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- Wc 06 Fleisch
Überprüfung der geografischen Herkunft bei verarbeitetem Rindfleisch
Hintergrund und Methodik
Die in der Europäischen Union vorgeschriebene einheitliche Rindfleischetikettierung sieht vor, dass bei verpacktem Fleisch auf dem Etikett angegeben wird, in welchem Land bzw. Ländern die Tiere geboren, aufgezogen und geschlachtet wurden (EU-Verordnung 1760/2000). Diese Herkunftskennzeichnung muss nur dann angegeben werden, wenn es sich um unverarbeitetes Rindfleisch und Rinderhackfleisch handelt.
Seit 2012 untersucht das LGL unverarbeitetes Rindfleisch mittels Stabilisotopenanalyse (Abbildung 1). Dazu wird aus dem homogenisiertem Rindfleisch nach Gefriertrocknung und anschließender Fettextraktion die fettfreie Trockenmasse und das Fett isoliert. Des Weiteren wird mittels Gefriertrocknung der Wasseranteil aus dem homogenisierten Rindfleisch gewonnen. In den isolierten Matrices (fettfreie Trockenmasse, Fett und Wasseranteil) werden die Isotopenverhältnisse der Elemente (H, O, C, N, S) nach Verbrennung in einem Elementaranalysator massenspektrometrisch bestimmt und anschließend statistisch ausgewertet.
Abbildung 1: Schematische Darstellung der Aufarbeitung, Messung und Auswertung von Rindfleischproben.
Die Isotopenverhältnisse von Wasserstoff und Sauerstoff stehen in engem Zusammenhang zu den vorherrschenden klimatischen Bedingungen und können charakteristisch für eine bestimmte geografische Herkunft sein. Die Stickstoff-, Kohlenstoff- und Schwefel- Isotopenverhältnisse werden dagegen überwiegend durch die aufgenommene Nahrung beeinflusst. Die Grundlage der Herkunftsüberprüfung mittels Stabilisotopenanalyse ist der Vergleich von Referenzproben bekannter Herkunft mit der zu überprüfenden Probe. Eine sichere Bestimmung der geografischen Herkunft ist möglich, wenn sich die Isotopenverhältnisse der geografischen Herkünfte deutlich voneinander unterscheiden und wenn eine ausreichende Anzahl von Vergleichsdaten vorliegen.
Mit der Diskriminanzanalyse kann gezeigt werden, wie stark die einzelnen Isotopenverhältnisse untereinander zusammenhängen. Dafür werden auf der Grundlage von erhobenen Werten (hier die bestimmten Isotopenverhältnisse) die sogenannten Diskriminanzfunktionen bestimmt, mit der die Gruppen entsprechend der Merkmale getrennt werden. In der Abbildung 2 ist das Ergebnis der Diskriminanzanalyse als Streudiagramm mit den Diskriminanzfunktionen 1 und 2 dargestellt. Die Rindfleischproben mit der gleichen Herkunft sind jeweils in einer Gruppe zusammengefasst, die mit einer der Herkunft entsprechenden farbigen Ellipse umrandet sind. Die Proben der untersuchten Herkunft bilden jeweils eine Gruppe, die von den anderen Gruppen deutlich voneinander getrennt sind. Die Schwefel- und Sauerstoff-Isotopenverhältnisse korrelieren mit der Funktion 1, was die Trennung der Proben Rindfleisch aus Deutschland und den USA von denen aus Brasilien, Uruguay, Argentinien und Südamerika erklärt. Bei der Funktion 2 korrelieren die Kohlenstoff- und Schwefel-Isotopenverhältnisse. Diese erklären zusammen die Trennung der Proben Rindfleisch aus den USA von denen aus Deutschland, Irland, Brasilien, Uruguay, Argentinien und Südamerika. Die Kombination der Isotopenverhältnisse von Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlenstoff und Schwefel erlaubt es, Rindfleisch aus Deutschland von Rindfleisch aus den USA, Südamerika, Argentinien, Brasilien und Uruguay zu unterscheiden.
Abbildung 2: Diskriminanzanalyse von unverarbeiteten Proben Rindfleisch unterschiedlicher geografischer Herkunft (Daten aus den Jahren 2012 - 2020).
(N: Anzahl der Proben)
Zubereitetes, z.B. mariniertes Rindfleisch, fällt nicht unter die Kennzeichnungspflicht, da es sich aufgrund des Marinierens um ein verarbeitetes Produkt handelt. Dem steigenden Interesse der Verbraucher an der geografischen Herkunft der Lebensmittel, kommen Lebensmittelproduzenten nach, indem sie freiwillig Angaben zur Herkunft des Fleisches in verarbeiteten Produkten machen. Verbraucher haben somit die Möglichkeit, sich auch bei mariniertem Rindfleisch über die geografische Herkunft zu informieren und das Erzeugnis mit ihrer bevorzugten geografischen Herkunft zu kaufen.
Abbildung 3: Fotos von einem marinierten Rindersteak (links) und einem tiefgefrorenen Burger (rechts). © LGL
Ergebnisse
Im Jahr 2021 untersuchte das LGL 28 Proben verarbeitetes Rindfleisch aus dem Einzelhandel. Bei 20 Proben handelte es sich um Burger-Pattys und bei acht Proben um marinierte Fleischstücke. Die geografische Herkunft des Rindfleisches war bei 15 Proben mit Deutschland, bei vier mit Irland, bei zwei mit Argentinien, bei zwei mit Südamerika und bei zwei mit USA angegeben. Bei drei Proben fehlte die Angabe der Herkunft.
Die statistische Auswertung erfolgte zunächst nur mit den Daten der verarbeiteten Rindfleischproben (Abbildung 4). Die Sauerstoff- und Wasserstoff-Isotopenverhältnisse korrelieren mit der Funktion 1, was die Trennung der Proben Rindfleisch aus Deutschland und den USA von denen aus Irland, Argentinien und Südamerika erklärt. Bei der Funktion 2 korrelieren die Kohlenstoff- und Schwefel-Isotopenverhältnisse. Diese erklären zusammen die Trennung der Proben Rindfleisch aus den USA von denen aus Deutschland sowie Irland von denen aus Argentinien und Südamerika.
Abbildung 4: Diskriminanzanalyse von verarbeiteten Proben Rindfleisch (Untersuchungen aus dem Jahr 2022) unterschiedlicher geografischer Herkunft (N: Anzahl der Proben).
Im nächsten Schritt wurden die Daten der verarbeiteten Rindfleischproben zusammen mit denen der unverarbeiteten Rindfleischproben betrachtet, um einschätzen zu können, ob die Daten zusammen in einer Datenbank erfasst und ausgewertet werden können (Abbildung 5). Die verarbeiteten Rindfleischproben mit der angegebenen Herkunft Deutschland, Irland und den USA lassen sich jeweils zusammen mit den unverarbeiteten Rindfleischproben dieser Herkunftsländer gruppieren. Proben mit der angegebenen Herkunft Argentinien, Brasilien und Uruguay werden mit den Proben aus Südamerika zusammengefasst. Die beiden Proben verarbeitetes Rindfleisch mit der angegebenen Herkunft Argentinien liegen im Bereich der Gruppe Südamerika.
Die Art der Verarbeitung (Zerkleinern, Würzen, Marinieren) scheint keinen Einfluss auf die untersuchten Isotopenverhältnisse zu haben. Daher ist es möglich, verarbeitete und unverarbeitete Rindfleischproben zusammen in einer Datenbank zu erfassen und im Hinblick auf die Prüfung der geografischen Herkunft auszuwerten.
Abbildung 5: Diskriminanzanalyse von unverarbeiteten Proben Rindfleisch (2012 - 2020) und verarbeiteten Proben Rindfleisch (2022) unterschiedlicher geografischer Herkunft.
Fazit
Die Daten zeigen, dass die Stabilisotopenanalyse einen Beitrag zur Überprüfung der geografischen Herkunft bei verarbeitetem Rindfleisch leisten kann. Derzeit kann eine Probe mit auffälligen Analyseergebnissen im Hinblick auf die geografische Herkunftskennzeichnung nur als Verdachtsfall für weitere Ermittlungen an die Vollzugsbehörden abgegeben werden. Bei einer ausreichend großen Datenbasis wäre demnächst eine Beanstandung auch aufgrund der Analyseergebnisse alleine denkbar.
Die Untersuchungen sollen in den kommenden Jahren weitergeführt werden, um die Datenlage zu erweitern und um jährliche klimatische Unterschiede und mögliche Veränderungen bei den Produktionsmethoden erkennen zu können.