Zusätzlich sind als waagrechte Linien die Höchstgehalte von 500 µg/kg und 250 µg/kg eingezeichnet, so dass erkennbar ist, welche statistischen Werte die Höchstgehalte überschreiten. Außerdem sind die statistischen Werte für die Gesamtheit der Proben der Jahre 2016 bis 2023 berechnet und als Balken dargestellt.  Jeweils das 90. und 95. Perzentil liegen über dem Höchstgehalt von 250 µg/kg in den Jahren 2019 bis 2023 und in der Gesamtbetrachtung aller Proben. Zusätzlich ist das 95. Perzentil des Jahres 2018 höher als 250 µg/kg. Den höheren Höchstgehalt von 500 µg/kg überschreiten die 95. Perzentile der Gesamtbetrachtung und der Jahre 2019 bis 2023 sowie das 90. Perzentil des Jahres 2019.

Abbildung 1: Ergotalkaloidgehalte aus den Jahren 2016 bis 2023 in Roggenkörnern und Roggenmehl, sortiert nach Probenahmedatum, im Vergleich zu den Höchstgehalten (HG) 500 µg/kg und 250 µg/kg

In Abbildung 2 wird in Form zweier Balken in einem Balkendiagramm dargestellt, wieviel Prozent der Proben von Roggenkörnern und Roggenmehlen aus den Jahren 2016 bis 2023 jeweils den Höchstgehalt von 500 µg/kg und den Höchstgehalt von 250 µg/kg überschritten hätten. Zusätzlich wird dieser Anteil mit zwei Balken für die Gesamtheit aller Proben aus den oben genannten Jahren dargestellt. Der Maximalwert beträgt ca. 30% Überschreitungen des Höchstgehaltes von 250 µg/kg im Jahr 2019. Auch bei den Überschreitungen des Höchstgehaltes von 500 µg/kg wird der Maximalwert im Jahr 2019 mit ca. 12% erreicht, wobei die Unterschiede beim Anteil an Überschreitungen für die Jahre 2019 bis 2023 nicht so deutlich sind wie die Unterschiede beim Anteil der Überschreitungen des niedrigeren Höchstgehaltes von 250 µg/kg.

Abbildung 2: Theoretische Beanstandungsquoten nach den neuen Höchstgehalten für Roggenkörner und Roggenmehle, sortiert nach Probenahmejahr von 2016 bis 2023.

In diesen Abbildungen sind die starken jährlichen Schwankungen gut zu erkennen. Vor allem im Jahr 2019 waren die Gehalte auffällig, dies deutet auf günstige Witterungsbedingungen für den Pilz Claviceps purpurea in diesem und dem vorangegangenen Jahr hin.

Andere Getreidearten werden auch routinemäßig auf Ergotalkaloide untersucht. Der Fokus liegt allerdings auf dem Getreide Roggen, das häufiger befallen ist. Das folgende Diagramm zeigt die Ergebnisse für die vier Getreidearten, die seit 01.01.2022 ebenfalls mit einem Höchstgehalt versehen sind. Aufgrund der deutlich geringeren Probenzahlen im Vergleich zu Roggenkörnern und Roggenmehlen sind die Proben ab 2016 bis jetzt zusammengefasst.

Die sich ergebenden statistischen Daten (Median, Mittelwert, 95. Perzentil und Maximum) werden in Abbildung 3 mit den geltenden Höchstgehalten von 150 bzw. 100 μg/kg (in Abhängigkeit vom Aschegehalt) sowie dem abgesenkten Höchstgehalt von 50 μg/kg verglichen. Für die Getreide Gerste, Dinkel und Hafer wurde der Höchstgehalt (für Aschegehalte < 900 mg/100 g Trockenmasse) bereits zum 01.07.2024 herabgesetzt. Für Weizen gilt eine längere Übergangsfrist, der Höchstgehalt wird erst am 01.07.2028 auf 50 µg/kg herabgesetzt (für Aschegehalte < 900 mg/100 g Trockenmasse). In Abbildung 3 sind zusätzlich noch die maximal ermittelten Gehalte der verschiedenen Getreidearten dargestellt. Zum Vergleich sind ebenfalls die entsprechenden Daten für Roggen auf der rechten Seite abgebildet. Da sich die Werte stark unterscheiden, ist die y-Achse logarithmisch skaliert. Die bisherigen Daten sprechen dafür, dass die Höchstgehalte bei den Getreidearten Weizen, Hafer, Dinkel und Gerste gut eingehalten werden können. Jeweils das 95. Perzentil (gelbe Balken), also 95 % der gemessenen Gehalte, liegen weit unter allen Höchstgehalten. An den Maximalwerten ist jedoch erkennbar, dass höhere Gehalte an Ergotalkaloiden vereinzelt auch in diesen Getreidearten bestimmt wurden. Bei Roggen liegen die Werte allgemein deutlich höher.

In Form eines Balkendiagramms sind für die am LGL untersuchten Proben der Getreidearten Weizen, Hafer, Dinkel, Gerste und Roggen jeweils Median, Mittelwert, 95. Perzentil und Maximum berechnet und als Balken dargestellt. Zusätzlich sind als waagrechte Linien die entsprechenden Höchstgehalte markiert, so dass erkennbar ist, wie hoch die statistisch ermittelten Gehalte im Vergleich zu  den verschiedenen Höchstgehalten  sind. Für die Getreide Gerste, Dinkel, Hafer und Weizen ist der Median jeweils 0 und liegen Mittelwert und 95. Perzentil unter allen Höchstgehalten. Lediglich das Maximum bei Weizen überschreitet den Höchstgehalt von 150 µg/kg und das Maximum bei Hafer den Höchstgehalt von 100 µg/kg. Bei Roggen liegen die Werte allgemein deutlich höher. Das 95. Perzentil sowie der Maximalgehalt überschreiten den Höchstgehalt von 500 µg/kg.

Abbildung 3: Logarithmische Darstellung der Ergotalkaloidgehalte aus den Jahren 2016 bis 2023 für die Getreidearten Weizen, Hafer, Dinkel, Gerste und Roggen im Vergleich zu den entsprechenden Höchstgehalten

Da die Belastung je nach vorherrschenden Wetterbedingungen in jedem Jahr sehr unterschiedlich sein kann, untersucht das LGL auch weiterhin jährlich Getreide auf Ergotalkaloide. Am LGL werden zudem auch Backwaren wie z.B. Roggen- oder Weizenmischbrote auf Ergotalkaloide untersucht.

Quellen

  1. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR); 2023: Bewertung gesundheitlicher Risiken durch Ergotalkaloide in ausgewählten Getreideprodukten, Stellungnahme Nr. 041/2023 vom 25. September 2023
  2. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Max Rubner‐Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel (MRI) et al.; 2023: Handlungsempfehlungen Minimierung von Mutterkorn und Ergotalkaloiden im Getreide
  3. Verordnung (EU) 2021/1399 der Kommission vom 24. August 2021 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 hinsichtlich der Höchstgehalte an Mutterkorn-Sklerotien und Ergotalkaloiden in bestimmten Lebensmitteln (ABl. L 301 vom 25. August 2021, S. 1-5).
  4. Verordnung (EU) 2023/915 der Kommission vom 25. April 2023 über Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (ABl. L 119 S. 105).