Urban Beekeeping – Untersuchung von Stadthonigen
Untersuchungsergebnisse 2017/2018

Anlass und Hintergründe der Untersuchungen

„Urban Beekeeping“, die städtische Bienenhaltung, liegt im Trend. In vielen Städten auf den Dächern bekannter Gebäude sind Bienenstöcke zu finden. Nach der Platzierung der ersten Völker im Jahr 2011 in Berlin kamen weitere Initiativen beispielsweise in den Städten München, Hamburg und Hannover dazu. Das gemeinsame Motto lautet „Deutschland summt“. Durch spektakuläre Standorte wollen die Initiatoren die Aufmerksamkeit auf die Natur in den Städten lenken und unsere Abhängigkeit von funktionierenden Ökosystemen aufzeigen. Daneben gibt es weitere Imker in Städten, die auf Balkonen, in Parkanlagen oder Gärten Bienenvölker pflegen. Der Verkauf der Honige erfolgt auf regionalen Märkten, im Einzelhandel oder über das Internet.


An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich auch für den Hobbyimker rechtliche Pflichten ergeben. So muss gemäß Bienenseuchenverordnung jegliche Haltung von Honigbienen dem zuständigen Veterinäramt angezeigt werden. Mit dem Beginn einer Bienenhaltung ist häufig auch ein Standortwechsel für die Bienen verbunden, für den eine amtstierärztliche Bescheinigung vorgelegt werden muss. Bienenvölker, die mit Varroamilben befallen sind, müssen gemäß den Vorschriften der Bienenseuchenverordnung eine jährliche Behandlung vorweisen können. Auch bezüglich möglicher Tierseuchen ist für Bienenhalter eine Zusammenarbeit mit Behörden unumgänglich.

Ziel der Untersuchungen

Im Rahmen von Schwerpunktuntersuchungen sollte ein Überblick über die Qualität von Honigen aus bayerischen Städten erhalten werden. Die Stadthonige wurden durch Messung der elektrischen Leitfähigkeit sowie durch eine mikroskopische Pollenanalyse charakterisiert. Darüber hinaus war Ziel der Schwerpunktuntersuchungen, Bleigehalte und Pestizidbelastung einiger Stadthonige stichpunktartig zu analysieren. Die Einhaltung der Anforderungen an die Beschaffenheit nach der Honigverordnung sowie die Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften nach der Lebensmittelinformations-verordnung wurden ebenfalls überprüft. Die Angabe einer Stadt in der Bezeichnung der Honige ist möglich, wenn der Honig ausschließlich die angegebene Herkunft aufweist, d.h. die Bienenstöcke in der Stadt aufgestellt sind.

Planung und Durchführung der Untersuchungen

Das LGL hat 66 Proben untersucht, von denen 20 Proben in ihrer Bezeichnung den Namen einer Stadt trugen (z.B. Würzburger Stadthonig). Bei den weiteren 46 Proben waren die Imkereien in den Städten, der Standort der Bienenstöcke war jedoch nicht angegeben. Bei den Auswertungen wurden beide Konstellationen berücksichtigt und mit den Bezeichnungen „Stadthonige“ bzw. „(Stadt)honige“ unterschieden. Die Proben wurden direkt beim Imker oder im Einzelhandel entnommen.

Untersuchungsergebnisse

1. Untersuchungsparameter für eine mögliche Charakterisierung von Stadthonigen

Elektrische Leitfähigkeit

Die elektrische Leitfähigkeit beschreibt die Eigenschaft eines Stoffes, elektrischen Strom zu leiten. Die Messeinheit ist Millisiemens/cm (mS/cm). Die im Honig enthaltenen Säuren dissoziieren und Honig enthält unterschiedliche Mengen an Mineralstoffen, die in Lösung als Ionen vorliegen. Durch diese Teilchen kann Strom geleitet werden. Reine Blütenhonige haben eine elektrische Leitfähigkeit von ≤ 0,5 mS/cm. Honige mit höherer Leitfähigkeit bestehen aus Mischungen von Blütennektar und Honigtau.
Die Untersuchungsergebnisse sind in folgender Abbildung zu sehen:

 

Diese Abbildung zeigt die Ergebnisse der Untersuchungen zur elektrischen Leitfähigkeit, dargestellt als Säulendiagramm

Abbildung 1: Ergebnisse der elektrischen Leitfähigkeit aller Proben (gesamt),
der mit Städtenamen bezeichneten Honige (Stadthonige) und der Honige
aus städtischen Imkereien ((Stadt)honige)

Mehr als die Hälfte der Proben wiesen eine elektrische Leitfähigkeit von > 0,5 mS/cm auf (braune Balken in Abbildung 1). Das Ergebnis sagt aus, dass es sich bei diesen Honigen nicht um reine Blütenhonige handelte, sondern dass Honigtauanteile enthalten waren. Als Honigtau werden die zuckerhaltigen Ausscheidungsprodukte pflanzensaugender Insekten bezeichnet. Wichtige Wirtspflanzen sind Nadelhölzer, aber auch Laubbäume, Von großer Bedeutung sind hier besonders Ahornbäume und Linden, die häufig in Städten zur Begrünung anzutreffen sind und den Bienen wichtige Nahrungsquellen bieten. Die Anzahl an reinen Blütenhonigen lässt sich an den orangen Balken in Abbildung 1 erkennen. Die Obstbäume, die in vielen Gärten blühen, aber auch die Blüten der Robinien (Scheinakazie) an den Straßenrändern sind für Bienen besonders attraktiv und liefern u.a. den Nektar für Blütenhonige aus der Stadt.

Mikroskopische Pollenanalyse

Bei der Pollenanalyse von Honig werden im Sediment die verschiedenen Pollentypen identifiziert. Durch Auszählung der vorherrschenden Pollen können die Haupttrachtquellen festgestellt werden. Die Pollenanalysen der untersuchten Stadthonige ergaben, dass der Nektar der Honige insbesondere von Robinien und Obstbäumen stammte. Daneben waren Pollen von Rosskastanien, Linden und Ahorn zu finden, Baumarten, die Nektar und auch Honigtau liefern. Aber auch Raps, der für Bienen ein wichtiger Lieferant sowohl von Nektar als auch Pollen ist, findet sich in Stadthonigen, je nach Standort der Bienenstöcke.


Eine Besonderheit war bei einem Stadthonig aus Aschaffenburg festzustellen. Hier haben die Bienen Nektar und Honigtau von Edelkastanien eingetragen (s. Abbildung 2). Die Edelkastanie gedeiht besonders gut im Mittelmeerraum, da sie die Wärme liebt und Fröste schlecht verträgt. Aschaffenburg bietet demnach auch passende Bedingungen für diese Baumart.

Diese Abbildung zeigt eine Mikroskopaufnahme von Pollen

Abbildung 2: Pollenbild eines Stadthonigs aus Aschaffenburg mit den kleinen, ovalen Pollen der Edelkastanie

2. Untersuchungsparameter für die Beschaffenheit nach der Honigverordnung

Wassergehalt und Gehalt an Hydroxymethylfurfural

Der Hydroxymethylfurfural-Gehalt (HMF-Gehalt) in Honig darf nach den Vorgaben der Honigverordnung 40 mg pro kg Honig nicht überschreiten. HMF ist ein Zuckerabbauprodukt, das insbesondere bei Überhitzung und unsachgemäßer Lagerung entsteht. Sämtliche Ergebnisse der untersuchten Honige waren unauffällig.


Honig muss nach den gesetzlichen Bestimmungen einen Wassergehalt von weniger als 20 Prozent aufweisen. Wasserarme Honige sind reifer, weniger gärungsgefährdet und besitzen ein volleres Aroma. Keines der Untersuchungsergebnisse war diesbezüglich auffällig.

3. Untersuchung auf Rückstände und Kontaminanten

Blei

In der Kontaminanten-Höchstgehalte-Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 ist ein Grenzwert für Blei in Honig von 0,1 mg/kg festgelegt. 41 der vorgelegten Honige wurden auf ihre Bleigehalte untersucht. Keines der Untersuchungsergebnisse lag über dem gesetzlich festgelegte Höchstgehalt von 0,1 mg/kg. Die Bleigehalte lagen überwiegend unter der analytischen Bestimmungsgrenze von 0,01 mg/kg (grüne Balken in Abbildung 3), einige Werte waren etwas darüber (blaue Balken in Abbildung 3). Die Ergebnisse von den Honigen, die einen Städtenamen in ihrer Bezeichnung trugen (Stadthonige) unterschieden sich nicht von Honigen aus städtischen Imkereien, bei denen die Standorte der Bienenstöcke nicht angegeben waren ((Stadt)honige).

Diese Abbildung zeigt die Ergebnisse der Bleiuntersuchungen der Stadthonige

Abbildung 3: Ergebnisse der Bleiuntersuchungen aller Proben (gesamt), der mit Städtenamen bezeichneten Honige (Stadthonige) und der Honige aus städtischen Imkereien ((Stadt)honige)

Pflanzenschutzmittelrückstände

Bei acht Stadthonigen wurde stichpunktartig überprüft, ob die gesetzlichen Höchstgehalte für Pestizide eingehalten wurden. Das Untersuchungsspektrum umfasste mehr als 500 Rückstände, darunter unter anderem Glyphosat, das beispielsweise auch für den Einsatz in privaten Gärten als Unkrautvernichtungsmittel erworben werden kann. Über den Nektar und Pollen könnten Glyphosat oder andere Pflanzenschutzmittel auch in den Honig eingetragen werden. Lediglich bei zwei Honigen lag jeweils ein Rückstand über der Bestimmungsgrenze von 0,01 mg/kg. Bei dem Rückstand handelte es sich in beiden Fällen um Thiacloprid, ein Insektizid aus der Klasse der Neonicotinoide. Die festgestellten Gehalte blieben deutlich unter dem Grenzwert von 0,2 mg/kg. Damit enthielt keine der untersuchten Proben Pestizidrückstände über dem gesetzlich festgelegten Höchstgehalte.

Kennzeichnung

Die Kennzeichnung von Honigen richtet sich nach den Bestimmungen der Honigverordnung und der Lebensmittelinformationsverordnung. 10 der 66 untersuchten Honigproben wiesen meist mehrere Kennzeichnungsmängel auf. Zwei Honige waren als „Blütenhonige“ bezeichnet, ohne den Anforderungen an die Beschaffenheit in Anlage 2 Abschnitt II Nr. 1 der Honigverordnung zu entsprechen. Bei sechs Honigen fehlte die Angabe des Ursprungslandes, wie es in der Honigverordnung gefordert wird. Bei sieben Honigen wurden Kennzeichnungsmängel nach der Lebensmittelinformationsverordnung festgestellt. Beispielsweise waren die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums nicht gesetzeskonform oder die Schriftgröße war nicht ausreichend.
Nach den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen dürfen Informationen über ein Lebensmittel diesem keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen lassen.
Unerlaubter Weise waren die Angaben „schleimlösend“ und „unterstützend bei Fieber“ auf einem Honigetikett angebracht und sind daher beanstandet worden. Gesundheitsbezogene Angaben können auf Lebensmitteln nur verwendet werden, wenn sie von der EU zugelassen und in eine Gemeinschaftsliste aufgenommen sind. Der Zulassung geht eine Prüfung der beantragten Aussage auf Nachweisbarkeit durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Savety Authority, EFSA) voraus. Die Angabe „beruhigend, entspannend“ auf einem Honigetikett wurde als Hinweis auf einen allgemeinen, nicht spezifischen Vorteil beurteilt. Solchen Aussagen müssen zugelassene gesundheitsbezogene Angaben beigefügt werden. Da es für Honig bisher keine Zulassungen gibt, war die Kennzeichnung der Probe zu beanstanden.

Zusammenfassung

Im Rahmen der durchgeführten Schwerpunktuntersuchung hat das LGL 66 Stadthonige untersucht. Der Standort der Bienenstöcke in einer bayerischen Stadt konnte bei 20 der Proben abgesichert werden. Bei den anderen Honigen befanden sich die Imkereien in den Städten, die Standorte der Bienenstöcke war nicht bekannt. Bei den untersuchten Stadthonigen handelte es sich häufig um Mischungen aus Blüten- und Honigtauhonigen, was durch die Messung der elektrischen Leitfähigkeit und Pollenanalyse festgestellt wurde. Typische Bäume, die sowohl Blütennektar als auch Honigtau liefern, sind beispielsweise die Linde und der Ahorn. Die stichpunktartigen Untersuchungen auf Pestizid- oder Bleirückstände ergaben keine Befunde, die zu einer Beanstandung führten. Sämtliche Honige waren von einwandfreier Beschaffenheit.


Wegen Kennzeichnungsmängeln hat das LGL 10 Proben beanstandet. Gründe hierfür waren hautsächlich nicht korrekte Angaben in Bezug auf die Information über die Lebensmittel (Lebensmittelinformationsverordnung). Darüber hinaus befanden sich auf den Etiketten irreführende und gesundheitsbezogene Angaben, die nicht zugelassen waren.