Isotopen-Herkunftsanalyse am Beispiel Spargel
Spargel, auch "Königliches Gemüse", "Frühlingsluft in Stangen" oder "essbares Elfenbein" genannt, übt schon seit Jahrhunderten eine große Faszination auf Feinschmecker weltweit aus. Er ist das am häufigsten angebaute Freilandgemüse und kaum ein anderes Gemüse erfreut sich in Deutschland so großer Beliebtheit.
Die kurze Spargelsaison in Deutschland beginnt meist Mitte April und endet traditionell am 24. Juni, dem Johannis-Tag. Vor und auch während der einheimischen Spargelsaison wird das Gemüse aus anderen Ländern wie zum Beispiel. Spanien, Griechenland, Polen oder Peru importiert. Frische gilt als entscheidendes Qualitätsmerkmal beim Spargel, durch lange Transportwege gehen Geschmacks- und Aromastoffe verloren. Dies erklärt unter anderem die hohe Beliebtheit des einheimischen, regional angebauten Spargels und die Bereitschaft der meisten Verbraucher, für Spargel aus heimischem Anbau deutlich mehr auszugeben. Die Möglichkeit, Produkte mit regionaler Herkunftsangabe zu höheren Preisen absetzen zu können, führt allerdings immer wieder dazu, dass preiswertere Erzeugnisse anderer Herkunft durch Etikettenschwindel zu regionalen Produkten gemacht werden.
Zu den bedeutendsten Anbauregionen in Deutschland zählen Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt. Die wichtigsten Spargelanbaugebiete in Bayern befinden sich in Schrobenhausen (Oberbayern), in Abensberg (Niederbayern), sowie im Knoblauchsland bei Nürnberg, in Schwabach und in Bamberg (alle Franken). Bayernweit wird auf einer Fläche von 2.600 Hektar Spargel als Sonderkultur angebaut; 2014 wurden 15.100 Tonnen geerntet [1]. Bayerischer Spargel ist als regionale Spezialität geschätzt und mit geschützten geografischen Angaben der EU gekennzeichnet.
EU-Herkunftsbezeichnungen
Seit 1992 können Herkunftsbezeichnungen bei Agrarprodukten und Lebensmitteln, die einen engen Bezug zur Herstellungsregion haben, EU-weit gemäß der "Verordnung (EU) 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel" gegen missbräuchliche Nutzung geschützt werden. Unterschieden werden bei der Vergabe der geschützten EU-Herkunftsbezeichnungen zwei Stufen: geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) und geschützte geographische Angabe (g.g.A.). Die geschützte Ursprungsbezeichnung besagt, dass die Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Produkts in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgen. Bayerische Produkte mit geschützter Ursprungsbezeichnung sind beispielsweise Allgäuer Emmentaler oder Allgäuer Bergkäse. Bei der geschützten geografischen Angabe muss eine der Herstellungsstufen (Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung) in einem bestimmten Herkunftsgebiet erfolgen. Spargel aus drei bayerischen Anbaugebieten sind Erzeugnisse mit einer geschützten geografischen Angabe: "Schrobenhausener Spargel" seit 2010, "Abensberger Spargel" seit 2012 und "Fränkischer Spargel" seit 2013.
Stabilisotopenanalyse
Mit der Stabilisotopenanalyse steht eine Methode zur Verfügung, durch die eine falsche Herkunftsangabe analytisch nachgewiesen werden kann. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) setzt diese Methode seit 2003 in der Routineanalytik von Spargel ein. Die Methode basiert auf der Untersuchung der chemischen Elemente Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Schwefel und Kohlenstoff. So kommt das Element Sauerstoff überall auf der Erde vor, allerdings als Gemisch von unterschiedlich schweren Sauerstoffatomen, den sogenannten Sauerstoff-Isotopen. Die Gemische unterscheiden sich je nach Region ein wenig voneinander. In Meeresnähe ist der Anteil an schweren Sauerstoff-Isotopen höher und der Anteil an leichten Sauerstoff-Isotopen niedriger. Mit zunehmender Entfernung vom Meer ändert sich dieses Verhältnis, das heißt der Anteil an schweren Sauerstoff-Isotopen nimmt ab und der Anteil an leichten Sauerstoff-Isotopen nimmt zu. So ist das Sauerstoff-Isotopenverhältnis (Verhältnis von schwerem Sauerstoff-Isotop zu leichtem Sauerstoff-Isotop) von spanischem Spargel deutlich höher als das von deutschem Spargel (Abbildung 2).
Abbildung 2: Sauerstoff-Isotopenverhältnisse von Spargelproben verschiedener Herkunftsländer
Neben dem Sauerstoff-Isotopenverhältnis werden auch die Isotopenverhältnisse der anderen Bioelemente durch die am Produktionsort eines Lebensmittels vorherrschenden Klima- und Umweltbedingungen beeinflusst. Damit verfügt jedes Erzeugnis, also auch Spargel, über eine natürliche Markierung, den "isotopen Fingerabdruck". Dieser Fingerabdruck wird in der Regel durch chemische Zusätze oder Verarbeitungsprozesse nicht verändert und erlaubt somit eine sichere und unverfälschbare Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln.
Die Grundlage der Herkunftsüberprüfung mittels Stabilisotopenanalyse ist der Vergleich von authentischen Referenzproben bekannter Herkunft mit der zu überprüfenden Probe. Das LGL bestimmt deshalb jedes Jahr Stabilisotopenverhältnisse von authentischen, direkt vom Feld entnommenen Spargelproben bekannter geografischer Herkunft. Die Ergebnisse werden in einer "Spargeldatenbank" zusammengefasst. Somit kann aus den analytisch bestimmten Isotopenverhältnissen der untersuchten Elemente auf das Herkunftsgebiet des Spargels geschlossen und die entsprechende Deklaration überprüft werden. Neben den authentischen Planproben werden Planproben, die durch einen festgelegten Probenplan aus dem Einzelhandel, von Wochenmärkten oder von Straßenständen entnommen werden, sowie Verdachts- und Beschwerdeproben untersucht. Wird bei einer Betriebskontrolle oder bei der Entnahme von Planproben ein Produkt festgestellt, welches den Anschein erweckt, dass es nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, kann dieses als Verdachtsprobe entnommen werden. Die Lebensmittelüberwachung kann Untersuchungen nur stichprobenartig durchführen. Stellen Verbraucher Mängel bei Produkten fest und geben diese bei den verantwortlichen Stellen ab, dann werden sie als Beschwerdeprobe untersucht.
Das LGL untersuchte seit 2003 über 500 Spargelproben mittels Stabilisotopenanalyse. Im Zeitraum von 2003 bis 2006 wurden bei Planproben aus dem Handel sowie bei Verdachts- und Beschwerdeproben falsche Deklarationen der geografischen Herkunft festgestellt (Abbildung 3).
Abbildung 3: Übersicht der untersuchten Spargelproben und der beanstandeten Proben (Zahl über dem Balken) im Zeitraum von 2003 bis 2014.
2007 war das erste Jahr, indem es keine Beanstandungen hinsichtlich der Angabe der geografischen Herkunft gab. Erfreulich für Verbraucher ist es, dass auch in den Folgejahren keine Spargelprobe wegen falscher Herkunftsangaben zu beanstanden war.
Der Rückgang der Beanstandungen im Hinblick auf falsche Herkunftsangaben kann als Bestätigung der Wirksamkeit der durchgeführten Kontrollen gesehen werden. Daneben hat sicher auch ein größeres Angebot an Spargel bereits zum Beginn der Saison dazu geführt, dass der Anreiz zur Verwendung unzulässiger Herkunftsangeben nicht mehr da ist. Denn durch Verfrühungsmethoden, wie Folienabdeckung und Warmwasserleitungen in den Erddämmen, steht bereits zum Saisonbeginn einheimischer Spargel in ausreichender Menge zur Verfügung.
Die Ergebnisse der untersuchten Spargelproben zeigen, dass sich der Verbraucher auf die deklarierte Herkunftsangabe verlassen kann. Auch in der diesjährigen Spargelsaison wird das LGL die Richtigkeit der deklarierten geografischen Herkunft bei Spargel überprüfen.
Literatur
[1] Statististisches Bundesamt: Pressemitteilung Nr. 259 vom 23.07.2014