Elementbestimmungen bei Chiasamen
Abstract
Chiasamen wurden im Rahmen des bundesweiten Monitorings auf bestimmte Schwermetalle und andere Elemente untersucht. Dabei überschritten die Kupfergehalte aller Proben den aktuell geltenden Höchstgehalt der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 (Pestizid-Verordnung). Die ermittelten Daten lassen vermuten, dass die nachgewiesenen Kupfer-gehalte geogen bedingt und somit natürlichen Ursprungs sind. Die Rückstandshöchstgehalte der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 finden jedoch unabhängig von ihrer potentiellen Eintragsquelle Anwendung. Obwohl die EFSA bereits 2018 eine Neubewertung der derzeitigen Höchstgehalte für Kupfer auf Basis von Hintergrundwerten durchführte und einen temporären höheren Höchstgehalt für Chiasamen ableitete, erfolgte bisher keine gesetzliche Änderung. Ferner zeigten die Untersuchungsergebnisse, dass dieser abgeleitete Wert die natürlichen Kupfergehalte unzureichend abdeckt.
Hintergrund
Bei Chiasamen handelt es sich um Samen der Chia-Pflanze (Salvia hispanica L.). Sie haben in der jüngsten Vergangenheit beim Verbraucher als sogenanntes „Superfood“ zunehmend an Beliebtheit gewonnen und sich insbesondere in der vegetarischen und veganen Ernährung etabliert. Die Samen werden ganz (siehe Abbildung 1) oder in gemahlener Form als Zutat für frisch zubereitete Lebensmittel verwendet, mittlerweile aber auch vermehrt in industriell hergestellten Produkten eingesetzt, wie beispielsweise in Brot, Backwaren, Frühstückscerealien, Süßwaren, Milchprodukten oder Puddings. Somit sind Chiasamen kein reines Nischenprodukt mehr, sondern stellen einen wachsenden Anteil in der menschlichen Ernährung dar.
Abbildung 1: Ganze Chiasamen
Im Rahmen eines Monitoring-Projektes im Jahr 2022 wurden Chiasamen bundesweit erstmalig auf bestimmte Schwermetalle sowie andere Elemente untersucht. Damit sollen vorhandene Datenlücken geschlossen werden. Das Untersuchungsspektrum umfasste die Elemente Aluminium, Arsen, Blei, Cadmium, Chrom, Cobalt, Kupfer, Mangan, Nickel, Selen, Thallium und Zink.
Untersuchungen am LGL
Insgesamt untersuchte das LGL im Rahmen des oben genannten Monitoring-Projektes 22 Proben Chiasamen, welche überwiegend aus dem Einzelhandel (Supermärkte, Discounter und Drogerien) entnommen wurden. Davon waren 16 Proben (73 %) als Erzeugnisse gemäß EU-Öko-Verordnung ausgewiesen und folglich als Bioprodukte gekennzeichnet. Als Herkunft waren Paraguay (6x), Uganda (3x), Amerika (2x), Bolivien (1x) und Peru (1x) aufgeführt. Bei neun Proben war kein Herkunftsland angegeben.
Die Untersuchungsergebnisse sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Im Fall der toxischen Schwermetalle Arsen, Blei, Cadmium und Thallium lagen die Gehalte erfreulicherweise unter bzw. nur knapp oberhalb der jeweiligen Bestimmungsgrenze.
Die essentiellen Spurenelemente Mangan und Zink wiesen arithmetische Mittelwerte von 67,8 mg/kg und 51,6 mg/kg auf. Bei Aluminium lag dieser bei 27,2 mg/kg. Cobalt und Nickel zeigten Mittelwerte von 0,28 mg/kg bzw. 1,7 mg/kg. Selen wurde in 20 von 22 Proben Chiasamen im Mittel mit 0,09 mg/kg bestimmt, wohingegen Chrom nur in knapp mehr als der Hälfte der Proben (55 %) mit einem arithmetischen Mittelwert von 0,074 mg/kg quantifizierbar war.
Element | BG[mg/kg] | n > BG | Mittelwert[mg/kg] | Median[mg/kg] | Maximum[mg/kg] |
---|---|---|---|---|---|
Aluminium | 0,25 | 22 | 27,2 | 10,1 | 89,3 |
Arsen | 0,020 | 2 | 0,043 | 0,043 | 0,063 |
Blei | 0,010 | 11 | 0,022 | 0,022 | 0,044 |
Cadmium | 0,003 | 12 | 0,008 | 0,003 | 0,031 |
Chrom | 0,020 | 12 | 0,074 | 0,063 | 0,22 |
Cobalt | 0,002 | 22 | 0,28 | 0,25 | 0,52 |
Kupfer | 0,1 | 22 | 17,6 | 17,8 | 20,1 |
Mangan | 0,1 | 22 | 67,8 | 65,2 | 108,8 |
Nickel | 0,05 | 22 | 1,7 | 1,7 | 2,9 |
Selen | 0,02 | 20 | 0,09 | 0,10 | 0,20 |
Thallium | 0,001 | 7 | 0,002 | 0,002 | 0,003 |
Zink | 0,25 | 22 | 51,6 | 51,0 | 84,6 |
Der Kupfergehalt überschritt bei allen 22 Chiasamenproben den in Anhang III Teil A der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 für „Buchweizen und anderes Pseudogetreide“ festgelegten Höchstgehalt von 10 mg/kg (siehe Abbildung 2). Dieser Höchstgehalt gilt auch für Chiasamen (Code Nr. 0500020 im Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 396/2005). Lediglich bei einer Probe konnte die Überschreitung unter Berücksichtigung der erweiterten Messunsicherheit nicht mit ausreichender statistischer Sicherheit belegt werden. Folglich ergab sich eine Beanstandungsquote von 95 % (21 von 22 Proben).
Hinsichtlich der Kupfergehalte ist zu beachten, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Jahr 2018 eine Bewertung der derzeit bestehenden Rückstandshöchstgehalte für Kupfer durchführte, wie es Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 vorsieht. Auf Basis von Hintergrundwerten leitete die EFSA einen Rückstandshöchstgehalt von 15 mg/kg für Kupfer in Pseudogetreide (darunter Chiasamen) ab. Sie wies gleichzeitig darauf hin, dass dieser Wert als temporär zu betrachten sei und einer weiteren Bewertung aus Sicht des Risikomanagements bedarf. Hierfür sollen auch die im Rahmen des Monitorings generierten Daten einbezogen werden. Eine gesetzliche Regelung, welche eine Änderung des Rückstandshöchstgehaltes für Kupfer in Chiasamen aufgreift, existiert bislang jedoch nicht [1].
Im Fall der vorliegenden Proben lägen die ermittelten Kupfergehalte bei 20 von 22 Proben (91 %) auch über dem 2018 von der EFSA abgeleiteten Wert von 15 mg/kg, wovon nur bei einer Probe eine Überschreitung unter Berücksichtigung der erweiterten Messunsicherheit mit ausreichender statistischer Sicherheit belegt werden könnte (siehe Abbildung 2).
Die quantifizierten Kupfergehalte der untersuchten Proben weisen keine große Streuung auf und liegen in einem Bereich von 10,9 bis 20,1 mg/kg (siehe Abbildung 2). Diese Daten stimmen mit Literaturangaben überein, dort sind allerdings Werte zwischen 1,9 und 30,1 mg/kg publiziert [2-4]. Somit liegt nahe, dass die nachgewiesenen Gehalte an Kupfer in Chiasamen (Median 17,8 mg/kg) vermutlich geogen bedingt und daher natürlichen Ursprungs sind.
Fett- bzw. ölhaltige Pflanzen können aufgrund ihrer Physiologie im Boden enthaltenes Kupfer verstärkt aufnehmen und in hohem Maße anreichern. Für Ölsaaten wie beispielsweise Leinsamen oder Sesamsamen gelten gemäß Anhang III Teil A der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 Höchstgehalte von 30 mg/kg. Obwohl Chiasamen ebenfalls einen hohen Fettgehalt aufweisen, sind sie der Kategorie „Buchweizen und anderes Pseudogetreide“ gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr.396/2005 mit einem aktuell festgelegten Höchstgehalt von 10 mg/kg zugeordnet.
Bei der Bewertung von Kupfer in Chiasamen kommt die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 zur Anwendung, da die dort geregelten Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutz-mittelwirkstoffe (inklusive Kupfer) unabhängig von ihren potentiellen Eintragsquellen gelten. Im Moment bedeutet dies, dass die vermutlich natürlichen Kupfergehalte in Chiasamen bereits zu einer Überschreitung des Höchstgehalts führen und die entsprechenden Chiasamen gemäß § 9 Absatz 1 Nummer 3 LFGB i.V.m. Verordnung (EG) Nr. 396/2005 als nicht verkehrsfähig einzustufen sind.
Für die menschliche Ernährung sind die Kupfergehalte in Chiasamen im Rahmen der üblichen Verzehrmengen als unbedenklich anzusehen.
Die Prüfung einer Anpassung des Rückstandshöchstgehaltes ist seitens der EU-Kommission beabsichtigt.
Literaturverzeichnis
- EFSA (European Food Safety Authority), 2018. Reasoned Opinion on the review of the existing maximum residue levels for copper compounds according to Article 12 of Regulation (EC) No 396/2005. EFSA Journal 2018;16(3):5212, 135 pp. (https://efsa.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.2903/j.efsa.2018.5212)
- USDA National Nutrient Database for Standard Reference, Release 28 (2015), NDB No. 12006; (PDF, 1,3 MB) (https://www.ars.usda.gov/ARSUserFiles/80400535/Data/SR/SR28/reports/sr28fg12.pdf)
- Jin , F.; Nieman , D.C.; Sha , W.; Xie , G.; Qiu , Y.; Jia , W. Supplementation of milled chia seeds increases plasma ALA and EPA in postmenopausal women . Plant Foods for Human Nutrition 2012; 67, 105 110
- Ding, Y.; Lin, W.; Lin, Y. L.; Yang, D. J.; Yu, Y. S.; Chen, J. W.; Wang, S. Y.; Chen, Y. C. Nutritional composition in the chia seed and its processing properties on restructured ham like products. Journal of Food and Drug Analysis 2018; 26(1), 124 134